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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

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ihn ihrem Kinde wünschen mußten: offenen
Herzens, klaren Geistes und von den reinsten
Sitten. Aber die Zerstörung der Hoffnung,
Jenny mit Joseph verbunden und das Beste-
hen seiner Handlung auf diese Weise gesichert
zu sehen, schmerzte den alten Herrn, dem frei-
lich das Glück der einzigen Tochter höher
stand, als die Erfüllung seiner Lieblings-
wünsche.

In diesem Sinne war seine Antwort aner-
kennend und ehrenvoll für Reinhard, den er
bat, ihm bis zum nächsten Tage Zeit zu gön-
nen, ehe er sein bindendes Wort zu dieser
Heirath ausspräche; er müsse erst mit sich, mit
Jenny und den Seinen einig werden, da ihm
persönlich der Antrag ganz unerwartet gekom-
men sei. Mehr konnte Reinhard eigentlich
nicht verlangen. Er hätte es voraussehen kön-
nen, und doch war er unzufrieden mit sich,
mit Allem. Er wünschte Jenny noch einmal


ihn ihrem Kinde wünſchen mußten: offenen
Herzens, klaren Geiſtes und von den reinſten
Sitten. Aber die Zerſtörung der Hoffnung,
Jenny mit Joſeph verbunden und das Beſte-
hen ſeiner Handlung auf dieſe Weiſe geſichert
zu ſehen, ſchmerzte den alten Herrn, dem frei-
lich das Glück der einzigen Tochter höher
ſtand, als die Erfüllung ſeiner Lieblings-
wünſche.

In dieſem Sinne war ſeine Antwort aner-
kennend und ehrenvoll für Reinhard, den er
bat, ihm bis zum nächſten Tage Zeit zu gön-
nen, ehe er ſein bindendes Wort zu dieſer
Heirath ausſpräche; er müſſe erſt mit ſich, mit
Jenny und den Seinen einig werden, da ihm
perſönlich der Antrag ganz unerwartet gekom-
men ſei. Mehr konnte Reinhard eigentlich
nicht verlangen. Er hätte es vorausſehen kön-
nen, und doch war er unzufrieden mit ſich,
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[229/0241] ihn ihrem Kinde wünſchen mußten: offenen Herzens, klaren Geiſtes und von den reinſten Sitten. Aber die Zerſtörung der Hoffnung, Jenny mit Joſeph verbunden und das Beſte- hen ſeiner Handlung auf dieſe Weiſe geſichert zu ſehen, ſchmerzte den alten Herrn, dem frei- lich das Glück der einzigen Tochter höher ſtand, als die Erfüllung ſeiner Lieblings- wünſche. In dieſem Sinne war ſeine Antwort aner- kennend und ehrenvoll für Reinhard, den er bat, ihm bis zum nächſten Tage Zeit zu gön- nen, ehe er ſein bindendes Wort zu dieſer Heirath ausſpräche; er müſſe erſt mit ſich, mit Jenny und den Seinen einig werden, da ihm perſönlich der Antrag ganz unerwartet gekom- men ſei. Mehr konnte Reinhard eigentlich nicht verlangen. Er hätte es vorausſehen kön- nen, und doch war er unzufrieden mit ſich, mit Allem. Er wünſchte Jenny noch einmal

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/241>, abgerufen am 01.05.2024.