Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

"Liebenswürdig und schön erscheint mir die
Angewohnheit auch nicht", war Eduard's Ant-
wort, "aber sie ist gewissermaßen nationell. Es
walten in uns unverkennbar noch orientalische
Elemente vor, und noch heute finden Sie, bei
dem polnischen Juden zum Beispiel, eine Lust
an kleinen Erzählungen, wie nur irgend ein
Orientale sie haben kann. Er liebt es, sich in
Bildern und Gleichnissen auszudrücken, und
mag gern Das, was er zu sagen hat, mit ei-
ner jener Anekdoten begleiten, die oft schlagend
genug sind und deren seine alten Bücher zu
Tausenden enthalten. Solche wird nun Stein-
heim nicht leicht zu benutzen wagen, aber er
kann nicht von dieser Gewohnheit loskommen,
und die Citate aus neuen und alten Werken
müssen ihm als Aushülfe dienen."

"Mir sind sie heute recht originell vorge-
kommen", sagte Clara, "und etwas Rasches,
Bezeichnendes kann man dieser Art nicht ab-

„Liebenswürdig und ſchön erſcheint mir die
Angewohnheit auch nicht“, war Eduard's Ant-
wort, „aber ſie iſt gewiſſermaßen nationell. Es
walten in uns unverkennbar noch orientaliſche
Elemente vor, und noch heute finden Sie, bei
dem polniſchen Juden zum Beiſpiel, eine Luſt
an kleinen Erzählungen, wie nur irgend ein
Orientale ſie haben kann. Er liebt es, ſich in
Bildern und Gleichniſſen auszudrücken, und
mag gern Das, was er zu ſagen hat, mit ei-
ner jener Anekdoten begleiten, die oft ſchlagend
genug ſind und deren ſeine alten Bücher zu
Tauſenden enthalten. Solche wird nun Stein-
heim nicht leicht zu benutzen wagen, aber er
kann nicht von dieſer Gewohnheit loskommen,
und die Citate aus neuen und alten Werken
müſſen ihm als Aushülfe dienen.“

„Mir ſind ſie heute recht originell vorge-
kommen“, ſagte Clara, „und etwas Raſches,
Bezeichnendes kann man dieſer Art nicht ab-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0218" n="206"/>
        <p>&#x201E;Liebenswürdig und &#x017F;chön er&#x017F;cheint mir die<lb/>
Angewohnheit auch nicht&#x201C;, war Eduard's Ant-<lb/>
wort, &#x201E;aber &#x017F;ie i&#x017F;t gewi&#x017F;&#x017F;ermaßen nationell. Es<lb/>
walten in uns unverkennbar noch orientali&#x017F;che<lb/>
Elemente vor, und noch heute finden Sie, bei<lb/>
dem polni&#x017F;chen Juden zum Bei&#x017F;piel, eine Lu&#x017F;t<lb/>
an kleinen Erzählungen, wie nur irgend ein<lb/>
Orientale &#x017F;ie haben kann. Er liebt es, &#x017F;ich in<lb/>
Bildern und Gleichni&#x017F;&#x017F;en auszudrücken, und<lb/>
mag gern Das, was er zu &#x017F;agen hat, mit ei-<lb/>
ner jener Anekdoten begleiten, die oft &#x017F;chlagend<lb/>
genug &#x017F;ind und deren &#x017F;eine alten Bücher zu<lb/>
Tau&#x017F;enden enthalten. Solche wird nun Stein-<lb/>
heim nicht leicht zu benutzen wagen, aber er<lb/>
kann nicht von die&#x017F;er Gewohnheit loskommen,<lb/>
und die Citate aus neuen und alten Werken<lb/>&#x017F;&#x017F;en ihm als Aushülfe dienen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Mir &#x017F;ind &#x017F;ie heute recht originell vorge-<lb/>
kommen&#x201C;, &#x017F;agte Clara, &#x201E;und etwas Ra&#x017F;ches,<lb/>
Bezeichnendes kann man die&#x017F;er Art nicht ab-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[206/0218] „Liebenswürdig und ſchön erſcheint mir die Angewohnheit auch nicht“, war Eduard's Ant- wort, „aber ſie iſt gewiſſermaßen nationell. Es walten in uns unverkennbar noch orientaliſche Elemente vor, und noch heute finden Sie, bei dem polniſchen Juden zum Beiſpiel, eine Luſt an kleinen Erzählungen, wie nur irgend ein Orientale ſie haben kann. Er liebt es, ſich in Bildern und Gleichniſſen auszudrücken, und mag gern Das, was er zu ſagen hat, mit ei- ner jener Anekdoten begleiten, die oft ſchlagend genug ſind und deren ſeine alten Bücher zu Tauſenden enthalten. Solche wird nun Stein- heim nicht leicht zu benutzen wagen, aber er kann nicht von dieſer Gewohnheit loskommen, und die Citate aus neuen und alten Werken müſſen ihm als Aushülfe dienen.“ „Mir ſind ſie heute recht originell vorge- kommen“, ſagte Clara, „und etwas Raſches, Bezeichnendes kann man dieſer Art nicht ab-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/218
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/218>, abgerufen am 01.05.2024.