er läßt sich nie von ihrem Herzen täuschen. Das ist es, was mich besorgt macht. Diesen geistreichen Mädchen aus den jüdischen Familien, die gleich Jenny erzogen werden, fehlt es fast immer an gutem weiblichen Umgange: mehr unterrichtet, als die Frauen ihrer nächsten Um- gebung, überschätzen sie sich zu leicht; das Bei- sammensein mit Mädchen, die Sorge für die täglichen Bedürfnisse des Hauses hört auf ihnen Freude zu machen; sie ziehen die Unterhaltung der Männer vor, welche mit Vergnügen solch einen kleinen Ueberläufer empfangen. Im Kreise der Männer nun machen ihr Geist und ihre Aufklärung Riesenfortschritte; die neuen Be- griffe, der große Maßstab der Männer werden an Alles gelegt; das Mädchen schämt sich der engen Verhältnisse, die ihm bis dahin genüg- ten; eilig werden die alten Vorurtheile nieder- gerissen, die beschränkten Ansichten verworfen; das Haus, in dessen alten fabelhaften Mauern
er läßt ſich nie von ihrem Herzen täuſchen. Das iſt es, was mich beſorgt macht. Dieſen geiſtreichen Mädchen aus den jüdiſchen Familien, die gleich Jenny erzogen werden, fehlt es faſt immer an gutem weiblichen Umgange: mehr unterrichtet, als die Frauen ihrer nächſten Um- gebung, überſchätzen ſie ſich zu leicht; das Bei- ſammenſein mit Mädchen, die Sorge für die täglichen Bedürfniſſe des Hauſes hört auf ihnen Freude zu machen; ſie ziehen die Unterhaltung der Männer vor, welche mit Vergnügen ſolch einen kleinen Ueberläufer empfangen. Im Kreiſe der Männer nun machen ihr Geiſt und ihre Aufklärung Rieſenfortſchritte; die neuen Be- griffe, der große Maßſtab der Männer werden an Alles gelegt; das Mädchen ſchämt ſich der engen Verhältniſſe, die ihm bis dahin genüg- ten; eilig werden die alten Vorurtheile nieder- geriſſen, die beſchränkten Anſichten verworfen; das Haus, in deſſen alten fabelhaften Mauern
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er läßt ſich nie von ihrem Herzen täuſchen.
Das iſt es, was mich beſorgt macht. Dieſen
geiſtreichen Mädchen aus den jüdiſchen Familien,
die gleich Jenny erzogen werden, fehlt es faſt
immer an gutem weiblichen Umgange: mehr
unterrichtet, als die Frauen ihrer nächſten Um-
gebung, überſchätzen ſie ſich zu leicht; das Bei-
ſammenſein mit Mädchen, die Sorge für die
täglichen Bedürfniſſe des Hauſes hört auf ihnen
Freude zu machen; ſie ziehen die Unterhaltung
der Männer vor, welche mit Vergnügen ſolch
einen kleinen Ueberläufer empfangen. Im Kreiſe
der Männer nun machen ihr Geiſt und ihre
Aufklärung Rieſenfortſchritte; die neuen Be-
griffe, der große Maßſtab der Männer werden
an Alles gelegt; das Mädchen ſchämt ſich der
engen Verhältniſſe, die ihm bis dahin genüg-
ten; eilig werden die alten Vorurtheile nieder-
geriſſen, die beſchränkten Anſichten verworfen;
das Haus, in deſſen alten fabelhaften Mauern
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/195>, abgerufen am 13.10.2024.
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