höhere und reinere Freuden kennen lernen würde; aber --"
"O! das ist es auch nicht", rief Reinhard, innerlichst erfreut, sich widersprochen und die Geliebte gelobt zu sehen. "Das ist es nicht! Gönne ich dem schönen Engel nicht die Perlen- schnur in den wundervollen Locken? Freue ich mich nicht selbst, wenn der lange Caschmirshawl sich um die kleine, feine Gestalt legt, und die Schultern blendend weiß daraus hervorschim- mern? Sie ist geboren für diesen Schmuck! aber, sie kann ihn nicht entbehren; ich vermag ihn ihr nicht zu geben und würde doch erröthen, mein Weib in einer Pracht zu sehen, die sie nicht mir allein verdankte, die ich nicht mit ihr theilen könnte, ohne von den Wohlthaten eines Dritten zu leben. Und wenn Jenny in einem jener Anfälle rücksichtslosen Witzes jemals ein Wort sagte, das mich daran erinnerte, sie sei die Reiche mir gegenüber -- gerade, weil ich sie
höhere und reinere Freuden kennen lernen würde; aber —“
„O! das iſt es auch nicht“, rief Reinhard, innerlichſt erfreut, ſich widerſprochen und die Geliebte gelobt zu ſehen. „Das iſt es nicht! Gönne ich dem ſchönen Engel nicht die Perlen- ſchnur in den wundervollen Locken? Freue ich mich nicht ſelbſt, wenn der lange Caſchmirſhawl ſich um die kleine, feine Geſtalt legt, und die Schultern blendend weiß daraus hervorſchim- mern? Sie iſt geboren für dieſen Schmuck! aber, ſie kann ihn nicht entbehren; ich vermag ihn ihr nicht zu geben und würde doch erröthen, mein Weib in einer Pracht zu ſehen, die ſie nicht mir allein verdankte, die ich nicht mit ihr theilen könnte, ohne von den Wohlthaten eines Dritten zu leben. Und wenn Jenny in einem jener Anfälle rückſichtsloſen Witzes jemals ein Wort ſagte, das mich daran erinnerte, ſie ſei die Reiche mir gegenüber — gerade, weil ich ſie
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höhere und reinere Freuden kennen lernen würde;
aber —“
„O! das iſt es auch nicht“, rief Reinhard,
innerlichſt erfreut, ſich widerſprochen und die
Geliebte gelobt zu ſehen. „Das iſt es nicht!
Gönne ich dem ſchönen Engel nicht die Perlen-
ſchnur in den wundervollen Locken? Freue ich
mich nicht ſelbſt, wenn der lange Caſchmirſhawl
ſich um die kleine, feine Geſtalt legt, und die
Schultern blendend weiß daraus hervorſchim-
mern? Sie iſt geboren für dieſen Schmuck!
aber, ſie kann ihn nicht entbehren; ich vermag
ihn ihr nicht zu geben und würde doch erröthen,
mein Weib in einer Pracht zu ſehen, die ſie
nicht mir allein verdankte, die ich nicht mit ihr
theilen könnte, ohne von den Wohlthaten eines
Dritten zu leben. Und wenn Jenny in einem
jener Anfälle rückſichtsloſen Witzes jemals ein
Wort ſagte, das mich daran erinnerte, ſie ſei
die Reiche mir gegenüber — gerade, weil ich ſie
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/190>, abgerufen am 24.11.2024.
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