riethen ihm, ihr selbst unbewußt, eine Neigung, die bei diesem tiefen Gemüthe stark und dauernd werden mußte. Alle seine Pulse schlugen warm bei der Ueberzeugung, Gegenliebe gefunden zu haben, wo sein Herz sie so sehnlich begehrte. Er hatte einen Augenblick hindurch ein Gefühl von Glück, das den Menschen für jahrelanges Leiden schadlos hält; dann aber zuckte sein Herz kalt und krampfhaft zusammen, unter der rauhen Berührung der Wirklichkeit. Er hatte sich es ausgemalt, wie Clara, seine Liebe er- wiedernd, mit ihm vor seinen Eltern erscheinen würde, um diesen Bund segnen zu lassen, wie Clara's Eltern! O! diese würden und konnten nie in eine Verbindung ihrer Tochter mit ihm willigen, sie war ja überhaupt unmöglich.
"Unmöglich!" rief er aus, und stand am Ufer des Meeres, und sah hinab in die schäu- menden Wellen, die so unruhig wogten, als
riethen ihm, ihr ſelbſt unbewußt, eine Neigung, die bei dieſem tiefen Gemüthe ſtark und dauernd werden mußte. Alle ſeine Pulſe ſchlugen warm bei der Ueberzeugung, Gegenliebe gefunden zu haben, wo ſein Herz ſie ſo ſehnlich begehrte. Er hatte einen Augenblick hindurch ein Gefühl von Glück, das den Menſchen für jahrelanges Leiden ſchadlos hält; dann aber zuckte ſein Herz kalt und krampfhaft zuſammen, unter der rauhen Berührung der Wirklichkeit. Er hatte ſich es ausgemalt, wie Clara, ſeine Liebe er- wiedernd, mit ihm vor ſeinen Eltern erſcheinen würde, um dieſen Bund ſegnen zu laſſen, wie Clara's Eltern! O! dieſe würden und konnten nie in eine Verbindung ihrer Tochter mit ihm willigen, ſie war ja überhaupt unmöglich.
„Unmöglich!“ rief er aus, und ſtand am Ufer des Meeres, und ſah hinab in die ſchäu- menden Wellen, die ſo unruhig wogten, als
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0153"n="141"/>
riethen ihm, ihr ſelbſt unbewußt, eine Neigung,<lb/>
die bei dieſem tiefen Gemüthe ſtark und dauernd<lb/>
werden mußte. Alle ſeine Pulſe ſchlugen warm<lb/>
bei der Ueberzeugung, Gegenliebe gefunden zu<lb/>
haben, wo ſein Herz ſie ſo ſehnlich begehrte.<lb/>
Er hatte einen Augenblick hindurch ein Gefühl<lb/>
von Glück, das den Menſchen für jahrelanges<lb/>
Leiden ſchadlos hält; dann aber zuckte ſein<lb/>
Herz kalt und krampfhaft zuſammen, unter der<lb/>
rauhen Berührung der Wirklichkeit. Er hatte<lb/>ſich es ausgemalt, wie Clara, ſeine Liebe er-<lb/>
wiedernd, mit ihm vor ſeinen Eltern erſcheinen<lb/>
würde, um dieſen Bund ſegnen zu laſſen, wie<lb/>
Clara's Eltern! O! dieſe würden und konnten<lb/>
nie in eine Verbindung ihrer Tochter mit ihm<lb/>
willigen, ſie war ja überhaupt unmöglich.</p><lb/><p>„Unmöglich!“ rief er aus, und ſtand am<lb/>
Ufer des Meeres, und ſah hinab in die ſchäu-<lb/>
menden Wellen, die ſo unruhig wogten, als<lb/></p></div></body></text></TEI>
[141/0153]
riethen ihm, ihr ſelbſt unbewußt, eine Neigung,
die bei dieſem tiefen Gemüthe ſtark und dauernd
werden mußte. Alle ſeine Pulſe ſchlugen warm
bei der Ueberzeugung, Gegenliebe gefunden zu
haben, wo ſein Herz ſie ſo ſehnlich begehrte.
Er hatte einen Augenblick hindurch ein Gefühl
von Glück, das den Menſchen für jahrelanges
Leiden ſchadlos hält; dann aber zuckte ſein
Herz kalt und krampfhaft zuſammen, unter der
rauhen Berührung der Wirklichkeit. Er hatte
ſich es ausgemalt, wie Clara, ſeine Liebe er-
wiedernd, mit ihm vor ſeinen Eltern erſcheinen
würde, um dieſen Bund ſegnen zu laſſen, wie
Clara's Eltern! O! dieſe würden und konnten
nie in eine Verbindung ihrer Tochter mit ihm
willigen, ſie war ja überhaupt unmöglich.
„Unmöglich!“ rief er aus, und ſtand am
Ufer des Meeres, und ſah hinab in die ſchäu-
menden Wellen, die ſo unruhig wogten, als
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/153>, abgerufen am 05.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.