dem Zimmer, und Eduard hörte um so deut- licher an den unruhigen Athemzügen der Lei- denden, daß sie eben erst zu weinen aufgehört hatte. Freundlich fragte er sie nach ihrem Befinden, er wollte ihre Hand ergreifen, um sich durch den Pulsschlag selbst davon zu über- zeugen, aber sie zog die Hand rasch fort, und sagte: "Ach! das kann nichts helfen, ich leide furchtbar, aber Sie können mir nicht helfen, lieber Doctor!" und dabei brach sie aufs Neue in heiße Thränen aus.
Ablenkend versuchte Meier, sie auf ihr kör- perliches Uebel zurückzuführen, sie war aber so aufgeregt, daß sie, ihre sonstige Zurückhaltung gänzlich vergessend, ihn kaum aussprechen ließ, sondern ihn mit den Worten unterbrach: "Täu- schen Sie sich nicht, Herr Doctor! ich will Sie auch nicht länger damit hintergehen -- die äußere Wunde kann nicht heilen, ich kann nicht genesen, so lange meine Seele auf das Grau-
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dem Zimmer, und Eduard hörte um ſo deut- licher an den unruhigen Athemzügen der Lei- denden, daß ſie eben erſt zu weinen aufgehört hatte. Freundlich fragte er ſie nach ihrem Befinden, er wollte ihre Hand ergreifen, um ſich durch den Pulsſchlag ſelbſt davon zu über- zeugen, aber ſie zog die Hand raſch fort, und ſagte: „Ach! das kann nichts helfen, ich leide furchtbar, aber Sie können mir nicht helfen, lieber Doctor!“ und dabei brach ſie aufs Neue in heiße Thränen aus.
Ablenkend verſuchte Meier, ſie auf ihr kör- perliches Uebel zurückzuführen, ſie war aber ſo aufgeregt, daß ſie, ihre ſonſtige Zurückhaltung gänzlich vergeſſend, ihn kaum ausſprechen ließ, ſondern ihn mit den Worten unterbrach: „Täu- ſchen Sie ſich nicht, Herr Doctor! ich will Sie auch nicht länger damit hintergehen — die äußere Wunde kann nicht heilen, ich kann nicht geneſen, ſo lange meine Seele auf das Grau-
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dem Zimmer, und Eduard hörte um ſo deut-
licher an den unruhigen Athemzügen der Lei-
denden, daß ſie eben erſt zu weinen aufgehört
hatte. Freundlich fragte er ſie nach ihrem
Befinden, er wollte ihre Hand ergreifen, um
ſich durch den Pulsſchlag ſelbſt davon zu über-
zeugen, aber ſie zog die Hand raſch fort, und
ſagte: „Ach! das kann nichts helfen, ich leide
furchtbar, aber Sie können mir nicht helfen,
lieber Doctor!“ und dabei brach ſie aufs Neue
in heiße Thränen aus.
Ablenkend verſuchte Meier, ſie auf ihr kör-
perliches Uebel zurückzuführen, ſie war aber ſo
aufgeregt, daß ſie, ihre ſonſtige Zurückhaltung
gänzlich vergeſſend, ihn kaum ausſprechen ließ,
ſondern ihn mit den Worten unterbrach: „Täu-
ſchen Sie ſich nicht, Herr Doctor! ich will Sie
auch nicht länger damit hintergehen — die
äußere Wunde kann nicht heilen, ich kann nicht
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/135>, abgerufen am 25.11.2024.
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