Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.in Berlin verbreitete, erlangte Frau Morgenstern die Erlaubniß, zunächst die Küchen der städtischen Armenspeisungs-Anstalt zu benutzen, welche nur im Winter ihre Almosen vertheilte. In fünf Tagen war, mit Hülfe der verwitweten Frau Anton Gubitz, das Unternehmen im Gange. Am neunten Juli wurden die ersten hundert Portionen Suppe, nicht als Wohlthat, aber für den genauesten Kostenpreis und in vorzüglicher Güte vertheilt -- und heute, da ich dieses schreibe, beköstigen sich aus den zehn über Berlin vertheilten Volksküchen täglich achttausend bis zehntausend Personen mit einer so reichlichen, kräftigen und wohlthätigen Kost, daß sie auch der Gutgewöhnte mit Behagen essen und die der Einzelne unter keiner Bedingung für den Preis von einem und einem halben Groschen auch nur annähernd gut herstellen könnte. "Die Volksküche hat den Zweck," sagt Frau Morgenstern in ihrer kleinen Schrift, "gute, nahrhafte und reichliche Speise zu so billigen Preisen zu liefern, als der Einzelne oder die Familie sie zu beschaffen außer Stande sind." "Ihr Ziel ist Selbsterhaltung, ihre Grundlage freiwillige, uneigennützige, auf jede Geldspeculation verzichtende Verwaltung und Controle der Unternehmer." "Daher kann die Volksküche nur gedeihen, wenn sie von einem Verein von Humanisten, nicht von einzelnen Speculanten ausgeht; Ausnahmefälle, wo Einzelne Unternehmer in Berlin verbreitete, erlangte Frau Morgenstern die Erlaubniß, zunächst die Küchen der städtischen Armenspeisungs-Anstalt zu benutzen, welche nur im Winter ihre Almosen vertheilte. In fünf Tagen war, mit Hülfe der verwitweten Frau Anton Gubitz, das Unternehmen im Gange. Am neunten Juli wurden die ersten hundert Portionen Suppe, nicht als Wohlthat, aber für den genauesten Kostenpreis und in vorzüglicher Güte vertheilt — und heute, da ich dieses schreibe, beköstigen sich aus den zehn über Berlin vertheilten Volksküchen täglich achttausend bis zehntausend Personen mit einer so reichlichen, kräftigen und wohlthätigen Kost, daß sie auch der Gutgewöhnte mit Behagen essen und die der Einzelne unter keiner Bedingung für den Preis von einem und einem halben Groschen auch nur annähernd gut herstellen könnte. »Die Volksküche hat den Zweck,« sagt Frau Morgenstern in ihrer kleinen Schrift, »gute, nahrhafte und reichliche Speise zu so billigen Preisen zu liefern, als der Einzelne oder die Familie sie zu beschaffen außer Stande sind.« »Ihr Ziel ist Selbsterhaltung, ihre Grundlage freiwillige, uneigennützige, auf jede Geldspeculation verzichtende Verwaltung und Controle der Unternehmer.« »Daher kann die Volksküche nur gedeihen, wenn sie von einem Verein von Humanisten, nicht von einzelnen Speculanten ausgeht; Ausnahmefälle, wo Einzelne Unternehmer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0090" n="80"/> in Berlin verbreitete, erlangte Frau Morgenstern die Erlaubniß, zunächst die Küchen der städtischen Armenspeisungs-Anstalt zu benutzen, welche nur im Winter ihre Almosen vertheilte. In fünf Tagen war, mit Hülfe der verwitweten Frau Anton Gubitz, das Unternehmen im Gange. Am neunten Juli wurden die ersten hundert Portionen Suppe, nicht als Wohlthat, aber für den genauesten Kostenpreis und in vorzüglicher Güte vertheilt — und heute, da ich dieses schreibe, beköstigen sich aus den zehn über Berlin vertheilten Volksküchen täglich achttausend bis zehntausend Personen mit einer so reichlichen, kräftigen und wohlthätigen Kost, daß sie auch der Gutgewöhnte mit Behagen essen und die der Einzelne unter keiner Bedingung für den Preis von einem und einem halben Groschen auch nur annähernd gut herstellen könnte.</p> <p>»Die Volksküche hat den Zweck,« sagt Frau Morgenstern in ihrer kleinen Schrift, »gute, nahrhafte und reichliche Speise zu so billigen Preisen zu liefern, als der Einzelne oder die Familie sie zu beschaffen außer Stande sind.«</p> <p>»Ihr Ziel ist Selbsterhaltung, ihre Grundlage freiwillige, uneigennützige, auf jede Geldspeculation verzichtende Verwaltung und Controle der Unternehmer.«</p> <p>»Daher kann die Volksküche nur gedeihen, wenn sie von einem Verein von Humanisten, nicht von einzelnen Speculanten ausgeht; Ausnahmefälle, wo Einzelne Unternehmer </p> </div> </body> </text> </TEI> [80/0090]
in Berlin verbreitete, erlangte Frau Morgenstern die Erlaubniß, zunächst die Küchen der städtischen Armenspeisungs-Anstalt zu benutzen, welche nur im Winter ihre Almosen vertheilte. In fünf Tagen war, mit Hülfe der verwitweten Frau Anton Gubitz, das Unternehmen im Gange. Am neunten Juli wurden die ersten hundert Portionen Suppe, nicht als Wohlthat, aber für den genauesten Kostenpreis und in vorzüglicher Güte vertheilt — und heute, da ich dieses schreibe, beköstigen sich aus den zehn über Berlin vertheilten Volksküchen täglich achttausend bis zehntausend Personen mit einer so reichlichen, kräftigen und wohlthätigen Kost, daß sie auch der Gutgewöhnte mit Behagen essen und die der Einzelne unter keiner Bedingung für den Preis von einem und einem halben Groschen auch nur annähernd gut herstellen könnte.
»Die Volksküche hat den Zweck,« sagt Frau Morgenstern in ihrer kleinen Schrift, »gute, nahrhafte und reichliche Speise zu so billigen Preisen zu liefern, als der Einzelne oder die Familie sie zu beschaffen außer Stande sind.«
»Ihr Ziel ist Selbsterhaltung, ihre Grundlage freiwillige, uneigennützige, auf jede Geldspeculation verzichtende Verwaltung und Controle der Unternehmer.«
»Daher kann die Volksküche nur gedeihen, wenn sie von einem Verein von Humanisten, nicht von einzelnen Speculanten ausgeht; Ausnahmefälle, wo Einzelne Unternehmer
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