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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Erzbisch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
Band so wol des paswalkischen Vergleichs als der Pfandschlösser verbun-1560
den d).

Kettler hatte sich bisher wieder den Verkauf des revelschen Bistums hart
gesträubet, gleichwol aber den Handel nicht hintertreiben können. Er schickte ei-
nige Reuter nach Oesel, die Sonneburg wieder besetzen und den Vogt abho-
len solten, worüber bald ein einheimischer Krieg entstanden wäre. Denn Ma-
gnus
lies die Schüten oder Fahrzeuge beschlagen, die Ordenspersonen verstri-
cken, und legte seine Manschaft bey den Domherren in die Häuser. Doch weil
Magnus von seinem Herrn Bruder ein Empfelungsschreiben an Kettlern hat-
te, so beehrte ihn der Ordensmeister mit einer Gesandschaft, die ihn bewilkomme-
te, und alle gute Versicherungen seines Wohlmeinens empfing. Nur dieses fiel
den Gesandten verdrieslich, daß seine Räthe sich in einer Geselschaft etwas leise
besprachen, und der Herzog nebst unterschiedlichen andern Punkten auch die Ab-
tey Padis heraus forderte, welche der Orden bisher sequestriret hielt.

Um Pfingsten fiel der Feind mit 16000 Man in Harrien ein, woselbst er
das bischöfliche Schlos Fegefeuer, nebst vielen adlichen Höfen und Dörfern
verbrante. Da er noch in dem Kirchspiel Koskül stand, versamleten sich einige
von Adel mit ihren Leuten und fielen zu Neuenhof bey neblichtem Wetter mit
95 Pferden auf einen Haufen Russen mit ziemlichem Glück. Als es aber heiter
wurde, rückte eine stärkere Macht an, die sich in einem Hegewalde ohnweit Neu-
enhof
verborgen hatte, und trieb diese hitzigen Streiter aus dem Felde, die meh-
rentheils unterweges blieben, und unter denen man den tapfern Ebert von Del-
wig
bedauerte. Der Rest flüchtete in die koskülsche Kirche, wo ihrer 32 sich
gefangen geben musten. Die Russen, welche bisher der Kirchen im Lande gescho-
net hatten, steckten diese in Brand, und eroberten | Neuenhof, woraus der erste
Anfal auf sie geschehen. An sich fruchtete solche schwache und kraftlose Gegen-
wehr weiter nichts, als einen erzürten Feind noch erbitterter zu machen.

Da es nun mit dem Ordenslande auf allen Seiten mislich stand, fand
Kettler für dienlich, der Stadt Riga behutsamer zu begegnen, und gegen Ver-
sicherung ihrer Privilegien die Huldigung anzunehmen, welche ihm an 24sten
Junii zu Riga geleistet wurde e). So suchte er auch den Anforderungen des

Her-
d) Wir führen diesen Abschied aus den Documenten an. Kettler wolte nachher das
Herzogtum Curland lange nicht annehmen, sondern wieder nach Deutschland gehen,
bis er sich endlich durch inständiges Bitten, Flehen und Vermahnen seiner abgedankten
Räthe, welche ihn mit heissen Thränen und kläglichen Geberden, mündlich und schrift-
lich darum baten, dazu bewegen lies. Diese gar zu grosse Selbstverleugnung berich-
tet uns Henning S. 65. Er schreibt es als königlich pohlnischer Secretair und Rath
des Herzogs von Turland.
e) Damit unsre Leser aus einem Huldigungsbriefe alle die andern ihrem Hauptinhalte nach
kennen lernen, so wollen wir hier den liefern, welchen der letzte Herrmeister der Stadt
Riga gegeben, nachdem er ihr schon den Wall von der Jacobspforte an bis ans
Ende des Jungfernklosters, und über dem die Sandmühle mit der Wasserleitung, am
Johannistage abgetreten:
Wir von GOttes Gnaden Gothardt, Meister des ritterlichen Ordens zu Lyfland,
thun kund, bekennen und bezeugen vor allermänniglich so diesen unsern offenen
versiegelten Brief sehen, hören oder lesen, zu ewiger künftiger Gedächtnisse. Nachdem
wir dann nechst göttlicher Vorsehung durch ordentliche Wahl der Unsern zur Würde
und Hoheit des Meisterthums zu Liefland gekohren, auch derhalben von der römisch-
kaiserlichen Majestät, Unsern allergnädigsten Herrn, verlehnet, bestätiget und befestiget,
und aber die ehrsamen, vorsichtigen und wohlweisen Bürgermeister, Rath, und Gemeine
unser und unsrer Ordensstadt Riga unsern Vorfahren samt allen derselben Nachkom-
men mit Eid und Unterthänigkeit verpflichtet gewesen, haben sie den 22sten Jun. durch
ihre statliche Botschaft aus dem Rath und ganzer Gemeine zu Riga, mit uns nach
Ueberreichung und Zustellung der von dem hochwürdigen grosmächtigen Fürsten nnd
Herrn, Herrn Wilhelm Fürstenbenbergs, alten Meister zu Liefland unsern
freund-
S s s

Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
Band ſo wol des paswalkiſchen Vergleichs als der Pfandſchloͤſſer verbun-1560
den d).

Kettler hatte ſich bisher wieder den Verkauf des revelſchen Biſtums hart
geſtraͤubet, gleichwol aber den Handel nicht hintertreiben koͤnnen. Er ſchickte ei-
nige Reuter nach Oeſel, die Sonneburg wieder beſetzen und den Vogt abho-
len ſolten, woruͤber bald ein einheimiſcher Krieg entſtanden waͤre. Denn Ma-
gnus
lies die Schuͤten oder Fahrzeuge beſchlagen, die Ordensperſonen verſtri-
cken, und legte ſeine Manſchaft bey den Domherren in die Haͤuſer. Doch weil
Magnus von ſeinem Herrn Bruder ein Empfelungsſchreiben an Kettlern hat-
te, ſo beehrte ihn der Ordensmeiſter mit einer Geſandſchaft, die ihn bewilkomme-
te, und alle gute Verſicherungen ſeines Wohlmeinens empfing. Nur dieſes fiel
den Geſandten verdrieslich, daß ſeine Raͤthe ſich in einer Geſelſchaft etwas leiſe
beſprachen, und der Herzog nebſt unterſchiedlichen andern Punkten auch die Ab-
tey Padis heraus forderte, welche der Orden bisher ſequeſtriret hielt.

Um Pfingſten fiel der Feind mit 16000 Man in Harrien ein, woſelbſt er
das biſchoͤfliche Schlos Fegefeuer, nebſt vielen adlichen Hoͤfen und Doͤrfern
verbrante. Da er noch in dem Kirchſpiel Koskuͤl ſtand, verſamleten ſich einige
von Adel mit ihren Leuten und fielen zu Neuenhof bey neblichtem Wetter mit
95 Pferden auf einen Haufen Ruſſen mit ziemlichem Gluͤck. Als es aber heiter
wurde, ruͤckte eine ſtaͤrkere Macht an, die ſich in einem Hegewalde ohnweit Neu-
enhof
verborgen hatte, und trieb dieſe hitzigen Streiter aus dem Felde, die meh-
rentheils unterweges blieben, und unter denen man den tapfern Ebert von Del-
wig
bedauerte. Der Reſt fluͤchtete in die koskuͤlſche Kirche, wo ihrer 32 ſich
gefangen geben muſten. Die Ruſſen, welche bisher der Kirchen im Lande geſcho-
net hatten, ſteckten dieſe in Brand, und eroberten | Neuenhof, woraus der erſte
Anfal auf ſie geſchehen. An ſich fruchtete ſolche ſchwache und kraftloſe Gegen-
wehr weiter nichts, als einen erzuͤrten Feind noch erbitterter zu machen.

Da es nun mit dem Ordenslande auf allen Seiten mislich ſtand, fand
Kettler fuͤr dienlich, der Stadt Riga behutſamer zu begegnen, und gegen Ver-
ſicherung ihrer Privilegien die Huldigung anzunehmen, welche ihm an 24ſten
Junii zu Riga geleiſtet wurde e). So ſuchte er auch den Anforderungen des

Her-
d) Wir fuͤhren dieſen Abſchied aus den Documenten an. Kettler wolte nachher das
Herzogtum Curland lange nicht annehmen, ſondern wieder nach Deutſchland gehen,
bis er ſich endlich durch inſtaͤndiges Bitten, Flehen und Vermahnen ſeiner abgedankten
Raͤthe, welche ihn mit heiſſen Thraͤnen und klaͤglichen Geberden, muͤndlich und ſchrift-
lich darum baten, dazu bewegen lies. Dieſe gar zu groſſe Selbſtverleugnung berich-
tet uns Henning S. 65. Er ſchreibt es als koͤniglich pohlniſcher Secretair und Rath
des Herzogs von Turland.
e) Damit unſre Leſer aus einem Huldigungsbriefe alle die andern ihrem Hauptinhalte nach
kennen lernen, ſo wollen wir hier den liefern, welchen der letzte Herrmeiſter der Stadt
Riga gegeben, nachdem er ihr ſchon den Wall von der Jacobspforte an bis ans
Ende des Jungfernkloſters, und uͤber dem die Sandmuͤhle mit der Waſſerleitung, am
Johannistage abgetreten:
Wir von GOttes Gnaden Gothardt, Meiſter des ritterlichen Ordens zu Lyfland,
thun kund, bekennen und bezeugen vor allermaͤnniglich ſo dieſen unſern offenen
verſiegelten Brief ſehen, hoͤren oder leſen, zu ewiger kuͤnftiger Gedaͤchtniſſe. Nachdem
wir dann nechſt goͤttlicher Vorſehung durch ordentliche Wahl der Unſern zur Wuͤrde
und Hoheit des Meiſterthums zu Liefland gekohren, auch derhalben von der roͤmiſch-
kaiſerlichen Majeſtaͤt, Unſern allergnaͤdigſten Herrn, verlehnet, beſtaͤtiget und befeſtiget,
und aber die ehrſamen, vorſichtigen und wohlweiſen Buͤrgermeiſter, Rath, und Gemeine
unſer und unſrer Ordensſtadt Riga unſern Vorfahren ſamt allen derſelben Nachkom-
men mit Eid und Unterthaͤnigkeit verpflichtet geweſen, haben ſie den 22ſten Jun. durch
ihre ſtatliche Botſchaft aus dem Rath und ganzer Gemeine zu Riga, mit uns nach
Ueberreichung und Zuſtellung der von dem hochwuͤrdigen grosmaͤchtigen Fuͤrſten nnd
Herrn, Herrn Wilhelm Fuͤrſtenbenbergs, alten Meiſter zu Liefland unſern
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[253/0271] Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers. Band ſo wol des paswalkiſchen Vergleichs als der Pfandſchloͤſſer verbun- den d). 1560 Kettler hatte ſich bisher wieder den Verkauf des revelſchen Biſtums hart geſtraͤubet, gleichwol aber den Handel nicht hintertreiben koͤnnen. Er ſchickte ei- nige Reuter nach Oeſel, die Sonneburg wieder beſetzen und den Vogt abho- len ſolten, woruͤber bald ein einheimiſcher Krieg entſtanden waͤre. Denn Ma- gnus lies die Schuͤten oder Fahrzeuge beſchlagen, die Ordensperſonen verſtri- cken, und legte ſeine Manſchaft bey den Domherren in die Haͤuſer. Doch weil Magnus von ſeinem Herrn Bruder ein Empfelungsſchreiben an Kettlern hat- te, ſo beehrte ihn der Ordensmeiſter mit einer Geſandſchaft, die ihn bewilkomme- te, und alle gute Verſicherungen ſeines Wohlmeinens empfing. Nur dieſes fiel den Geſandten verdrieslich, daß ſeine Raͤthe ſich in einer Geſelſchaft etwas leiſe beſprachen, und der Herzog nebſt unterſchiedlichen andern Punkten auch die Ab- tey Padis heraus forderte, welche der Orden bisher ſequeſtriret hielt. Um Pfingſten fiel der Feind mit 16000 Man in Harrien ein, woſelbſt er das biſchoͤfliche Schlos Fegefeuer, nebſt vielen adlichen Hoͤfen und Doͤrfern verbrante. Da er noch in dem Kirchſpiel Koskuͤl ſtand, verſamleten ſich einige von Adel mit ihren Leuten und fielen zu Neuenhof bey neblichtem Wetter mit 95 Pferden auf einen Haufen Ruſſen mit ziemlichem Gluͤck. Als es aber heiter wurde, ruͤckte eine ſtaͤrkere Macht an, die ſich in einem Hegewalde ohnweit Neu- enhof verborgen hatte, und trieb dieſe hitzigen Streiter aus dem Felde, die meh- rentheils unterweges blieben, und unter denen man den tapfern Ebert von Del- wig bedauerte. Der Reſt fluͤchtete in die koskuͤlſche Kirche, wo ihrer 32 ſich gefangen geben muſten. Die Ruſſen, welche bisher der Kirchen im Lande geſcho- net hatten, ſteckten dieſe in Brand, und eroberten | Neuenhof, woraus der erſte Anfal auf ſie geſchehen. An ſich fruchtete ſolche ſchwache und kraftloſe Gegen- wehr weiter nichts, als einen erzuͤrten Feind noch erbitterter zu machen. Da es nun mit dem Ordenslande auf allen Seiten mislich ſtand, fand Kettler fuͤr dienlich, der Stadt Riga behutſamer zu begegnen, und gegen Ver- ſicherung ihrer Privilegien die Huldigung anzunehmen, welche ihm an 24ſten Junii zu Riga geleiſtet wurde e). So ſuchte er auch den Anforderungen des Her- d) Wir fuͤhren dieſen Abſchied aus den Documenten an. Kettler wolte nachher das Herzogtum Curland lange nicht annehmen, ſondern wieder nach Deutſchland gehen, bis er ſich endlich durch inſtaͤndiges Bitten, Flehen und Vermahnen ſeiner abgedankten Raͤthe, welche ihn mit heiſſen Thraͤnen und klaͤglichen Geberden, muͤndlich und ſchrift- lich darum baten, dazu bewegen lies. Dieſe gar zu groſſe Selbſtverleugnung berich- tet uns Henning S. 65. Er ſchreibt es als koͤniglich pohlniſcher Secretair und Rath des Herzogs von Turland. e) Damit unſre Leſer aus einem Huldigungsbriefe alle die andern ihrem Hauptinhalte nach kennen lernen, ſo wollen wir hier den liefern, welchen der letzte Herrmeiſter der Stadt Riga gegeben, nachdem er ihr ſchon den Wall von der Jacobspforte an bis ans Ende des Jungfernkloſters, und uͤber dem die Sandmuͤhle mit der Waſſerleitung, am Johannistage abgetreten: Wir von GOttes Gnaden Gothardt, Meiſter des ritterlichen Ordens zu Lyfland, thun kund, bekennen und bezeugen vor allermaͤnniglich ſo dieſen unſern offenen verſiegelten Brief ſehen, hoͤren oder leſen, zu ewiger kuͤnftiger Gedaͤchtniſſe. Nachdem wir dann nechſt goͤttlicher Vorſehung durch ordentliche Wahl der Unſern zur Wuͤrde und Hoheit des Meiſterthums zu Liefland gekohren, auch derhalben von der roͤmiſch- kaiſerlichen Majeſtaͤt, Unſern allergnaͤdigſten Herrn, verlehnet, beſtaͤtiget und befeſtiget, und aber die ehrſamen, vorſichtigen und wohlweiſen Buͤrgermeiſter, Rath, und Gemeine unſer und unſrer Ordensſtadt Riga unſern Vorfahren ſamt allen derſelben Nachkom- men mit Eid und Unterthaͤnigkeit verpflichtet geweſen, haben ſie den 22ſten Jun. durch ihre ſtatliche Botſchaft aus dem Rath und ganzer Gemeine zu Riga, mit uns nach Ueberreichung und Zuſtellung der von dem hochwuͤrdigen grosmaͤchtigen Fuͤrſten nnd Herrn, Herrn Wilhelm Fuͤrſtenbenbergs, alten Meiſter zu Liefland unſern freund- S s s

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/271>, abgerufen am 23.11.2024.