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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Leben und Thaten der liefländischen Ordensmeister,
1557sionen des Ordens nach Litthauen, wenn sein Principal, der Herr Meister, seine
Gebietiger nicht besser schützen könte.

Am 5ten October ward der Erzbischof und sein Coadiutor des Arrests entle-
diget, und beide hielten in Wolmer, wohin das ganze Land verschrieben war,
ihren prächtigen Einzug mit 300 Pferden, in Begleitung des erzstiftischen Adels
und der Herren Räthe. Nach etlichen Tagen kam der Erzbischof mit den Herren
Räthen auf die Rathsstube, grüste den Herrn Meister, welcher auch den Erzbi-
schof freundlich wilkommen hies, worauf sich beide zum Vertrag die Hände gaben.
Wie der Erzbischof nach Riga kam, setzte er sich im Dom nach geendigter Pre-
digt aufs hohe Chor in einen Sessel. Der Rath zu Riga trat zuerst hin, und
bat nach einer kurzen Begrüssung um Vergessenheit des Vergangenen, damit es
der Stadt nicht zur Last fiele. Er reichte dem Rathe sitzend die Hand, und ant-
wortete nur kurz, sie hätten es können anders machen, doch solle es die gute Stadt
nicht entgelten, wenn sie sich nur ferner hin treu erweisen würde. Nach Abtre-
tung des Raths näherte sich der Elterman der grossen Gilde, Jasper Romberg,
nebst dem Elterman und Eltesten der kleinen Gilde, wünschten eine glückliche Zu-
rückkunft und Regierung, baten um Vergessung des Geschehenen und um Fortsetzung
der fürstlichen Gnade gegen die Stadt. Der Erzbischof stand hierbey auf, bot
den Elterleuten die Hand, und versetzte: Lieben Elterleute und Getreuen, wir
nehmen die Entschuldigung wegen der guten Gemeine in Gnaden an, wir kennen
auch die doppelten Herzen wohl, es sollen sich aber dennoch Elterleute und Eltesten mit
der ganzen Gemeine zu uns nichts anders als aller väterlichen Gnade und Güte zu
versehen haben. Hierauf reichte er allen insbesondre die Hand, und begab sich
vom Chor nach dem erzbischöflichen Hofe. Am 12ten Dec. brachen der Erzbischof,
der Coadiutor und der Herr Meister nach Litthauen auf, wo sie sich auch in des
Königs Gegenwart die Hände gaben, und sich einer ewigen Freundschaft ver-
sicherten.

Mitlerweile, da der dreijährige Termin zu Ende lief, in welchem die dör-
ptischen
dem Czaar den Tribut erlegen solten, und die Russen sich zum Feldzu-
ge rüsteten, war aus Riga und Wenden wenig Trost zu erwarten, weil der
Ordensmeister mit seinem Marggrafen und Herzog, ja selbst mit dem König von
Pohlen beide Hände vol zu thun hatte. Sie musten also allein für ihre Sicher-
heit sorgen, und damit sie die Russen etwas aufhielten, fertigten sie eine Bot-
schaft nach Moscau, die frey Geleite für eine grosse Gesandschaft auswirken sol-
te. Diese Botschafter waren Hr. Jacob Steinweg und Hr. Franz Neu-
städt.
Sie fanden in Rußland alles zum Feldzuge fertig; viel 1000 Schlit-
ten mit Proviant, Kraut, Loth und Geschütz stunden an den Grenzen. Die Post-
höfe, die 4 oder 5 Meilen von einander lagen, waren mit doppelten neuen Herber-
gen und Stallungen für 50 und 100 Pferde versehen, und neue Brücken, eine
viertel Meile lang und 4 Faden breit, geschlagen. Dem ohnerachtet nahm der
Czaar diese Botschaft sehr gütig auf, und fertigte sie nach 7 Wochen mit freiem
Geleite für die neuen Gesandten ab. Elerd Cruse und Claus Francke nah-
men diese Gesandschaft auf sich, hatten aber keine solche Geschenke mit, als die
schwedischen Gesandten, die dem Czaar einen verguldeten Credenztisch mit dem
prächtigsten Aufsatz an Trinkgeschirren verehrten. Die Liefländer fanden die
erste Unterhandlung sehr schwer, weil sie von neuem den schon durch Briefe und
Siegel ausgemachten Zins ableugneten, den ihnen der Czaar aus den alten Creuz-
briefen erwies, und so lange stehen gelassen hatte. Auf ihr Achselzucken lies der
Czaar noch den plettenbergischen Friedensschlus vorzeigen, und schalt sie für
Leute ohne Treue und Redlichkeit. Jhm gehöre für jeden Kopf eine rußische
Mark oder 10 Dennißken. Ob sie denn nicht wüsten, daß seine Vorfahren ihnen
das Land um gewissen Tribut zu bewohnen übergeben. Er sähe wohl, daß man
in Liefland für das Siegel der Gesandten keine Achtung mehr habe, er wolle es
von nun an aus der Hand des Herrn Meisters und Bischofs selbst empfangen,

und

Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1557ſionen des Ordens nach Litthauen, wenn ſein Principal, der Herr Meiſter, ſeine
Gebietiger nicht beſſer ſchuͤtzen koͤnte.

Am 5ten October ward der Erzbiſchof und ſein Coadiutor des Arreſts entle-
diget, und beide hielten in Wolmer, wohin das ganze Land verſchrieben war,
ihren praͤchtigen Einzug mit 300 Pferden, in Begleitung des erzſtiftiſchen Adels
und der Herren Raͤthe. Nach etlichen Tagen kam der Erzbiſchof mit den Herren
Raͤthen auf die Rathsſtube, gruͤſte den Herrn Meiſter, welcher auch den Erzbi-
ſchof freundlich wilkommen hies, worauf ſich beide zum Vertrag die Haͤnde gaben.
Wie der Erzbiſchof nach Riga kam, ſetzte er ſich im Dom nach geendigter Pre-
digt aufs hohe Chor in einen Seſſel. Der Rath zu Riga trat zuerſt hin, und
bat nach einer kurzen Begruͤſſung um Vergeſſenheit des Vergangenen, damit es
der Stadt nicht zur Laſt fiele. Er reichte dem Rathe ſitzend die Hand, und ant-
wortete nur kurz, ſie haͤtten es koͤnnen anders machen, doch ſolle es die gute Stadt
nicht entgelten, wenn ſie ſich nur ferner hin treu erweiſen wuͤrde. Nach Abtre-
tung des Raths naͤherte ſich der Elterman der groſſen Gilde, Jaſper Romberg,
nebſt dem Elterman und Elteſten der kleinen Gilde, wuͤnſchten eine gluͤckliche Zu-
ruͤckkunft und Regierung, baten um Vergeſſung des Geſchehenen und um Fortſetzung
der fuͤrſtlichen Gnade gegen die Stadt. Der Erzbiſchof ſtand hierbey auf, bot
den Elterleuten die Hand, und verſetzte: Lieben Elterleute und Getreuen, wir
nehmen die Entſchuldigung wegen der guten Gemeine in Gnaden an, wir kennen
auch die doppelten Herzen wohl, es ſollen ſich aber dennoch Elterleute und Elteſten mit
der ganzen Gemeine zu uns nichts anders als aller vaͤterlichen Gnade und Guͤte zu
verſehen haben. Hierauf reichte er allen insbeſondre die Hand, und begab ſich
vom Chor nach dem erzbiſchoͤflichen Hofe. Am 12ten Dec. brachen der Erzbiſchof,
der Coadiutor und der Herr Meiſter nach Litthauen auf, wo ſie ſich auch in des
Koͤnigs Gegenwart die Haͤnde gaben, und ſich einer ewigen Freundſchaft ver-
ſicherten.

Mitlerweile, da der dreijaͤhrige Termin zu Ende lief, in welchem die doͤr-
ptiſchen
dem Czaar den Tribut erlegen ſolten, und die Ruſſen ſich zum Feldzu-
ge ruͤſteten, war aus Riga und Wenden wenig Troſt zu erwarten, weil der
Ordensmeiſter mit ſeinem Marggrafen und Herzog, ja ſelbſt mit dem Koͤnig von
Pohlen beide Haͤnde vol zu thun hatte. Sie muſten alſo allein fuͤr ihre Sicher-
heit ſorgen, und damit ſie die Ruſſen etwas aufhielten, fertigten ſie eine Bot-
ſchaft nach Moſcau, die frey Geleite fuͤr eine groſſe Geſandſchaft auswirken ſol-
te. Dieſe Botſchafter waren Hr. Jacob Steinweg und Hr. Franz Neu-
ſtaͤdt.
Sie fanden in Rußland alles zum Feldzuge fertig; viel 1000 Schlit-
ten mit Proviant, Kraut, Loth und Geſchuͤtz ſtunden an den Grenzen. Die Poſt-
hoͤfe, die 4 oder 5 Meilen von einander lagen, waren mit doppelten neuen Herber-
gen und Stallungen fuͤr 50 und 100 Pferde verſehen, und neue Bruͤcken, eine
viertel Meile lang und 4 Faden breit, geſchlagen. Dem ohnerachtet nahm der
Czaar dieſe Botſchaft ſehr guͤtig auf, und fertigte ſie nach 7 Wochen mit freiem
Geleite fuͤr die neuen Geſandten ab. Elerd Cruſe und Claus Francke nah-
men dieſe Geſandſchaft auf ſich, hatten aber keine ſolche Geſchenke mit, als die
ſchwediſchen Geſandten, die dem Czaar einen verguldeten Credenztiſch mit dem
praͤchtigſten Aufſatz an Trinkgeſchirren verehrten. Die Lieflaͤnder fanden die
erſte Unterhandlung ſehr ſchwer, weil ſie von neuem den ſchon durch Briefe und
Siegel ausgemachten Zins ableugneten, den ihnen der Czaar aus den alten Creuz-
briefen erwies, und ſo lange ſtehen gelaſſen hatte. Auf ihr Achſelzucken lies der
Czaar noch den plettenbergiſchen Friedensſchlus vorzeigen, und ſchalt ſie fuͤr
Leute ohne Treue und Redlichkeit. Jhm gehoͤre fuͤr jeden Kopf eine rußiſche
Mark oder 10 Dennißken. Ob ſie denn nicht wuͤſten, daß ſeine Vorfahren ihnen
das Land um gewiſſen Tribut zu bewohnen uͤbergeben. Er ſaͤhe wohl, daß man
in Liefland fuͤr das Siegel der Geſandten keine Achtung mehr habe, er wolle es
von nun an aus der Hand des Herrn Meiſters und Biſchofs ſelbſt empfangen,

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[226/0244] Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter, ſionen des Ordens nach Litthauen, wenn ſein Principal, der Herr Meiſter, ſeine Gebietiger nicht beſſer ſchuͤtzen koͤnte. 1557 Am 5ten October ward der Erzbiſchof und ſein Coadiutor des Arreſts entle- diget, und beide hielten in Wolmer, wohin das ganze Land verſchrieben war, ihren praͤchtigen Einzug mit 300 Pferden, in Begleitung des erzſtiftiſchen Adels und der Herren Raͤthe. Nach etlichen Tagen kam der Erzbiſchof mit den Herren Raͤthen auf die Rathsſtube, gruͤſte den Herrn Meiſter, welcher auch den Erzbi- ſchof freundlich wilkommen hies, worauf ſich beide zum Vertrag die Haͤnde gaben. Wie der Erzbiſchof nach Riga kam, ſetzte er ſich im Dom nach geendigter Pre- digt aufs hohe Chor in einen Seſſel. Der Rath zu Riga trat zuerſt hin, und bat nach einer kurzen Begruͤſſung um Vergeſſenheit des Vergangenen, damit es der Stadt nicht zur Laſt fiele. Er reichte dem Rathe ſitzend die Hand, und ant- wortete nur kurz, ſie haͤtten es koͤnnen anders machen, doch ſolle es die gute Stadt nicht entgelten, wenn ſie ſich nur ferner hin treu erweiſen wuͤrde. Nach Abtre- tung des Raths naͤherte ſich der Elterman der groſſen Gilde, Jaſper Romberg, nebſt dem Elterman und Elteſten der kleinen Gilde, wuͤnſchten eine gluͤckliche Zu- ruͤckkunft und Regierung, baten um Vergeſſung des Geſchehenen und um Fortſetzung der fuͤrſtlichen Gnade gegen die Stadt. Der Erzbiſchof ſtand hierbey auf, bot den Elterleuten die Hand, und verſetzte: Lieben Elterleute und Getreuen, wir nehmen die Entſchuldigung wegen der guten Gemeine in Gnaden an, wir kennen auch die doppelten Herzen wohl, es ſollen ſich aber dennoch Elterleute und Elteſten mit der ganzen Gemeine zu uns nichts anders als aller vaͤterlichen Gnade und Guͤte zu verſehen haben. Hierauf reichte er allen insbeſondre die Hand, und begab ſich vom Chor nach dem erzbiſchoͤflichen Hofe. Am 12ten Dec. brachen der Erzbiſchof, der Coadiutor und der Herr Meiſter nach Litthauen auf, wo ſie ſich auch in des Koͤnigs Gegenwart die Haͤnde gaben, und ſich einer ewigen Freundſchaft ver- ſicherten. Mitlerweile, da der dreijaͤhrige Termin zu Ende lief, in welchem die doͤr- ptiſchen dem Czaar den Tribut erlegen ſolten, und die Ruſſen ſich zum Feldzu- ge ruͤſteten, war aus Riga und Wenden wenig Troſt zu erwarten, weil der Ordensmeiſter mit ſeinem Marggrafen und Herzog, ja ſelbſt mit dem Koͤnig von Pohlen beide Haͤnde vol zu thun hatte. Sie muſten alſo allein fuͤr ihre Sicher- heit ſorgen, und damit ſie die Ruſſen etwas aufhielten, fertigten ſie eine Bot- ſchaft nach Moſcau, die frey Geleite fuͤr eine groſſe Geſandſchaft auswirken ſol- te. Dieſe Botſchafter waren Hr. Jacob Steinweg und Hr. Franz Neu- ſtaͤdt. Sie fanden in Rußland alles zum Feldzuge fertig; viel 1000 Schlit- ten mit Proviant, Kraut, Loth und Geſchuͤtz ſtunden an den Grenzen. Die Poſt- hoͤfe, die 4 oder 5 Meilen von einander lagen, waren mit doppelten neuen Herber- gen und Stallungen fuͤr 50 und 100 Pferde verſehen, und neue Bruͤcken, eine viertel Meile lang und 4 Faden breit, geſchlagen. Dem ohnerachtet nahm der Czaar dieſe Botſchaft ſehr guͤtig auf, und fertigte ſie nach 7 Wochen mit freiem Geleite fuͤr die neuen Geſandten ab. Elerd Cruſe und Claus Francke nah- men dieſe Geſandſchaft auf ſich, hatten aber keine ſolche Geſchenke mit, als die ſchwediſchen Geſandten, die dem Czaar einen verguldeten Credenztiſch mit dem praͤchtigſten Aufſatz an Trinkgeſchirren verehrten. Die Lieflaͤnder fanden die erſte Unterhandlung ſehr ſchwer, weil ſie von neuem den ſchon durch Briefe und Siegel ausgemachten Zins ableugneten, den ihnen der Czaar aus den alten Creuz- briefen erwies, und ſo lange ſtehen gelaſſen hatte. Auf ihr Achſelzucken lies der Czaar noch den plettenbergiſchen Friedensſchlus vorzeigen, und ſchalt ſie fuͤr Leute ohne Treue und Redlichkeit. Jhm gehoͤre fuͤr jeden Kopf eine rußiſche Mark oder 10 Dennißken. Ob ſie denn nicht wuͤſten, daß ſeine Vorfahren ihnen das Land um gewiſſen Tribut zu bewohnen uͤbergeben. Er ſaͤhe wohl, daß man in Liefland fuͤr das Siegel der Geſandten keine Achtung mehr habe, er wolle es von nun an aus der Hand des Herrn Meiſters und Biſchofs ſelbſt empfangen, und

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/244>, abgerufen am 27.04.2024.