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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Leben und Thaten der liefländischen Ordensmeister,
1557schlugen sich der Kaiser, das Reich, und die Herzoge Barnim und Philip von
Stettin und Pommern ins Mittel, und trafen durch ihre Bevolmächtigten
Wetzlaff Michaelowitz von Neuenschloß, Valentin Saurmann zur
Fels, wie auch D. Lorentz Otto und Henning von Wolde zu Lasen am
12ten Julii zu Wolmer einen neuen Vergleich, worin der erstere zum Grunde
geleget, die Kriegeskosten gegen einander aufgehoben, der Herr Meister für un-
schuldig an diesem Kriege erkant, den erzbischöflichen Unterthanen, die sich in
Schutz des Herrn Meisters begeben, Vergebung ertheilet, dem Coadiutor Chri-
stoph
wegen seines minderjährigen Alters zwey Räthe aus dem Capitel und zwey
aus der Ritterschaft des Erzstifts zugeordnet, und alle bestrickte und verbürgte
Personen los gegeben werden. Weil auch hier manches dem König nicht anstand,
zumal da der Herr Meister die Huldigung der Stadt an den Erzbischof noch durch
Processe verzögern, und den Ausgewichenen keine Amnestie zustehen wolte, womit
auf den Landmarschal gedeutet wurde; so lief die Unterhandlung gleichfals frucht-
los ab.

Am 23sten August schickte die Stadt ihre Botschaft nach Neuermühlen,
die mit dem Ordensmeister die nöthige Abrede wegen der Huldigung nahm. Am
24sten kam Fürstenberg selbst nach Riga, und empfieng den Tag darauf den
gewöhnlichen Eid, wogegen er sich der Lehre das Evangelii äusserst anzunehmen,
und die Stadt bey allen alten und neuen Privilegien zu schützen sich anheischig
machte. Er erlaubet zugleich den Ordensbauren, das Jhrige frey und ungehindert
nach der Stadt zu führen, leget den Amtleuten des Ordens die ungewöhnliche
Kaufmanschaft, und bedinget sich aus, beim Schlosse etliche Fischer, Becker, Zim-
merleute, Maurer und Briefträger hinzusetzen, welche doch der Stadt zum Nach-
theil keine Kaufmanschaft treiben solten. Der Landmarschal Christoph von
Neuenhoff genant von der Laye, und der goldingische Comtur Heinrich
Steding
haben sich dabey mit unterschrieben. Mitwochs nach Bartholomäi.

Die pohlnische Armee rückte in Litthauen immer weiter, und stand nur
7 Meilen von Bauske zu Paswal nahe bey Birze in Samogitien. Ge-
gen diese 80000 Man hatten die Liefländer sich nicht gewafnet, sondern über-
liessen dem König die Verbesserung des wolmerschen Friedensschlusses nach sei-
nem eignen Gefallen, der denn auch am 5ten Sept. die berufenen Pacta Possolien-
sia
aufsetzen, und nach deren willigen Annehmung mit dem Orden unterschiedliche
wichtige Sachen in Richtigkeit bringen lies. Der Jnhalt des paswalischen
Vertrags ist folgender: Der Erzbischof erhält die Restitution und halbe Jurisdi-
ction über die Stadt nach dem alten, nebst Meublen, Mütze, Stab, Privile-
gien, Büchern, Canonen, Panzer, Gewehr, Kugeln, Kriegsvorrath und 100
Last Rocken laut des Jnventarii; was daran schadhaft geworden, wird ergänzet.
Weil der Erzbischof den Bedienten des Coadiutors Unterhalt verschaffen müssen,
werden zu Vergütigung desselben überhaupt 50 Last Rocken zugestanden. Die Ein-
künfte des Erzstifts bleiben bis zu weiterm Vergleich in Sequester. Die Unter-
thanen des Erzbischofs thun keinen neuen Eid, weil sie nicht freiwillig sondern ge-
zwungen seine Partey verlassen. Der Coadiutor wird bestätigt, und ist ungezwei-
felter Stuhlfolger, mus sich aber des Verdachts wegen in Preussen oder Meck-
lenburg
bis zum Tode seines Vorfahren aufhalten b).

Den
Curen im Latein und der christlichen Lehre unterrichten, und zum Predigtamt zube-
reiten lassen. Siehe Chyträi Vorrede zur henningischen Chronik.
b) Von diesem paswalischen Vertrag finden sich in den Historien verschiedene Be-
richte. Einige melden, daß Fürstenberg mit 7000 Deutschen, etlichen 1000 Bauren
und 6 Compagnien Ausländern den Pohlen entgegen gerückt sey und sich bey Bauske
in Semgallen gelagert habe. Der König habe von Fürstenbergen verlanget, den
Erzbischof und Coadiutor innerhalb 18 Stunden frey zu schaffen, und habe ihm einen
Sebel zugesandt, mit welchem Schlüssel er die Gefängnisse öfnen wolte. Henning,
der

Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1557ſchlugen ſich der Kaiſer, das Reich, und die Herzoge Barnim und Philip von
Stettin und Pommern ins Mittel, und trafen durch ihre Bevolmaͤchtigten
Wetzlaff Michaelowitz von Neuenſchloß, Valentin Saurmann zur
Fels, wie auch D. Lorentz Otto und Henning von Wolde zu Laſen am
12ten Julii zu Wolmer einen neuen Vergleich, worin der erſtere zum Grunde
geleget, die Kriegeskoſten gegen einander aufgehoben, der Herr Meiſter fuͤr un-
ſchuldig an dieſem Kriege erkant, den erzbiſchoͤflichen Unterthanen, die ſich in
Schutz des Herrn Meiſters begeben, Vergebung ertheilet, dem Coadiutor Chri-
ſtoph
wegen ſeines minderjaͤhrigen Alters zwey Raͤthe aus dem Capitel und zwey
aus der Ritterſchaft des Erzſtifts zugeordnet, und alle beſtrickte und verbuͤrgte
Perſonen los gegeben werden. Weil auch hier manches dem Koͤnig nicht anſtand,
zumal da der Herr Meiſter die Huldigung der Stadt an den Erzbiſchof noch durch
Proceſſe verzoͤgern, und den Ausgewichenen keine Amneſtie zuſtehen wolte, womit
auf den Landmarſchal gedeutet wurde; ſo lief die Unterhandlung gleichfals frucht-
los ab.

Am 23ſten Auguſt ſchickte die Stadt ihre Botſchaft nach Neuermuͤhlen,
die mit dem Ordensmeiſter die noͤthige Abrede wegen der Huldigung nahm. Am
24ſten kam Fuͤrſtenberg ſelbſt nach Riga, und empfieng den Tag darauf den
gewoͤhnlichen Eid, wogegen er ſich der Lehre das Evangelii aͤuſſerſt anzunehmen,
und die Stadt bey allen alten und neuen Privilegien zu ſchuͤtzen ſich anheiſchig
machte. Er erlaubet zugleich den Ordensbauren, das Jhrige frey und ungehindert
nach der Stadt zu fuͤhren, leget den Amtleuten des Ordens die ungewoͤhnliche
Kaufmanſchaft, und bedinget ſich aus, beim Schloſſe etliche Fiſcher, Becker, Zim-
merleute, Maurer und Brieftraͤger hinzuſetzen, welche doch der Stadt zum Nach-
theil keine Kaufmanſchaft treiben ſolten. Der Landmarſchal Chriſtoph von
Neuenhoff genant von der Laye, und der goldingiſche Comtur Heinrich
Steding
haben ſich dabey mit unterſchrieben. Mitwochs nach Bartholomaͤi.

Die pohlniſche Armee ruͤckte in Litthauen immer weiter, und ſtand nur
7 Meilen von Bauske zu Paswal nahe bey Birze in Samogitien. Ge-
gen dieſe 80000 Man hatten die Lieflaͤnder ſich nicht gewafnet, ſondern uͤber-
lieſſen dem Koͤnig die Verbeſſerung des wolmerſchen Friedensſchluſſes nach ſei-
nem eignen Gefallen, der denn auch am 5ten Sept. die berufenen Pacta Poſſolien-
ſia
aufſetzen, und nach deren willigen Annehmung mit dem Orden unterſchiedliche
wichtige Sachen in Richtigkeit bringen lies. Der Jnhalt des paswaliſchen
Vertrags iſt folgender: Der Erzbiſchof erhaͤlt die Reſtitution und halbe Jurisdi-
ction uͤber die Stadt nach dem alten, nebſt Meublen, Muͤtze, Stab, Privile-
gien, Buͤchern, Canonen, Panzer, Gewehr, Kugeln, Kriegsvorrath und 100
Laſt Rocken laut des Jnventarii; was daran ſchadhaft geworden, wird ergaͤnzet.
Weil der Erzbiſchof den Bedienten des Coadiutors Unterhalt verſchaffen muͤſſen,
werden zu Verguͤtigung deſſelben uͤberhaupt 50 Laſt Rocken zugeſtanden. Die Ein-
kuͤnfte des Erzſtifts bleiben bis zu weiterm Vergleich in Sequeſter. Die Unter-
thanen des Erzbiſchofs thun keinen neuen Eid, weil ſie nicht freiwillig ſondern ge-
zwungen ſeine Partey verlaſſen. Der Coadiutor wird beſtaͤtigt, und iſt ungezwei-
felter Stuhlfolger, mus ſich aber des Verdachts wegen in Preuſſen oder Meck-
lenburg
bis zum Tode ſeines Vorfahren aufhalten b).

Den
Curen im Latein und der chriſtlichen Lehre unterrichten, und zum Predigtamt zube-
reiten laſſen. Siehe Chytraͤi Vorrede zur henningiſchen Chronik.
b) Von dieſem paswaliſchen Vertrag finden ſich in den Hiſtorien verſchiedene Be-
richte. Einige melden, daß Fuͤrſtenberg mit 7000 Deutſchen, etlichen 1000 Bauren
und 6 Compagnien Auslaͤndern den Pohlen entgegen geruͤckt ſey und ſich bey Bauske
in Semgallen gelagert habe. Der Koͤnig habe von Fuͤrſtenbergen verlanget, den
Erzbiſchof und Coadiutor innerhalb 18 Stunden frey zu ſchaffen, und habe ihm einen
Sebel zugeſandt, mit welchem Schluͤſſel er die Gefaͤngniſſe oͤfnen wolte. Henning,
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[224/0242] Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter, ſchlugen ſich der Kaiſer, das Reich, und die Herzoge Barnim und Philip von Stettin und Pommern ins Mittel, und trafen durch ihre Bevolmaͤchtigten Wetzlaff Michaelowitz von Neuenſchloß, Valentin Saurmann zur Fels, wie auch D. Lorentz Otto und Henning von Wolde zu Laſen am 12ten Julii zu Wolmer einen neuen Vergleich, worin der erſtere zum Grunde geleget, die Kriegeskoſten gegen einander aufgehoben, der Herr Meiſter fuͤr un- ſchuldig an dieſem Kriege erkant, den erzbiſchoͤflichen Unterthanen, die ſich in Schutz des Herrn Meiſters begeben, Vergebung ertheilet, dem Coadiutor Chri- ſtoph wegen ſeines minderjaͤhrigen Alters zwey Raͤthe aus dem Capitel und zwey aus der Ritterſchaft des Erzſtifts zugeordnet, und alle beſtrickte und verbuͤrgte Perſonen los gegeben werden. Weil auch hier manches dem Koͤnig nicht anſtand, zumal da der Herr Meiſter die Huldigung der Stadt an den Erzbiſchof noch durch Proceſſe verzoͤgern, und den Ausgewichenen keine Amneſtie zuſtehen wolte, womit auf den Landmarſchal gedeutet wurde; ſo lief die Unterhandlung gleichfals frucht- los ab. 1557 Am 23ſten Auguſt ſchickte die Stadt ihre Botſchaft nach Neuermuͤhlen, die mit dem Ordensmeiſter die noͤthige Abrede wegen der Huldigung nahm. Am 24ſten kam Fuͤrſtenberg ſelbſt nach Riga, und empfieng den Tag darauf den gewoͤhnlichen Eid, wogegen er ſich der Lehre das Evangelii aͤuſſerſt anzunehmen, und die Stadt bey allen alten und neuen Privilegien zu ſchuͤtzen ſich anheiſchig machte. Er erlaubet zugleich den Ordensbauren, das Jhrige frey und ungehindert nach der Stadt zu fuͤhren, leget den Amtleuten des Ordens die ungewoͤhnliche Kaufmanſchaft, und bedinget ſich aus, beim Schloſſe etliche Fiſcher, Becker, Zim- merleute, Maurer und Brieftraͤger hinzuſetzen, welche doch der Stadt zum Nach- theil keine Kaufmanſchaft treiben ſolten. Der Landmarſchal Chriſtoph von Neuenhoff genant von der Laye, und der goldingiſche Comtur Heinrich Steding haben ſich dabey mit unterſchrieben. Mitwochs nach Bartholomaͤi. Die pohlniſche Armee ruͤckte in Litthauen immer weiter, und ſtand nur 7 Meilen von Bauske zu Paswal nahe bey Birze in Samogitien. Ge- gen dieſe 80000 Man hatten die Lieflaͤnder ſich nicht gewafnet, ſondern uͤber- lieſſen dem Koͤnig die Verbeſſerung des wolmerſchen Friedensſchluſſes nach ſei- nem eignen Gefallen, der denn auch am 5ten Sept. die berufenen Pacta Poſſolien- ſia aufſetzen, und nach deren willigen Annehmung mit dem Orden unterſchiedliche wichtige Sachen in Richtigkeit bringen lies. Der Jnhalt des paswaliſchen Vertrags iſt folgender: Der Erzbiſchof erhaͤlt die Reſtitution und halbe Jurisdi- ction uͤber die Stadt nach dem alten, nebſt Meublen, Muͤtze, Stab, Privile- gien, Buͤchern, Canonen, Panzer, Gewehr, Kugeln, Kriegsvorrath und 100 Laſt Rocken laut des Jnventarii; was daran ſchadhaft geworden, wird ergaͤnzet. Weil der Erzbiſchof den Bedienten des Coadiutors Unterhalt verſchaffen muͤſſen, werden zu Verguͤtigung deſſelben uͤberhaupt 50 Laſt Rocken zugeſtanden. Die Ein- kuͤnfte des Erzſtifts bleiben bis zu weiterm Vergleich in Sequeſter. Die Unter- thanen des Erzbiſchofs thun keinen neuen Eid, weil ſie nicht freiwillig ſondern ge- zwungen ſeine Partey verlaſſen. Der Coadiutor wird beſtaͤtigt, und iſt ungezwei- felter Stuhlfolger, mus ſich aber des Verdachts wegen in Preuſſen oder Meck- lenburg bis zum Tode ſeines Vorfahren aufhalten b). Den a) b) Von dieſem paswaliſchen Vertrag finden ſich in den Hiſtorien verſchiedene Be- richte. Einige melden, daß Fuͤrſtenberg mit 7000 Deutſchen, etlichen 1000 Bauren und 6 Compagnien Auslaͤndern den Pohlen entgegen geruͤckt ſey und ſich bey Bauske in Semgallen gelagert habe. Der Koͤnig habe von Fuͤrſtenbergen verlanget, den Erzbiſchof und Coadiutor innerhalb 18 Stunden frey zu ſchaffen, und habe ihm einen Sebel zugeſandt, mit welchem Schluͤſſel er die Gefaͤngniſſe oͤfnen wolte. Henning, der a) Curen im Latein und der chriſtlichen Lehre unterrichten, und zum Predigtamt zube- reiten laſſen. Siehe Chytraͤi Vorrede zur henningiſchen Chronik.

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/242>, abgerufen am 23.11.2024.