Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

Bild:
<< vorherige Seite
Leben und Thaten der liefländischen Ordensmeister,
1555

Ein Jahr vor Schliessung dieses Friedens suchte der Ordensmeister durch
eine abgefertigte Gesandschaft den König Gustav den ersten in Schweden
zur Allianz zu bewegen, der auch mit den Russen gebrochen hatte, und von selbi-
gem Feinde in Carelen ziemlich beunruhiget wurde. Nunmehro, da die Schwe-
den
dem Orden ansehnliche Anerbietungen thaten, und von den Liefländern
unterstützt seyn wolten, gab Hinrich von Galen dem jerwischen Vogte,
Berndt von Smerten, Wolthern von Plettenberg und Rembert Wils-
heimen,
beider Rechte Doctorn, als neuen Gesandten die Volmacht, den König
in Schweden dienstfreundlich und nachbarlich zu begrüssen, und den Orden zu
entschuldigen, daß er nicht helfen könne, weil er mit den Russen einen höchstbe-
schwerlichen Frieden eingehen müssen. Er besorge sich eines Krieges, weil nach
3 Jahren kein Zins einkommen werde, und getröste sich der königl. Hülfe. We-
gen des Einfals in Carelen bezeugen sie ihr herzliches Mitleiden, verstatten auch
dem Könige, in Liefland auf eigne Kosten Reuter und Knechte werben zu lassen,
so viel ohne sonderliche Entblössung des Landes möglich sey. Er verspricht seine
Vermittelung, wenn der König mit andern christlichen Potentaten zerfallen solte,
und versichert ihn freundlicher, wahrer, treuer Nachbarschaft. Diese Volmacht
ist unterzeichnet zu Wenden, am Margarethen Abend. Die ganze Handlung
schrieb man sich in Schweden hinters Ohr, und man sahe wohl, daß der Or-
densmeister mehr Lust hatte mit eingebildeten nahen Feinden zu fechten, die auch
am leichtesten zu bezwingen waren. Hierzu gab der Einzug des neuen Coadiutors
Christophs, Herzogs zu Mecklenburg, eine neue Gelegenheit, welcher im
Sommer zu Kokenhausen ankam und am 25sten Nov. in Riga unter grossem
Gepränge des stiftischen Adels einritte.

1556

Jn der Fastenzeit nahm der dünemündische Comtur, Gotth. Kettler, laut
des wendischen Herrentages seinen Weg durch Litthauen, Pohlen, Schle-
sien
und Sachsen auf Lübeck, deutsche Soldaten ins Land zu schaffen. Er
gerieth deshalb zu Brieg und Breßlau in einige Ungelegenheit, half sich aber doch
durch seine Behendigkeit los, er brachte 4 volständige Compagnien d) auf die Bei-
ne, die im Frühjahr von Travemünde aus unter Segel giengen, und in Riga
durch den jerwischen Vogt Bernhard von Smerten gemustert wurden.
Das bevorstehende Unglück hatte einen Cometen zum Vorboten, welcher seine
Stralen wie ein langer Besen von sich streuete. Er gieng mit Anfang des Merz-
monats in dem der Sonne gegenüber stehenden Zeichen der Jungfrau auf, nahe

bey
befindet sich an dem Briefe das Siegel des Czaars, des Herrn Meisters, des Erzbi-
schofs und 4 anderer. Die dörptischen Gesandten drungen stark darauf, daß man
diese leidlichen Bedingungen annehmen solte, weil Dörpt sonst am ersten im Blute zu
baden hätte, worauf die Herrmeisterlichen sich unterschrieben. Jn Liefland nante
man diese Langsamkeit eine Uebereilung, und war mit aller Geduld des Czaars dennoch
nicht zu frieden.
d) Dieser Kern von deutschen Soldaten solten die Erretter von Liefland seyn; sie brach-
ten auch das Schrecken mit sich, aber nur dem Erzbischof. Man zahlete ihnen
einen so ansehnlichen Sold, daß selbst Henning bange ist, es werde der Schatz in Lief-
land
zu ihrer Löhnung nicht zureichen. Fürstenberg bediente sich auch ihrer Tapfer-
keit; er muste aber vor Lais schimpflich mit ihnen abziehen. Nun konten diese Leute
nichts dafür, daß ihrer nicht mehr als 4 oder 5 Compagnien waren, die man zu gros-
sen Unternehmungen bestimt hatte. Doch Neustädt zeigt uns ihren Fehler besser:
"Das Geld, schreibt er, war verbuttert; die Knechte maulten, daß das Geld weg
"war, deswegen zogen sie von einander, und der Winter scheidete sie mit. So gehts
"wenn man die Rosen im Schnee brechen wil; Hansgen kan den liefländischen Win-
"ter mit den durchgeschnittenen Kollern so nicht vertragen, auch war das Bier aus den
"Zapfen leck auf der Tonne." Der König Sigm. Aug. war ein Feind der deutschen
Soldaten. Er warf ihnen vor, daß sie Fürstenbergen in Stich gelassen, und an des-
sen Unglück Schuld wären. Allein die Ursach war, weil der König sie entbehren konte,
indem er kein Geld hatte, und diese Leute 3 bis 4 mal mehr brauchten als seine pohl-
nischen
Knechte.
Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1555

Ein Jahr vor Schlieſſung dieſes Friedens ſuchte der Ordensmeiſter durch
eine abgefertigte Geſandſchaft den Koͤnig Guſtav den erſten in Schweden
zur Allianz zu bewegen, der auch mit den Ruſſen gebrochen hatte, und von ſelbi-
gem Feinde in Carelen ziemlich beunruhiget wurde. Nunmehro, da die Schwe-
den
dem Orden anſehnliche Anerbietungen thaten, und von den Lieflaͤndern
unterſtuͤtzt ſeyn wolten, gab Hinrich von Galen dem jerwiſchen Vogte,
Berndt von Smerten, Wolthern von Plettenberg und Rembert Wils-
heimen,
beider Rechte Doctorn, als neuen Geſandten die Volmacht, den Koͤnig
in Schweden dienſtfreundlich und nachbarlich zu begruͤſſen, und den Orden zu
entſchuldigen, daß er nicht helfen koͤnne, weil er mit den Ruſſen einen hoͤchſtbe-
ſchwerlichen Frieden eingehen muͤſſen. Er beſorge ſich eines Krieges, weil nach
3 Jahren kein Zins einkommen werde, und getroͤſte ſich der koͤnigl. Huͤlfe. We-
gen des Einfals in Carelen bezeugen ſie ihr herzliches Mitleiden, verſtatten auch
dem Koͤnige, in Liefland auf eigne Koſten Reuter und Knechte werben zu laſſen,
ſo viel ohne ſonderliche Entbloͤſſung des Landes moͤglich ſey. Er verſpricht ſeine
Vermittelung, wenn der Koͤnig mit andern chriſtlichen Potentaten zerfallen ſolte,
und verſichert ihn freundlicher, wahrer, treuer Nachbarſchaft. Dieſe Volmacht
iſt unterzeichnet zu Wenden, am Margarethen Abend. Die ganze Handlung
ſchrieb man ſich in Schweden hinters Ohr, und man ſahe wohl, daß der Or-
densmeiſter mehr Luſt hatte mit eingebildeten nahen Feinden zu fechten, die auch
am leichteſten zu bezwingen waren. Hierzu gab der Einzug des neuen Coadiutors
Chriſtophs, Herzogs zu Mecklenburg, eine neue Gelegenheit, welcher im
Sommer zu Kokenhauſen ankam und am 25ſten Nov. in Riga unter groſſem
Gepraͤnge des ſtiftiſchen Adels einritte.

1556

Jn der Faſtenzeit nahm der duͤnemuͤndiſche Comtur, Gotth. Kettler, laut
des wendiſchen Herrentages ſeinen Weg durch Litthauen, Pohlen, Schle-
ſien
und Sachſen auf Luͤbeck, deutſche Soldaten ins Land zu ſchaffen. Er
gerieth deshalb zu Brieg und Breßlau in einige Ungelegenheit, half ſich aber doch
durch ſeine Behendigkeit los, er brachte 4 volſtaͤndige Compagnien d) auf die Bei-
ne, die im Fruͤhjahr von Travemuͤnde aus unter Segel giengen, und in Riga
durch den jerwiſchen Vogt Bernhard von Smerten gemuſtert wurden.
Das bevorſtehende Ungluͤck hatte einen Cometen zum Vorboten, welcher ſeine
Stralen wie ein langer Beſen von ſich ſtreuete. Er gieng mit Anfang des Merz-
monats in dem der Sonne gegenuͤber ſtehenden Zeichen der Jungfrau auf, nahe

bey
befindet ſich an dem Briefe das Siegel des Czaars, des Herrn Meiſters, des Erzbi-
ſchofs und 4 anderer. Die doͤrptiſchen Geſandten drungen ſtark darauf, daß man
dieſe leidlichen Bedingungen annehmen ſolte, weil Doͤrpt ſonſt am erſten im Blute zu
baden haͤtte, worauf die Herrmeiſterlichen ſich unterſchrieben. Jn Liefland nante
man dieſe Langſamkeit eine Uebereilung, und war mit aller Geduld des Czaars dennoch
nicht zu frieden.
d) Dieſer Kern von deutſchen Soldaten ſolten die Erretter von Liefland ſeyn; ſie brach-
ten auch das Schrecken mit ſich, aber nur dem Erzbiſchof. Man zahlete ihnen
einen ſo anſehnlichen Sold, daß ſelbſt Henning bange iſt, es werde der Schatz in Lief-
land
zu ihrer Loͤhnung nicht zureichen. Fuͤrſtenberg bediente ſich auch ihrer Tapfer-
keit; er muſte aber vor Lais ſchimpflich mit ihnen abziehen. Nun konten dieſe Leute
nichts dafuͤr, daß ihrer nicht mehr als 4 oder 5 Compagnien waren, die man zu groſ-
ſen Unternehmungen beſtimt hatte. Doch Neuſtaͤdt zeigt uns ihren Fehler beſſer:
„Das Geld, ſchreibt er, war verbuttert; die Knechte maulten, daß das Geld weg
„war, deswegen zogen ſie von einander, und der Winter ſcheidete ſie mit. So gehts
„wenn man die Roſen im Schnee brechen wil; Hansgen kan den lieflaͤndiſchen Win-
„ter mit den durchgeſchnittenen Kollern ſo nicht vertragen, auch war das Bier aus den
„Zapfen leck auf der Tonne.‟ Der Koͤnig Sigm. Aug. war ein Feind der deutſchen
Soldaten. Er warf ihnen vor, daß ſie Fuͤrſtenbergen in Stich gelaſſen, und an deſ-
ſen Ungluͤck Schuld waͤren. Allein die Urſach war, weil der Koͤnig ſie entbehren konte,
indem er kein Geld hatte, und dieſe Leute 3 bis 4 mal mehr brauchten als ſeine pohl-
niſchen
Knechte.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0236" n="218"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Leben und Thaten der liefla&#x0364;ndi&#x017F;chen Ordensmei&#x017F;ter,</hi> </fw><lb/>
        <note place="left">1555</note>
        <p>Ein Jahr vor Schlie&#x017F;&#x017F;ung die&#x017F;es Friedens &#x017F;uchte der Ordensmei&#x017F;ter durch<lb/>
eine abgefertigte Ge&#x017F;and&#x017F;chaft den Ko&#x0364;nig <hi rendition="#fr">Gu&#x017F;tav</hi> den er&#x017F;ten in <hi rendition="#fr">Schweden</hi><lb/>
zur Allianz zu bewegen, der auch mit den <hi rendition="#fr">Ru&#x017F;&#x017F;en</hi> gebrochen hatte, und von &#x017F;elbi-<lb/>
gem Feinde in <hi rendition="#fr">Carelen</hi> ziemlich beunruhiget wurde. Nunmehro, da die <hi rendition="#fr">Schwe-<lb/>
den</hi> dem Orden an&#x017F;ehnliche Anerbietungen thaten, und von den <hi rendition="#fr">Liefla&#x0364;ndern</hi><lb/>
unter&#x017F;tu&#x0364;tzt &#x017F;eyn wolten, gab <hi rendition="#fr">Hinrich</hi> von <hi rendition="#fr">Galen</hi> dem <hi rendition="#fr">jerwi&#x017F;chen</hi> Vogte,<lb/><hi rendition="#fr">Berndt</hi> von <hi rendition="#fr">Smerten, Wolthern</hi> von <hi rendition="#fr">Plettenberg</hi> und <hi rendition="#fr">Rembert Wils-<lb/>
heimen,</hi> beider Rechte Doctorn, als neuen Ge&#x017F;andten die Volmacht, den Ko&#x0364;nig<lb/>
in <hi rendition="#fr">Schweden</hi> dien&#x017F;tfreundlich und nachbarlich zu begru&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, und den Orden zu<lb/>
ent&#x017F;chuldigen, daß er nicht helfen ko&#x0364;nne, weil er mit den <hi rendition="#fr">Ru&#x017F;&#x017F;en</hi> einen ho&#x0364;ch&#x017F;tbe-<lb/>
&#x017F;chwerlichen Frieden eingehen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Er be&#x017F;orge &#x017F;ich eines Krieges, weil nach<lb/>
3 Jahren kein Zins einkommen werde, und getro&#x0364;&#x017F;te &#x017F;ich der ko&#x0364;nigl. Hu&#x0364;lfe. We-<lb/>
gen des Einfals in <hi rendition="#fr">Carelen</hi> bezeugen &#x017F;ie ihr herzliches Mitleiden, ver&#x017F;tatten auch<lb/>
dem Ko&#x0364;nige, in <hi rendition="#fr">Liefland</hi> auf eigne Ko&#x017F;ten Reuter und Knechte werben zu la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
&#x017F;o viel ohne &#x017F;onderliche Entblo&#x0364;&#x017F;&#x017F;ung des Landes mo&#x0364;glich &#x017F;ey. Er ver&#x017F;pricht &#x017F;eine<lb/>
Vermittelung, wenn der Ko&#x0364;nig mit andern chri&#x017F;tlichen Potentaten zerfallen &#x017F;olte,<lb/>
und ver&#x017F;ichert ihn freundlicher, wahrer, treuer Nachbar&#x017F;chaft. Die&#x017F;e Volmacht<lb/>
i&#x017F;t unterzeichnet zu <hi rendition="#fr">Wenden,</hi> am <hi rendition="#fr">Margarethen</hi> Abend. Die ganze Handlung<lb/>
&#x017F;chrieb man &#x017F;ich in <hi rendition="#fr">Schweden</hi> hinters Ohr, und man &#x017F;ahe wohl, daß der Or-<lb/>
densmei&#x017F;ter mehr Lu&#x017F;t hatte mit eingebildeten nahen Feinden zu fechten, die auch<lb/>
am leichte&#x017F;ten zu bezwingen waren. Hierzu gab der Einzug des neuen Coadiutors<lb/><hi rendition="#fr">Chri&#x017F;tophs,</hi> Herzogs zu <hi rendition="#fr">Mecklenburg,</hi> eine neue Gelegenheit, welcher im<lb/>
Sommer zu <hi rendition="#fr">Kokenhau&#x017F;en</hi> ankam und am 25&#x017F;ten Nov. in <hi rendition="#fr">Riga</hi> unter gro&#x017F;&#x017F;em<lb/>
Gepra&#x0364;nge des &#x017F;tifti&#x017F;chen Adels einritte.</p><lb/>
        <note place="left">1556</note>
        <p>Jn der Fa&#x017F;tenzeit nahm der <hi rendition="#fr">du&#x0364;nemu&#x0364;ndi&#x017F;che</hi> Comtur, <hi rendition="#fr">Gotth. Kettler,</hi> laut<lb/>
des <hi rendition="#fr">wendi&#x017F;chen</hi> Herrentages &#x017F;einen Weg durch <hi rendition="#fr">Litthauen, Pohlen, Schle-<lb/>
&#x017F;ien</hi> und <hi rendition="#fr">Sach&#x017F;en</hi> auf <hi rendition="#fr">Lu&#x0364;beck, deut&#x017F;che</hi> Soldaten ins Land zu &#x017F;chaffen. Er<lb/>
gerieth deshalb zu <hi rendition="#fr">Brieg</hi> und <hi rendition="#fr">Breßlau</hi> in einige Ungelegenheit, half &#x017F;ich aber doch<lb/>
durch &#x017F;eine Behendigkeit los, er brachte 4 vol&#x017F;ta&#x0364;ndige Compagnien <note place="foot" n="d)">Die&#x017F;er Kern von <hi rendition="#fr">deut&#x017F;chen</hi> Soldaten &#x017F;olten die Erretter von <hi rendition="#fr">Liefland</hi> &#x017F;eyn; &#x017F;ie brach-<lb/>
ten auch das Schrecken mit &#x017F;ich, aber nur dem Erzbi&#x017F;chof. Man zahlete ihnen<lb/>
einen &#x017F;o an&#x017F;ehnlichen Sold, daß &#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#fr">Henning</hi> bange i&#x017F;t, es werde der Schatz in <hi rendition="#fr">Lief-<lb/>
land</hi> zu ihrer Lo&#x0364;hnung nicht zureichen. <hi rendition="#fr">Fu&#x0364;r&#x017F;tenberg</hi> bediente &#x017F;ich auch ihrer Tapfer-<lb/>
keit; er mu&#x017F;te aber vor <hi rendition="#fr">Lais</hi> &#x017F;chimpflich mit ihnen abziehen. Nun konten die&#x017F;e Leute<lb/>
nichts dafu&#x0364;r, daß ihrer nicht mehr als 4 oder 5 Compagnien waren, die man zu gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Unternehmungen be&#x017F;timt hatte. Doch <hi rendition="#fr">Neu&#x017F;ta&#x0364;dt</hi> zeigt uns ihren Fehler be&#x017F;&#x017F;er:<lb/>
&#x201E;Das Geld, &#x017F;chreibt er, war verbuttert; die Knechte maulten, daß das Geld weg<lb/>
&#x201E;war, deswegen zogen &#x017F;ie von einander, und der Winter &#x017F;cheidete &#x017F;ie mit. So gehts<lb/>
&#x201E;wenn man die Ro&#x017F;en im Schnee brechen wil; Hansgen kan den <hi rendition="#fr">liefla&#x0364;ndi&#x017F;chen</hi> Win-<lb/>
&#x201E;ter mit den durchge&#x017F;chnittenen Kollern &#x017F;o nicht vertragen, auch war das Bier aus den<lb/>
&#x201E;Zapfen leck auf der Tonne.&#x201F; Der Ko&#x0364;nig <hi rendition="#fr">Sigm. Aug.</hi> war ein Feind der <hi rendition="#fr">deut&#x017F;chen</hi><lb/>
Soldaten. Er warf ihnen vor, daß &#x017F;ie <hi rendition="#fr">Fu&#x0364;r&#x017F;tenbergen</hi> in Stich gela&#x017F;&#x017F;en, und an de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Unglu&#x0364;ck Schuld wa&#x0364;ren. Allein die Ur&#x017F;ach war, weil der Ko&#x0364;nig &#x017F;ie entbehren konte,<lb/>
indem er kein Geld hatte, und die&#x017F;e Leute 3 bis 4 mal mehr brauchten als &#x017F;eine <hi rendition="#fr">pohl-<lb/>
ni&#x017F;chen</hi> Knechte.</note> auf die Bei-<lb/>
ne, die im Fru&#x0364;hjahr von <hi rendition="#fr">Travemu&#x0364;nde</hi> aus unter Segel giengen, und in <hi rendition="#fr">Riga</hi><lb/>
durch den <hi rendition="#fr">jerwi&#x017F;chen</hi> Vogt <hi rendition="#fr">Bernhard</hi> von <hi rendition="#fr">Smerten</hi> gemu&#x017F;tert wurden.<lb/>
Das bevor&#x017F;tehende Unglu&#x0364;ck hatte einen Cometen zum Vorboten, welcher &#x017F;eine<lb/>
Stralen wie ein langer Be&#x017F;en von &#x017F;ich &#x017F;treuete. Er gieng mit Anfang des Merz-<lb/>
monats in dem der Sonne gegenu&#x0364;ber &#x017F;tehenden Zeichen der Jungfrau auf, nahe<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">bey</fw><lb/><note xml:id="i10" prev="#i09" place="foot" n="c)">befindet &#x017F;ich an dem Briefe das Siegel des Czaars, des Herrn Mei&#x017F;ters, des Erzbi-<lb/>
&#x017F;chofs und 4 anderer. Die <hi rendition="#fr">do&#x0364;rpti&#x017F;chen</hi> Ge&#x017F;andten drungen &#x017F;tark darauf, daß man<lb/>
die&#x017F;e leidlichen Bedingungen annehmen &#x017F;olte, weil <hi rendition="#fr">Do&#x0364;rpt</hi> &#x017F;on&#x017F;t am er&#x017F;ten im Blute zu<lb/>
baden ha&#x0364;tte, worauf die Herrmei&#x017F;terlichen &#x017F;ich unter&#x017F;chrieben. Jn <hi rendition="#fr">Liefland</hi> nante<lb/>
man die&#x017F;e Lang&#x017F;amkeit eine Uebereilung, und war mit aller Geduld des Czaars dennoch<lb/>
nicht zu frieden.</note><lb/><lb/>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[218/0236] Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter, Ein Jahr vor Schlieſſung dieſes Friedens ſuchte der Ordensmeiſter durch eine abgefertigte Geſandſchaft den Koͤnig Guſtav den erſten in Schweden zur Allianz zu bewegen, der auch mit den Ruſſen gebrochen hatte, und von ſelbi- gem Feinde in Carelen ziemlich beunruhiget wurde. Nunmehro, da die Schwe- den dem Orden anſehnliche Anerbietungen thaten, und von den Lieflaͤndern unterſtuͤtzt ſeyn wolten, gab Hinrich von Galen dem jerwiſchen Vogte, Berndt von Smerten, Wolthern von Plettenberg und Rembert Wils- heimen, beider Rechte Doctorn, als neuen Geſandten die Volmacht, den Koͤnig in Schweden dienſtfreundlich und nachbarlich zu begruͤſſen, und den Orden zu entſchuldigen, daß er nicht helfen koͤnne, weil er mit den Ruſſen einen hoͤchſtbe- ſchwerlichen Frieden eingehen muͤſſen. Er beſorge ſich eines Krieges, weil nach 3 Jahren kein Zins einkommen werde, und getroͤſte ſich der koͤnigl. Huͤlfe. We- gen des Einfals in Carelen bezeugen ſie ihr herzliches Mitleiden, verſtatten auch dem Koͤnige, in Liefland auf eigne Koſten Reuter und Knechte werben zu laſſen, ſo viel ohne ſonderliche Entbloͤſſung des Landes moͤglich ſey. Er verſpricht ſeine Vermittelung, wenn der Koͤnig mit andern chriſtlichen Potentaten zerfallen ſolte, und verſichert ihn freundlicher, wahrer, treuer Nachbarſchaft. Dieſe Volmacht iſt unterzeichnet zu Wenden, am Margarethen Abend. Die ganze Handlung ſchrieb man ſich in Schweden hinters Ohr, und man ſahe wohl, daß der Or- densmeiſter mehr Luſt hatte mit eingebildeten nahen Feinden zu fechten, die auch am leichteſten zu bezwingen waren. Hierzu gab der Einzug des neuen Coadiutors Chriſtophs, Herzogs zu Mecklenburg, eine neue Gelegenheit, welcher im Sommer zu Kokenhauſen ankam und am 25ſten Nov. in Riga unter groſſem Gepraͤnge des ſtiftiſchen Adels einritte. Jn der Faſtenzeit nahm der duͤnemuͤndiſche Comtur, Gotth. Kettler, laut des wendiſchen Herrentages ſeinen Weg durch Litthauen, Pohlen, Schle- ſien und Sachſen auf Luͤbeck, deutſche Soldaten ins Land zu ſchaffen. Er gerieth deshalb zu Brieg und Breßlau in einige Ungelegenheit, half ſich aber doch durch ſeine Behendigkeit los, er brachte 4 volſtaͤndige Compagnien d) auf die Bei- ne, die im Fruͤhjahr von Travemuͤnde aus unter Segel giengen, und in Riga durch den jerwiſchen Vogt Bernhard von Smerten gemuſtert wurden. Das bevorſtehende Ungluͤck hatte einen Cometen zum Vorboten, welcher ſeine Stralen wie ein langer Beſen von ſich ſtreuete. Er gieng mit Anfang des Merz- monats in dem der Sonne gegenuͤber ſtehenden Zeichen der Jungfrau auf, nahe bey c) d) Dieſer Kern von deutſchen Soldaten ſolten die Erretter von Liefland ſeyn; ſie brach- ten auch das Schrecken mit ſich, aber nur dem Erzbiſchof. Man zahlete ihnen einen ſo anſehnlichen Sold, daß ſelbſt Henning bange iſt, es werde der Schatz in Lief- land zu ihrer Loͤhnung nicht zureichen. Fuͤrſtenberg bediente ſich auch ihrer Tapfer- keit; er muſte aber vor Lais ſchimpflich mit ihnen abziehen. Nun konten dieſe Leute nichts dafuͤr, daß ihrer nicht mehr als 4 oder 5 Compagnien waren, die man zu groſ- ſen Unternehmungen beſtimt hatte. Doch Neuſtaͤdt zeigt uns ihren Fehler beſſer: „Das Geld, ſchreibt er, war verbuttert; die Knechte maulten, daß das Geld weg „war, deswegen zogen ſie von einander, und der Winter ſcheidete ſie mit. So gehts „wenn man die Roſen im Schnee brechen wil; Hansgen kan den lieflaͤndiſchen Win- „ter mit den durchgeſchnittenen Kollern ſo nicht vertragen, auch war das Bier aus den „Zapfen leck auf der Tonne.‟ Der Koͤnig Sigm. Aug. war ein Feind der deutſchen Soldaten. Er warf ihnen vor, daß ſie Fuͤrſtenbergen in Stich gelaſſen, und an deſ- ſen Ungluͤck Schuld waͤren. Allein die Urſach war, weil der Koͤnig ſie entbehren konte, indem er kein Geld hatte, und dieſe Leute 3 bis 4 mal mehr brauchten als ſeine pohl- niſchen Knechte. c) befindet ſich an dem Briefe das Siegel des Czaars, des Herrn Meiſters, des Erzbi- ſchofs und 4 anderer. Die doͤrptiſchen Geſandten drungen ſtark darauf, daß man dieſe leidlichen Bedingungen annehmen ſolte, weil Doͤrpt ſonſt am erſten im Blute zu baden haͤtte, worauf die Herrmeiſterlichen ſich unterſchrieben. Jn Liefland nante man dieſe Langſamkeit eine Uebereilung, und war mit aller Geduld des Czaars dennoch nicht zu frieden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/236
Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/236>, abgerufen am 28.04.2024.