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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Erzb. Blankenfeld. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenberg.
Sturmglocken, jeder lief ins Gewehr, sie fanden aber den Befelshaber nicht zu1525
Hause, weil er sich auf die bischöfliche Residenz versteckt hatte. Der Pöbel brach
mit desto grösserer Furie in die Kirche ein; und da gieng es über die armen Bilder
her. Nach deren Zerstümmelung gab man in den Häusern der Domherren alle
Eswaaren preis. Zuletzt ward dieser Lerm mit den Domherren in so weit vergli-
chen, daß diese in ihrer Kirche den Gottesdienst ungestört verrichten solten. Der
Rath gab an seinem Theil scharfen Befehl, daß kein Bürger bey Strafe 10 Mark
in der Domkirche Messe oder Predigt hören durfte, welches auch 30 Jahr hinter-
einander genau beobachtet worden. Man schonte auch des Nonnenklosters auf
dem Dome, in Betrachtung, daß viele Standespersonen des Landes in selbiges
aufgenommen seyn.

Freytags vor Johannis zog man den gefangenen Erzbischof Blanken-1526
feld aus seiner gefänglichen Haft zur Verantwortung auf dem Landtag zu Wol-
mer,
alwo er nunmehr aus einem gelindern Thon redete, auch verschiedene Be-
dingungen eingieng, die er aber nachher wieder umgestossen. Er lies auch eine
Protestation nach, that aber in eigener Person eine Reise zu dem Kaiser Carl
den Vten nach Madrit. Allein als er nur noch vier Meilen von Placenz, oder
2 Tagereisen von Madrit war, ward er von der Ruhr befallen, und muste den
9ten Novemb. sterben q). Der Kaiser beklagte seinen Tod, daß ein so vornehmer
Prälat nach der langwierigen höchst beschwerlichen Reise ihn nicht sprechen sollen.
Doch lies er sich dessen bey sich habende Briefschaften vorlegen, in welchen das Ka-
pitel zu Riga den cölnischen Dompropst, Herzog Georgen von Braun-
schweig
und Lüneburg zum Postulaten, und den kaiserlichen Vicekanzler, Balzer
Waldkirchen
zum dörptischen Bischof vorgeschlagen hatte. Kaiser Carl1527
schickte seinen Gevolmächtigten nach Liefland, die Unruhe beizulegen, die Lief-
länder
in Religionssachen aufs algemeine Concilium zu vertrösten und den Her-
zog Georg nachdrücklich zu empfelen, dabey er alles verwarf, was der Erzbischof
zu Wolmer gezwungener Weise versprechen müssen. Allein in Liefland litten
es weder des Ordens noch der Stadt Vortheil, Geistliche anzunehmen, deren
Verwandschaft so hoch und so mächtig war; und von des Kaisers gnädigem Regi-
mente stund zu glauben, daß er in Gewissenssachen dem Lande keinen Zwang an-
thun werde. Man schritte also den 8ten Sept. zur neuen Wahl, und nahm des
gewesenen rigischen Bürgermeisters und Erzvogts Johan Schönings Sohn,

Tho-
q) Blanckenfelds wirkliches Regiment bis zu seiner Gefangenschaft wird auf 2 Jahr
3 Monat und 4 Tage angegeben. Chyträus und aus selbigem Herr Kelch nennen
den Ort Polocz in Litthauen, wo dieser Erzbischof gestorben. Diesen Umweg mü-
ste der Erzbischof genommen haben um den Auflaurungen des Ordens auszuweichen.
Doch ist es warscheinlicher, daß er im Junius zu Wasser abgegangen. Strubicz
macht ihn zum Dännemärker und gar zum Deputirten des Ordens, als ob er in des-
sen Geschäften nach Placenz eine Reise zum Kaiser antreten müssen, da er doch über
seine Gefangennehmung sich beklagen wolte. Es ist allerdings viel, daß ein Reichs-
stand dem andern, und noch dazu von höherm Caracter, so schnöde begegnen dürfen*).
*) Die Erz- und Bischöfe von Liefland und der Herrmeister hatten als Reichsfürsten Sitz und Stim-
me auf den Reichstägen, wie davon viele deutsche Processe zeugen. Die Entfernung des Landes
hinderte mehrentheils ihre persönliche Gegenwart. Auf dem Reichstag zu Speier 1529 er chien
D. Matthias Unverfordt, im Namen aller geistlichen Prälaten von Liefland. Auf dem zu
Augspurg 1530 handelte in selbiger Namen der erzbischofliche Secretair Antonius Morgen-
stern;
im Namen des Herrn Meisters der revelsche Hauscomtur Didr. von Palen, genant
Fleck, und der Kanzler Frid. Schneberg. Auf dem zu Worms 1545 setzte der Bischof von
Curland den hildesheimischen Bischof Valentin zum Gevolmächtigten wegen seiner Stifte Cur-
land
und Oesel, dem Heinrich von Münchhausen und Mattbias Wicke zugegeben wurden.
Auf dem zu Augspurg 1548 tractirte in Namen des Herrmeisters Philip von Brüggen und
der Secretair Matthias Uhrader, der Erzbischof von Bremen aber besorgte die Angelegenhei-
ten des Stifts Curland. Dieses Stifts Unterhändler war auf dem Reichstage zu Augspurg
1555 Doctor Leopold Dick. Der rigische Hauscomtur Georg Sieburg zu Wischling besorg-
te auf selbigem die Angelegenheiten des Ordens, welches Amt er auch 1557 führte, und den Se-
cretair Michel Brachner zum Beistand hatte.
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Erzb. Blankenfeld. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenberg.
Sturmglocken, jeder lief ins Gewehr, ſie fanden aber den Befelshaber nicht zu1525
Hauſe, weil er ſich auf die biſchoͤfliche Reſidenz verſteckt hatte. Der Poͤbel brach
mit deſto groͤſſerer Furie in die Kirche ein; und da gieng es uͤber die armen Bilder
her. Nach deren Zerſtuͤmmelung gab man in den Haͤuſern der Domherren alle
Eswaaren preis. Zuletzt ward dieſer Lerm mit den Domherren in ſo weit vergli-
chen, daß dieſe in ihrer Kirche den Gottesdienſt ungeſtoͤrt verrichten ſolten. Der
Rath gab an ſeinem Theil ſcharfen Befehl, daß kein Buͤrger bey Strafe 10 Mark
in der Domkirche Meſſe oder Predigt hoͤren durfte, welches auch 30 Jahr hinter-
einander genau beobachtet worden. Man ſchonte auch des Nonnenkloſters auf
dem Dome, in Betrachtung, daß viele Standesperſonen des Landes in ſelbiges
aufgenommen ſeyn.

Freytags vor Johannis zog man den gefangenen Erzbiſchof Blanken-1526
feld aus ſeiner gefaͤnglichen Haft zur Verantwortung auf dem Landtag zu Wol-
mer,
alwo er nunmehr aus einem gelindern Thon redete, auch verſchiedene Be-
dingungen eingieng, die er aber nachher wieder umgeſtoſſen. Er lies auch eine
Proteſtation nach, that aber in eigener Perſon eine Reiſe zu dem Kaiſer Carl
den Vten nach Madrit. Allein als er nur noch vier Meilen von Placenz, oder
2 Tagereiſen von Madrit war, ward er von der Ruhr befallen, und muſte den
9ten Novemb. ſterben q). Der Kaiſer beklagte ſeinen Tod, daß ein ſo vornehmer
Praͤlat nach der langwierigen hoͤchſt beſchwerlichen Reiſe ihn nicht ſprechen ſollen.
Doch lies er ſich deſſen bey ſich habende Briefſchaften vorlegen, in welchen das Ka-
pitel zu Riga den coͤlniſchen Dompropſt, Herzog Georgen von Braun-
ſchweig
und Luͤneburg zum Poſtulaten, und den kaiſerlichen Vicekanzler, Balzer
Waldkirchen
zum doͤrptiſchen Biſchof vorgeſchlagen hatte. Kaiſer Carl1527
ſchickte ſeinen Gevolmaͤchtigten nach Liefland, die Unruhe beizulegen, die Lief-
laͤnder
in Religionsſachen aufs algemeine Concilium zu vertroͤſten und den Her-
zog Georg nachdruͤcklich zu empfelen, dabey er alles verwarf, was der Erzbiſchof
zu Wolmer gezwungener Weiſe verſprechen muͤſſen. Allein in Liefland litten
es weder des Ordens noch der Stadt Vortheil, Geiſtliche anzunehmen, deren
Verwandſchaft ſo hoch und ſo maͤchtig war; und von des Kaiſers gnaͤdigem Regi-
mente ſtund zu glauben, daß er in Gewiſſensſachen dem Lande keinen Zwang an-
thun werde. Man ſchritte alſo den 8ten Sept. zur neuen Wahl, und nahm des
geweſenen rigiſchen Buͤrgermeiſters und Erzvogts Johan Schoͤnings Sohn,

Tho-
q) Blanckenfelds wirkliches Regiment bis zu ſeiner Gefangenſchaft wird auf 2 Jahr
3 Monat und 4 Tage angegeben. Chytraͤus und aus ſelbigem Herr Kelch nennen
den Ort Polocz in Litthauen, wo dieſer Erzbiſchof geſtorben. Dieſen Umweg muͤ-
ſte der Erzbiſchof genommen haben um den Auflaurungen des Ordens auszuweichen.
Doch iſt es warſcheinlicher, daß er im Junius zu Waſſer abgegangen. Strubicz
macht ihn zum Daͤnnemaͤrker und gar zum Deputirten des Ordens, als ob er in deſ-
ſen Geſchaͤften nach Placenz eine Reiſe zum Kaiſer antreten muͤſſen, da er doch uͤber
ſeine Gefangennehmung ſich beklagen wolte. Es iſt allerdings viel, daß ein Reichs-
ſtand dem andern, und noch dazu von hoͤherm Caracter, ſo ſchnoͤde begegnen duͤrfen*).
*) Die Erz- und Biſchoͤfe von Liefland und der Herrmeiſter hatten als Reichsfuͤrſten Sitz und Stim-
me auf den Reichstaͤgen, wie davon viele deutſche Proceſſe zeugen. Die Entfernung des Landes
hinderte mehrentheils ihre perſoͤnliche Gegenwart. Auf dem Reichstag zu Speier 1529 er chien
D. Matthias Unverfordt, im Namen aller geiſtlichen Praͤlaten von Liefland. Auf dem zu
Augſpurg 1530 handelte in ſelbiger Namen der erzbiſchofliche Secretair Antonius Morgen-
ſtern;
im Namen des Herrn Meiſters der revelſche Hauscomtur Didr. von Palen, genant
Fleck, und der Kanzler Frid. Schneberg. Auf dem zu Worms 1545 ſetzte der Biſchof von
Curland den hildesheimiſchen Biſchof Valentin zum Gevolmaͤchtigten wegen ſeiner Stifte Cur-
land
und Oeſel, dem Heinrich von Muͤnchhauſen und Mattbias Wicke zugegeben wurden.
Auf dem zu Augſpurg 1548 tractirte in Namen des Herrmeiſters Philip von Bruͤggen und
der Secretair Matthias Uhrader, der Erzbiſchof von Bremen aber beſorgte die Angelegenhei-
ten des Stifts Curland. Dieſes Stifts Unterhaͤndler war auf dem Reichstage zu Augſpurg
1555 Doctor Leopold Dick. Der rigiſche Hauscomtur Georg Sieburg zu Wiſchling beſorg-
te auf ſelbigem die Angelegenheiten des Ordens, welches Amt er auch 1557 fuͤhrte, und den Se-
cretair Michel Brachner zum Beiſtand hatte.
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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/213>, abgerufen am 23.11.2024.