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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Erzb. Blankenfeld. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenberg.
huldigen müssen. Sie erkennete den Ordensmeister für ihren rechten natürlichen1525
und einigen Landesherrn, dem sie allein schwören wolten. Dagegen versichert
Plettenberg mit den bündigsten Ausdrücken, die Stadt bey der Lehre neues und
altes Testaments zu schützen, ihre Privilegien von neuem zu bestätigen, nnd sie
bey des Cardinal Bischofs von Modena, Wilhelms, Grenzeinrichtungen ge-
gen alle Ansprüche zu schützen. Er erlies ihr nicht nur den kirchholmischen
Vertrag, sondern übergab auch der Stadt die Güter Titiger. Sontags nach
Bartholomäi, unter 36 Siegeln. Hierdurch erhielt die Stadt alle zwischen dem
Kapitel und ihr streitige Güter, und sahe es für ihren geistlichen und zeitlichen
Vortheil an, sich allein an den Herrnmeister zu halten. Er bestätigte es auch zu
Riga, am Tage Matthäi des Apostels.

Dörpt hatte in diesem Jahr das Unglück, bey dem Segen des Evangelii
durch einen Schwärmer verführet zu werden, der mit erstaunlicher Verwegenheit
die gefährlichsten Händel unternahm und der Sache GOttes viele Lästerungen zu-
zog. Dieser war ein schwäbischer Kürschner, der aus Wittenberg kam. Er
hies Melchior Hofmann p), und nante sich nur den armen Laienpelzer, hin-

ter
p) Daß dieser Kürschner nicht aus Lutheri Schule gewesen, erweisen seine Thaten, und
Luthers Warnung für diesem Geiste des Aufruhrs. Er kam aus Liefland nach
Magdeburg und von da nach Holstein, und wurde vom König Fridrich zum
Hauptprediger in Dännemark berufen. Luther schrieb aber an Wilhelm Pra-
west,
Pfarrherrn zu Kiel, sie möchten sich vor dem Schwärmer in Acht nehmen. Er
gab besondere Einsichten in die Offenbarung Johannis vor, und pflegte selbige mit vie-
len Misdeutungen zu erklären. Die dörptischen Händel dieses Hofmans erzehlet
Bredenbach aus des damaligen Dompredigers D. Philip Olmens Munde, welcher
Pastor zu Ressen geworden. Die Jahrzahl 1527, welche Bredenbach zu dieser
dörptischen Schwärmerey setzt, will sich mit der Geschichte dieses seltsamen Mannes
nicht wol reimen. Es erhellet auch aus Tegetmeiers Bericht, daß er wenigstens
seit 1525 schon in Liefland geschwärmet habe. Wir haben von ihm eine 1526 in 4 ge-
druckte Auslegung von 14 Bogen über das 12 Kap. Daniels und über das Evangelium
am andern Sontage des Advents, auch vom Sacrament, Beicht und Absolution eine
schöne Unterweisung, so den auserwehlten Gottesheiligen in Liefland und vornemlich
den Geliebten zu Dörpt zugeschrieben ist. Der elende Man hatte den Kopf vol von
den Zeichen des jüngsten Tages, die er allein zu erklären verstehen wil. Mit dem jüng-
sten Tage drohet er nach 7 Jahren, und führet als einen Hauptbeweis von der Gewis-
heit desselben an, daß ihm niemand glauben wolle. Unter den Bluthund und Tyrannen
versteht er ich weiß nicht was für einen pohlnischen König mit seinen Buben. Jn
Liefland, schreibt Hoffmann, ist kein rechter Pastor nach der Schrift erwehlet, doch
werden alle auserwehlte und getreue ausgenommen; dabey thut er ganz böse, daß man
ihn nicht zum Pastor macht, weil es nicht auf Gelehrsamkeit ankomme. Wer ihm
vorwirft, er müste bey seinem Beruf bleiben, dem begegnet er mit der läppischen Jn-
stanz, ein Mörder und Todschläger müsse auf solche Art auch bey seinem Beruf bleiben,
welches ja abgeschmackt sey. Das thue der Bauch, welcher spreche, ein Laie und ein
Pelzer könne nicht GOttes Wort erklären. Er beruft sich auch auf seine Gemeine,
doch verübelt er ihr die Privatbeichte, und klaget, daß sie durch Pomerani Schrift
noch verstockter geworden. Sonst lernen wir aus dieser schönen Unterweisung doch so
viel, daß zu Ronneburg ein wunderthätiges Marienbild gestanden, so über 200
oder 300 Meilen herbey geholet worden. Er verspricht den Dörptischen noch eine
Schrift, welche doch zu gutem Glück ausgeblieben. Seinen Anhängern in Deutschland
aber, die ihn für den Elias hielten, und seiner Vertröstung nach in Strasburg das
neue Jerusalem erwarteten, that er den Possen und starb daselbst 1533 im Gefängnis.
Bredenbach ist nicht in Abrede, daß die Leute, nachdem ihnen die Augen durchs Evan-
gelium aufgegangen, stark gegen die Catholiken erbittert gewesen. Was dieser Schrift-
steller von dem damaligen Verfal aller Stände sagt, hat nach mehrerer Zeugnis
seinen Grund; nur läst es etwas parteiisch, wenn er die liefländischen Ordensbrüder
wie Epikurer beschreibet. Die andern Geschichte sind des Anführens nicht werth, weil
sie den Has des Geschichtschreibers gegen die luthersche Partey gar zu sehr entdecken,
und man solche Mährgen nur erzehlen darf, um sie zu widerlegen. Doch da Vena-
tor
warhafte Begebenheiten daraus macht, so wollen wir sie kurz übersetzen: Der
Bür-
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Erzb. Blankenfeld. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenberg.
huldigen muͤſſen. Sie erkennete den Ordensmeiſter fuͤr ihren rechten natuͤrlichen1525
und einigen Landesherrn, dem ſie allein ſchwoͤren wolten. Dagegen verſichert
Plettenberg mit den buͤndigſten Ausdruͤcken, die Stadt bey der Lehre neues und
altes Teſtaments zu ſchuͤtzen, ihre Privilegien von neuem zu beſtaͤtigen, nnd ſie
bey des Cardinal Biſchofs von Modena, Wilhelms, Grenzeinrichtungen ge-
gen alle Anſpruͤche zu ſchuͤtzen. Er erlies ihr nicht nur den kirchholmiſchen
Vertrag, ſondern uͤbergab auch der Stadt die Guͤter Titiger. Sontags nach
Bartholomaͤi, unter 36 Siegeln. Hierdurch erhielt die Stadt alle zwiſchen dem
Kapitel und ihr ſtreitige Guͤter, und ſahe es fuͤr ihren geiſtlichen und zeitlichen
Vortheil an, ſich allein an den Herrnmeiſter zu halten. Er beſtaͤtigte es auch zu
Riga, am Tage Matthaͤi des Apoſtels.

Doͤrpt hatte in dieſem Jahr das Ungluͤck, bey dem Segen des Evangelii
durch einen Schwaͤrmer verfuͤhret zu werden, der mit erſtaunlicher Verwegenheit
die gefaͤhrlichſten Haͤndel unternahm und der Sache GOttes viele Laͤſterungen zu-
zog. Dieſer war ein ſchwaͤbiſcher Kuͤrſchner, der aus Wittenberg kam. Er
hies Melchior Hofmann p), und nante ſich nur den armen Laienpelzer, hin-

ter
p) Daß dieſer Kuͤrſchner nicht aus Lutheri Schule geweſen, erweiſen ſeine Thaten, und
Luthers Warnung fuͤr dieſem Geiſte des Aufruhrs. Er kam aus Liefland nach
Magdeburg und von da nach Holſtein, und wurde vom Koͤnig Fridrich zum
Hauptprediger in Daͤnnemark berufen. Luther ſchrieb aber an Wilhelm Pra-
weſt,
Pfarrherrn zu Kiel, ſie moͤchten ſich vor dem Schwaͤrmer in Acht nehmen. Er
gab beſondere Einſichten in die Offenbarung Johannis vor, und pflegte ſelbige mit vie-
len Misdeutungen zu erklaͤren. Die doͤrptiſchen Haͤndel dieſes Hofmans erzehlet
Bredenbach aus des damaligen Dompredigers D. Philip Olmens Munde, welcher
Paſtor zu Reſſen geworden. Die Jahrzahl 1527, welche Bredenbach zu dieſer
doͤrptiſchen Schwaͤrmerey ſetzt, will ſich mit der Geſchichte dieſes ſeltſamen Mannes
nicht wol reimen. Es erhellet auch aus Tegetmeiers Bericht, daß er wenigſtens
ſeit 1525 ſchon in Liefland geſchwaͤrmet habe. Wir haben von ihm eine 1526 in 4 ge-
druckte Auslegung von 14 Bogen uͤber das 12 Kap. Daniels und uͤber das Evangelium
am andern Sontage des Advents, auch vom Sacrament, Beicht und Abſolution eine
ſchoͤne Unterweiſung, ſo den auserwehlten Gottesheiligen in Liefland und vornemlich
den Geliebten zu Doͤrpt zugeſchrieben iſt. Der elende Man hatte den Kopf vol von
den Zeichen des juͤngſten Tages, die er allein zu erklaͤren verſtehen wil. Mit dem juͤng-
ſten Tage drohet er nach 7 Jahren, und fuͤhret als einen Hauptbeweis von der Gewis-
heit deſſelben an, daß ihm niemand glauben wolle. Unter den Bluthund und Tyrannen
verſteht er ich weiß nicht was fuͤr einen pohlniſchen Koͤnig mit ſeinen Buben. Jn
Liefland, ſchreibt Hoffmann, iſt kein rechter Paſtor nach der Schrift erwehlet, doch
werden alle auserwehlte und getreue ausgenommen; dabey thut er ganz boͤſe, daß man
ihn nicht zum Paſtor macht, weil es nicht auf Gelehrſamkeit ankomme. Wer ihm
vorwirft, er muͤſte bey ſeinem Beruf bleiben, dem begegnet er mit der laͤppiſchen Jn-
ſtanz, ein Moͤrder und Todſchlaͤger muͤſſe auf ſolche Art auch bey ſeinem Beruf bleiben,
welches ja abgeſchmackt ſey. Das thue der Bauch, welcher ſpreche, ein Laie und ein
Pelzer koͤnne nicht GOttes Wort erklaͤren. Er beruft ſich auch auf ſeine Gemeine,
doch veruͤbelt er ihr die Privatbeichte, und klaget, daß ſie durch Pomerani Schrift
noch verſtockter geworden. Sonſt lernen wir aus dieſer ſchoͤnen Unterweiſung doch ſo
viel, daß zu Ronneburg ein wunderthaͤtiges Marienbild geſtanden, ſo uͤber 200
oder 300 Meilen herbey geholet worden. Er verſpricht den Doͤrptiſchen noch eine
Schrift, welche doch zu gutem Gluͤck ausgeblieben. Seinen Anhaͤngern in Deutſchland
aber, die ihn fuͤr den Elias hielten, und ſeiner Vertroͤſtung nach in Strasburg das
neue Jeruſalem erwarteten, that er den Poſſen und ſtarb daſelbſt 1533 im Gefaͤngnis.
Bredenbach iſt nicht in Abrede, daß die Leute, nachdem ihnen die Augen durchs Evan-
gelium aufgegangen, ſtark gegen die Catholiken erbittert geweſen. Was dieſer Schrift-
ſteller von dem damaligen Verfal aller Staͤnde ſagt, hat nach mehrerer Zeugnis
ſeinen Grund; nur laͤſt es etwas parteiiſch, wenn er die lieflaͤndiſchen Ordensbruͤder
wie Epikurer beſchreibet. Die andern Geſchichte ſind des Anfuͤhrens nicht werth, weil
ſie den Has des Geſchichtſchreibers gegen die lutherſche Partey gar zu ſehr entdecken,
und man ſolche Maͤhrgen nur erzehlen darf, um ſie zu widerlegen. Doch da Vena-
tor
warhafte Begebenheiten daraus macht, ſo wollen wir ſie kurz uͤberſetzen: Der
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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/211>, abgerufen am 28.04.2024.