Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

Bild:
<< vorherige Seite

Leben und Thaten der liefländischen Ordensmeister,
Schaden des liefländischen Rechts sein Recht freventlich an auswärtigen Orten
und ausser Landes suchen, keiner auf die Gebietiger des Ordens, noch auf ehrli-
che Frauen und Jungfrauen üble Reden führen, keiner mit alten verlegnen Te-
stamenten dreißigjährige Besitzer beunruhigen, fremde Sachen zum Nachtheil der
rechten Erben an sich handeln, noch auf den Bierbänken und in den Krügen
Heimlichkeiten ausplaudern solle. Der Uebertreter sol aufs höchste gerichtet wer-
den.

1511

Der Ordensmeister hielt sich in Tuckum auf, wo er Sonnabends nach
Bartholomäi die Verordnung untersiegelte, daß, welcher gute Man ein
Haus in Goldingen habe und handle oder kriege, derselbige auch bürgerliche
Abgaben tragen solle.

Donnerstags nach Jubilate unterzeichnete der Herzog Bugslaff zu
Stettin für die Gesandten der Städte Rige, Dörpt und Revel das Geleite
durch seine Lande.

1512

Weil kein Erzbischof befugt gewesen, zum Schaden seiner Nachfolger ohne
päpstliche Einwilligung Tafelgüter zu veräussern, dem ohnerachtet aber der Erzbi-
schof Henning dergleichen gethan; so lösete der Erzbischof Caspar um mehrerer
Sicherheit seines Gewissens willen die veräusserten Güter wieder ein, und unter
andern das Gut Audern, welches er vor 4000 Mark rigisch erkaufte, und
wieder zur Tafel schlug.

1513

Am ersten Dec. bestätigte der Papst Leo der Xte alle Privilegien, welche
der deutsche Orden vom Honorius dem IIIten an bis auf seine und aller künfti-
tigen Päpste Zeiten erhalten hatte, oder noch erhalten möchte. Die Hauptsumme
aller Privilegien wird unter jedem Papst angeführet. Ein unverwerfllicher
Beweis, daß das päpstliche Ansehen in Preussen und Liefland sehr gewanket.

Leo der Xte lies den Landmarschal Johan Plater nach Rom fordern,
weil selbiger der Stadt die Güter Babat streitig machen wolte. Die Stadt

erhielt
dem Kläger eine Zeit legen, von demselbigen Tage als er ihn ansprach über 6 Wochen,
so sol sich der Mann der Zeit der Sache mit einem Eisen entsagen, dem sol der Kläger
eine neue Mark entgegen setzen nach alter Gewonheit.
Ob einem guten Manne sein Bauer entgegen käme, der ihm entlaufen wäre,
den mag er greifen und die Herrschaft aufbieten, auf wessen Land er ihn greifet; und
ist die Herrschaft nicht zur Stelle, so sol er denn den Thäter aufbieten, so sol die
Herrschaft mit dem Thäter und das ganze Land dafür stehen**), daß der Thäter ihn
zum Bürgen nimt, und nimt die Herrschaft oder der Thäter ihn nicht zum Bürgen,
so mag er ihn weg zu Hause führen, und bricht daran nicht.
Diesem zu mehrern Zeugnis der Warheit, und auf daß diese vorgeschriebenen
Sachen in allen Artikeln aufrichtig und strenge gehalten werden; so haben wir Bruder
Wolter von Plettenberg oben benennet, mit Wissenschaft unsrer ehrsamen Mitge-
bietiger, unser Jnsiegel diesem Brief lassen anhängen, der gegeben ist in den Jahren
unsers HErren nach Christi Geburt 1509, am Tage Johannis Baptistä, mitten
im Sommer.
und drohete den Brüdern mit der Kirchencensur, wenn sie die neuen| Christen unter den Liven
damit beschwerten, sondern auch Kaiser Friedrich der IIte, der diese leges paribiles gänzlich ab-
schafte. Paribiles hiessen diese Gesetze, von parere, das ist apparere, weil aus dieser Probe die
Schuld oder Unschuld des Verklagten gleich erhellen solle. Der päpstlichen Verordnung thut
Onuphrius Panuinius Erwehnung, und Gregorius der IXte hat sie in das 5te Buch der Decreta-
len
mit gesetzt. Der Beschuldigte trug ein heisses Eisen mit der Hand auf eine gewisse Weite,
oder trat auf ein glühendes Blech, oder ging über etliche glühend gemachte Pflugschaaren. Wer
damit gut zurechte kam, der wurde absolviret. Daß die Bauren es noch zu Plettenbergs Zeiten
tragen müssen, beweiset obige Urkunde.
**) Die Schweden nennen das Dulga oder Vertuschungsstrafen, wenn die Einwohner eines ganzen
Distrikts, und zuweilen die ganze Dorfschaft auf eine Meile herum von den Gerichten zur Entde-
ckung des Thäters oder zur Bnsse für selbigen angehalten wurden. Diese Weise war auch in
Liefland, und der rußische Gesandte drang 1558 in Dörpt darauf, auf solche Art einem Rus-
sen
wegen seines erschlagenen Bruders Satisfaction zu schaffen. Wenn Feuer im Walde auskam,
oder Holz ohne Erlaubnis gehauen wurde, der Thäter aber unbekant blieb, so schritte man zu sel-
cher Execution.

Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Schaden des lieflaͤndiſchen Rechts ſein Recht freventlich an auswaͤrtigen Orten
und auſſer Landes ſuchen, keiner auf die Gebietiger des Ordens, noch auf ehrli-
che Frauen und Jungfrauen uͤble Reden fuͤhren, keiner mit alten verlegnen Te-
ſtamenten dreißigjaͤhrige Beſitzer beunruhigen, fremde Sachen zum Nachtheil der
rechten Erben an ſich handeln, noch auf den Bierbaͤnken und in den Kruͤgen
Heimlichkeiten ausplaudern ſolle. Der Uebertreter ſol aufs hoͤchſte gerichtet wer-
den.

1511

Der Ordensmeiſter hielt ſich in Tuckum auf, wo er Sonnabends nach
Bartholomaͤi die Verordnung unterſiegelte, daß, welcher gute Man ein
Haus in Goldingen habe und handle oder kriege, derſelbige auch buͤrgerliche
Abgaben tragen ſolle.

Donnerſtags nach Jubilate unterzeichnete der Herzog Bugslaff zu
Stettin fuͤr die Geſandten der Staͤdte Rige, Doͤrpt und Revel das Geleite
durch ſeine Lande.

1512

Weil kein Erzbiſchof befugt geweſen, zum Schaden ſeiner Nachfolger ohne
paͤpſtliche Einwilligung Tafelguͤter zu veraͤuſſern, dem ohnerachtet aber der Erzbi-
ſchof Henning dergleichen gethan; ſo loͤſete der Erzbiſchof Caſpar um mehrerer
Sicherheit ſeines Gewiſſens willen die veraͤuſſerten Guͤter wieder ein, und unter
andern das Gut Audern, welches er vor 4000 Mark rigiſch erkaufte, und
wieder zur Tafel ſchlug.

1513

Am erſten Dec. beſtaͤtigte der Papſt Leo der Xte alle Privilegien, welche
der deutſche Orden vom Honorius dem IIIten an bis auf ſeine und aller kuͤnfti-
tigen Paͤpſte Zeiten erhalten hatte, oder noch erhalten moͤchte. Die Hauptſumme
aller Privilegien wird unter jedem Papſt angefuͤhret. Ein unverwerfllicher
Beweis, daß das paͤpſtliche Anſehen in Preuſſen und Liefland ſehr gewanket.

Leo der Xte lies den Landmarſchal Johan Plater nach Rom fordern,
weil ſelbiger der Stadt die Guͤter Babat ſtreitig machen wolte. Die Stadt

erhielt
dem Klaͤger eine Zeit legen, von demſelbigen Tage als er ihn anſprach uͤber 6 Wochen,
ſo ſol ſich der Mann der Zeit der Sache mit einem Eiſen entſagen, dem ſol der Klaͤger
eine neue Mark entgegen ſetzen nach alter Gewonheit.
Ob einem guten Manne ſein Bauer entgegen kaͤme, der ihm entlaufen waͤre,
den mag er greifen und die Herrſchaft aufbieten, auf weſſen Land er ihn greifet; und
iſt die Herrſchaft nicht zur Stelle, ſo ſol er denn den Thaͤter aufbieten, ſo ſol die
Herrſchaft mit dem Thaͤter und das ganze Land dafuͤr ſtehen**), daß der Thaͤter ihn
zum Buͤrgen nimt, und nimt die Herrſchaft oder der Thaͤter ihn nicht zum Buͤrgen,
ſo mag er ihn weg zu Hauſe fuͤhren, und bricht daran nicht.
Dieſem zu mehrern Zeugnis der Warheit, und auf daß dieſe vorgeſchriebenen
Sachen in allen Artikeln aufrichtig und ſtrenge gehalten werden; ſo haben wir Bruder
Wolter von Plettenberg oben benennet, mit Wiſſenſchaft unſrer ehrſamen Mitge-
bietiger, unſer Jnſiegel dieſem Brief laſſen anhaͤngen, der gegeben iſt in den Jahren
unſers HErren nach Chriſti Geburt 1509, am Tage Johannis Baptiſtaͤ, mitten
im Sommer.
und drohete den Bruͤdern mit der Kirchencenſur, wenn ſie die neuen| Chriſten unter den Liven
damit beſchwerten, ſondern auch Kaiſer Friedrich der IIte, der dieſe leges paribiles gaͤnzlich ab-
ſchafte. Paribiles hieſſen dieſe Geſetze, von parere, das iſt apparere, weil aus dieſer Probe die
Schuld oder Unſchuld des Verklagten gleich erhellen ſolle. Der paͤpſtlichen Verordnung thut
Onuphrius Panuinius Erwehnung, und Gregorius der IXte hat ſie in das 5te Buch der Decreta-
len
mit geſetzt. Der Beſchuldigte trug ein heiſſes Eiſen mit der Hand auf eine gewiſſe Weite,
oder trat auf ein gluͤhendes Blech, oder ging uͤber etliche gluͤhend gemachte Pflugſchaaren. Wer
damit gut zurechte kam, der wurde abſolviret. Daß die Bauren es noch zu Plettenbergs Zeiten
tragen muͤſſen, beweiſet obige Urkunde.
**) Die Schweden nennen das Dulga oder Vertuſchungsſtrafen, wenn die Einwohner eines ganzen
Diſtrikts, und zuweilen die ganze Dorfſchaft auf eine Meile herum von den Gerichten zur Entde-
ckung des Thaͤters oder zur Bnſſe fuͤr ſelbigen angehalten wurden. Dieſe Weiſe war auch in
Liefland, und der rußiſche Geſandte drang 1558 in Doͤrpt darauf, auf ſolche Art einem Ruſ-
ſen
wegen ſeines erſchlagenen Bruders Satisfaction zu ſchaffen. Wenn Feuer im Walde auskam,
oder Holz ohne Erlaubnis gehauen wurde, der Thaͤter aber unbekant blieb, ſo ſchritte man zu ſel-
cher Execution.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0200" n="182"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Leben und Thaten der liefla&#x0364;ndi&#x017F;chen Ordensmei&#x017F;ter,</hi></fw><lb/>
Schaden des <hi rendition="#fr">liefla&#x0364;ndi&#x017F;chen</hi> Rechts &#x017F;ein Recht freventlich an auswa&#x0364;rtigen Orten<lb/>
und au&#x017F;&#x017F;er Landes &#x017F;uchen, keiner auf die Gebietiger des Ordens, noch auf ehrli-<lb/>
che Frauen und Jungfrauen u&#x0364;ble Reden fu&#x0364;hren, keiner mit alten verlegnen Te-<lb/>
&#x017F;tamenten dreißigja&#x0364;hrige Be&#x017F;itzer beunruhigen, fremde Sachen zum Nachtheil der<lb/>
rechten Erben an &#x017F;ich handeln, noch auf den Bierba&#x0364;nken und in den Kru&#x0364;gen<lb/>
Heimlichkeiten ausplaudern &#x017F;olle. Der Uebertreter &#x017F;ol aufs ho&#x0364;ch&#x017F;te gerichtet wer-<lb/>
den.</p><lb/>
        <note place="left">1511</note>
        <p>Der Ordensmei&#x017F;ter hielt &#x017F;ich in <hi rendition="#fr">Tuckum</hi> auf, wo er Sonnabends nach<lb/><hi rendition="#fr">Bartholoma&#x0364;i</hi> die Verordnung unter&#x017F;iegelte, daß, welcher gute Man ein<lb/>
Haus in <hi rendition="#fr">Goldingen</hi> habe und handle oder kriege, der&#x017F;elbige auch bu&#x0364;rgerliche<lb/>
Abgaben tragen &#x017F;olle.</p><lb/>
        <p>Donner&#x017F;tags nach <hi rendition="#fr">Jubilate</hi> unterzeichnete der Herzog <hi rendition="#fr">Bugslaff</hi> zu<lb/><hi rendition="#fr">Stettin</hi> fu&#x0364;r die Ge&#x017F;andten der Sta&#x0364;dte <hi rendition="#fr">Rige, Do&#x0364;rpt</hi> und <hi rendition="#fr">Revel</hi> das Geleite<lb/>
durch &#x017F;eine Lande.</p><lb/>
        <note place="left">1512</note>
        <p>Weil kein Erzbi&#x017F;chof befugt gewe&#x017F;en, zum Schaden &#x017F;einer Nachfolger ohne<lb/>
pa&#x0364;p&#x017F;tliche Einwilligung Tafelgu&#x0364;ter zu vera&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ern, dem ohnerachtet aber der Erzbi-<lb/>
&#x017F;chof <hi rendition="#fr">Henning</hi> dergleichen gethan; &#x017F;o lo&#x0364;&#x017F;ete der Erzbi&#x017F;chof <hi rendition="#fr">Ca&#x017F;par</hi> um mehrerer<lb/>
Sicherheit &#x017F;eines Gewi&#x017F;&#x017F;ens willen die vera&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erten Gu&#x0364;ter wieder ein, und unter<lb/>
andern das Gut <hi rendition="#fr">Audern,</hi> welches er vor 4000 Mark <hi rendition="#fr">rigi&#x017F;ch</hi> erkaufte, und<lb/>
wieder zur Tafel &#x017F;chlug.</p><lb/>
        <note place="left">1513</note>
        <p>Am er&#x017F;ten Dec. be&#x017F;ta&#x0364;tigte der Pap&#x017F;t <hi rendition="#fr">Leo</hi> der <hi rendition="#aq">X</hi>te alle Privilegien, welche<lb/>
der <hi rendition="#fr">deut&#x017F;che</hi> Orden vom <hi rendition="#fr">Honorius</hi> dem <hi rendition="#aq">III</hi>ten an bis auf &#x017F;eine und aller ku&#x0364;nfti-<lb/>
tigen Pa&#x0364;p&#x017F;te Zeiten erhalten hatte, oder noch erhalten mo&#x0364;chte. Die Haupt&#x017F;umme<lb/>
aller Privilegien wird unter jedem Pap&#x017F;t angefu&#x0364;hret. Ein unverwerfllicher<lb/>
Beweis, daß das pa&#x0364;p&#x017F;tliche An&#x017F;ehen in <hi rendition="#fr">Preu&#x017F;&#x017F;en</hi> und <hi rendition="#fr">Liefland</hi> &#x017F;ehr gewanket.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Leo</hi> der <hi rendition="#aq">X</hi>te lies den Landmar&#x017F;chal <hi rendition="#fr">Johan Plater</hi> nach <hi rendition="#fr">Rom</hi> fordern,<lb/>
weil &#x017F;elbiger der Stadt die Gu&#x0364;ter <hi rendition="#fr">Babat</hi> &#x017F;treitig machen wolte. Die Stadt<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">erhielt</fw><lb/><note xml:id="h86" prev="#h85" place="foot" n="f)">dem Kla&#x0364;ger eine Zeit legen, von dem&#x017F;elbigen Tage als er ihn an&#x017F;prach u&#x0364;ber 6 Wochen,<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ol &#x017F;ich der Mann der Zeit der Sache mit einem Ei&#x017F;en ent&#x017F;agen, dem &#x017F;ol der Kla&#x0364;ger<lb/>
eine neue Mark entgegen &#x017F;etzen nach alter Gewonheit.<lb/>
Ob einem guten Manne &#x017F;ein Bauer entgegen ka&#x0364;me, der ihm entlaufen wa&#x0364;re,<lb/>
den mag er greifen und die Herr&#x017F;chaft aufbieten, auf we&#x017F;&#x017F;en Land er ihn greifet; und<lb/>
i&#x017F;t die Herr&#x017F;chaft nicht zur Stelle, &#x017F;o &#x017F;ol er denn den Tha&#x0364;ter aufbieten, &#x017F;o &#x017F;ol die<lb/>
Herr&#x017F;chaft mit dem Tha&#x0364;ter und das ganze Land dafu&#x0364;r &#x017F;tehen<note place="foot" n="**)">Die <hi rendition="#fr">Schweden</hi> nennen das <hi rendition="#fr">Dulga</hi> oder Vertu&#x017F;chungs&#x017F;trafen, wenn die Einwohner eines ganzen<lb/>
Di&#x017F;trikts, und zuweilen die ganze Dorf&#x017F;chaft auf eine Meile herum von den Gerichten zur Entde-<lb/>
ckung des Tha&#x0364;ters oder zur Bn&#x017F;&#x017F;e fu&#x0364;r &#x017F;elbigen angehalten wurden. Die&#x017F;e Wei&#x017F;e war auch in<lb/><hi rendition="#fr">Liefland,</hi> und der <hi rendition="#fr">rußi&#x017F;che</hi> Ge&#x017F;andte drang 1558 in <hi rendition="#fr">Do&#x0364;rpt</hi> darauf, auf &#x017F;olche Art einem <hi rendition="#fr">Ru&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en</hi> wegen &#x017F;eines er&#x017F;chlagenen Bruders Satisfaction zu &#x017F;chaffen. Wenn Feuer im Walde auskam,<lb/>
oder Holz ohne Erlaubnis gehauen wurde, der Tha&#x0364;ter aber unbekant blieb, &#x017F;o &#x017F;chritte man zu &#x017F;el-<lb/>
cher Execution.</note>, daß der Tha&#x0364;ter ihn<lb/>
zum Bu&#x0364;rgen nimt, und nimt die Herr&#x017F;chaft oder der Tha&#x0364;ter ihn nicht zum Bu&#x0364;rgen,<lb/>
&#x017F;o mag er ihn weg zu Hau&#x017F;e fu&#x0364;hren, und bricht daran nicht.<lb/>
Die&#x017F;em zu mehrern Zeugnis der Warheit, und auf daß die&#x017F;e vorge&#x017F;chriebenen<lb/>
Sachen in allen Artikeln aufrichtig und &#x017F;trenge gehalten werden; &#x017F;o haben wir Bruder<lb/><hi rendition="#fr">Wolter</hi> von <hi rendition="#fr">Plettenberg</hi> oben benennet, mit Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft un&#x017F;rer ehr&#x017F;amen Mitge-<lb/>
bietiger, un&#x017F;er Jn&#x017F;iegel die&#x017F;em Brief la&#x017F;&#x017F;en anha&#x0364;ngen, der gegeben i&#x017F;t in den Jahren<lb/>
un&#x017F;ers HErren nach Chri&#x017F;ti Geburt 1509, am Tage <hi rendition="#fr">Johannis Bapti&#x017F;ta&#x0364;,</hi> mitten<lb/>
im Sommer.</note><lb/><note xml:id="f55" prev="#f54" place="foot" n="*)">und drohete den Bru&#x0364;dern mit der Kirchencen&#x017F;ur, wenn &#x017F;ie die neuen| Chri&#x017F;ten unter den <hi rendition="#fr">Liven</hi><lb/>
damit be&#x017F;chwerten, &#x017F;ondern auch Kai&#x017F;er <hi rendition="#fr">Friedrich</hi> der <hi rendition="#aq">II</hi>te, der die&#x017F;e <hi rendition="#aq">leges paribiles</hi> ga&#x0364;nzlich ab-<lb/>
&#x017F;chafte. <hi rendition="#aq">Paribiles</hi> hie&#x017F;&#x017F;en die&#x017F;e Ge&#x017F;etze, von <hi rendition="#aq">parere,</hi> das i&#x017F;t <hi rendition="#aq">apparere,</hi> weil aus die&#x017F;er Probe die<lb/>
Schuld oder Un&#x017F;chuld des Verklagten gleich erhellen &#x017F;olle. Der pa&#x0364;p&#x017F;tlichen Verordnung thut<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Onuphrius Panuinius</hi></hi> Erwehnung, und <hi rendition="#fr">Gregorius</hi> der <hi rendition="#aq">IX</hi>te hat &#x017F;ie in das 5te Buch der <hi rendition="#fr">Decreta-<lb/>
len</hi> mit ge&#x017F;etzt. Der Be&#x017F;chuldigte trug ein hei&#x017F;&#x017F;es Ei&#x017F;en mit der Hand auf eine gewi&#x017F;&#x017F;e Weite,<lb/>
oder trat auf ein glu&#x0364;hendes Blech, oder ging u&#x0364;ber etliche glu&#x0364;hend gemachte Pflug&#x017F;chaaren. Wer<lb/>
damit gut zurechte kam, der wurde ab&#x017F;olviret. Daß die Bauren es noch zu <hi rendition="#fr">Plettenbergs</hi> Zeiten<lb/>
tragen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, bewei&#x017F;et obige Urkunde.</note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0200] Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter, Schaden des lieflaͤndiſchen Rechts ſein Recht freventlich an auswaͤrtigen Orten und auſſer Landes ſuchen, keiner auf die Gebietiger des Ordens, noch auf ehrli- che Frauen und Jungfrauen uͤble Reden fuͤhren, keiner mit alten verlegnen Te- ſtamenten dreißigjaͤhrige Beſitzer beunruhigen, fremde Sachen zum Nachtheil der rechten Erben an ſich handeln, noch auf den Bierbaͤnken und in den Kruͤgen Heimlichkeiten ausplaudern ſolle. Der Uebertreter ſol aufs hoͤchſte gerichtet wer- den. Der Ordensmeiſter hielt ſich in Tuckum auf, wo er Sonnabends nach Bartholomaͤi die Verordnung unterſiegelte, daß, welcher gute Man ein Haus in Goldingen habe und handle oder kriege, derſelbige auch buͤrgerliche Abgaben tragen ſolle. Donnerſtags nach Jubilate unterzeichnete der Herzog Bugslaff zu Stettin fuͤr die Geſandten der Staͤdte Rige, Doͤrpt und Revel das Geleite durch ſeine Lande. Weil kein Erzbiſchof befugt geweſen, zum Schaden ſeiner Nachfolger ohne paͤpſtliche Einwilligung Tafelguͤter zu veraͤuſſern, dem ohnerachtet aber der Erzbi- ſchof Henning dergleichen gethan; ſo loͤſete der Erzbiſchof Caſpar um mehrerer Sicherheit ſeines Gewiſſens willen die veraͤuſſerten Guͤter wieder ein, und unter andern das Gut Audern, welches er vor 4000 Mark rigiſch erkaufte, und wieder zur Tafel ſchlug. Am erſten Dec. beſtaͤtigte der Papſt Leo der Xte alle Privilegien, welche der deutſche Orden vom Honorius dem IIIten an bis auf ſeine und aller kuͤnfti- tigen Paͤpſte Zeiten erhalten hatte, oder noch erhalten moͤchte. Die Hauptſumme aller Privilegien wird unter jedem Papſt angefuͤhret. Ein unverwerfllicher Beweis, daß das paͤpſtliche Anſehen in Preuſſen und Liefland ſehr gewanket. Leo der Xte lies den Landmarſchal Johan Plater nach Rom fordern, weil ſelbiger der Stadt die Guͤter Babat ſtreitig machen wolte. Die Stadt erhielt f) *) f) dem Klaͤger eine Zeit legen, von demſelbigen Tage als er ihn anſprach uͤber 6 Wochen, ſo ſol ſich der Mann der Zeit der Sache mit einem Eiſen entſagen, dem ſol der Klaͤger eine neue Mark entgegen ſetzen nach alter Gewonheit. Ob einem guten Manne ſein Bauer entgegen kaͤme, der ihm entlaufen waͤre, den mag er greifen und die Herrſchaft aufbieten, auf weſſen Land er ihn greifet; und iſt die Herrſchaft nicht zur Stelle, ſo ſol er denn den Thaͤter aufbieten, ſo ſol die Herrſchaft mit dem Thaͤter und das ganze Land dafuͤr ſtehen **), daß der Thaͤter ihn zum Buͤrgen nimt, und nimt die Herrſchaft oder der Thaͤter ihn nicht zum Buͤrgen, ſo mag er ihn weg zu Hauſe fuͤhren, und bricht daran nicht. Dieſem zu mehrern Zeugnis der Warheit, und auf daß dieſe vorgeſchriebenen Sachen in allen Artikeln aufrichtig und ſtrenge gehalten werden; ſo haben wir Bruder Wolter von Plettenberg oben benennet, mit Wiſſenſchaft unſrer ehrſamen Mitge- bietiger, unſer Jnſiegel dieſem Brief laſſen anhaͤngen, der gegeben iſt in den Jahren unſers HErren nach Chriſti Geburt 1509, am Tage Johannis Baptiſtaͤ, mitten im Sommer. **) Die Schweden nennen das Dulga oder Vertuſchungsſtrafen, wenn die Einwohner eines ganzen Diſtrikts, und zuweilen die ganze Dorfſchaft auf eine Meile herum von den Gerichten zur Entde- ckung des Thaͤters oder zur Bnſſe fuͤr ſelbigen angehalten wurden. Dieſe Weiſe war auch in Liefland, und der rußiſche Geſandte drang 1558 in Doͤrpt darauf, auf ſolche Art einem Ruſ- ſen wegen ſeines erſchlagenen Bruders Satisfaction zu ſchaffen. Wenn Feuer im Walde auskam, oder Holz ohne Erlaubnis gehauen wurde, der Thaͤter aber unbekant blieb, ſo ſchritte man zu ſel- cher Execution. *) und drohete den Bruͤdern mit der Kirchencenſur, wenn ſie die neuen| Chriſten unter den Liven damit beſchwerten, ſondern auch Kaiſer Friedrich der IIte, der dieſe leges paribiles gaͤnzlich ab- ſchafte. Paribiles hieſſen dieſe Geſetze, von parere, das iſt apparere, weil aus dieſer Probe die Schuld oder Unſchuld des Verklagten gleich erhellen ſolle. Der paͤpſtlichen Verordnung thut Onuphrius Panuinius Erwehnung, und Gregorius der IXte hat ſie in das 5te Buch der Decreta- len mit geſetzt. Der Beſchuldigte trug ein heiſſes Eiſen mit der Hand auf eine gewiſſe Weite, oder trat auf ein gluͤhendes Blech, oder ging uͤber etliche gluͤhend gemachte Pflugſchaaren. Wer damit gut zurechte kam, der wurde abſolviret. Daß die Bauren es noch zu Plettenbergs Zeiten tragen muͤſſen, beweiſet obige Urkunde.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/200
Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/200>, abgerufen am 27.04.2024.