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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Erzb. Caspar Linde. zur Zeit der Reg. Wolthers v. Plettenberg.

Der Erzbischos Michael starb bald darauf nach einer 25 jährigen Regierung,1509
am Abend Dorotheä, und ward seinem Begehren nach zu Riga am Kreutz-
gange des Doms auf dem Kirchhofe beerdiget. Das Domkapitel erwehlte hierauf
am Sontage Jnvocavit den gewesenen Domdechanten, Caspar Linde, zum
Erzbischof, welcher aus Cham in der Pfalz, oder, wie Chyträus lieber wil,
aus Westphalen gebürtig war. Er holte zu Rom die Bestätigung unterm
23sten May, kam am 5ten Septemb. in Riga wieder an, und wohnte Tages
darauf dem Leichenbegängnis seines Vorgängers bey. Er war ein Liebhaber vom
Bauen, versahe die Schlösser Kokenhausen und Ronneburg mit höhern
Mauren und gutem Geschütz. Marienhausen führte er von Grund aus neu

auf,
zu schlagen, und hätten das Kreutz geküst. Die höchsten und feierlichsten Eide ge-
schahen bey der griechischen Kirche durchs Kreutzküssen, nach welcher Gewonheit sich
die Liefländer vielleicht bequemet haben. Das Hauptschlagen zeigt eine ehrerbietige
und tiefe Ehrenbezeugung an. Einige sind der Meinung, die Russen hätten damals
hohe Mützen getragen, welche sie nach morgenländischer Art nicht abgenommen, son-
dern statt dessen nur mit der Hand ans Haupt geschlagen. Die Liefländer hätten ein
gleiches gethan, wenn sie bedeckt zum Gehör gekommen, und das Haupt nicht ent-
blössen wollen. Allein es komt uns warscheinlicher vor, daß mit dieser Redensart ein
ander Ceremoniel angezeiget werde. Die Russen nennen es Poclan udarith oder
Byth Czalom, wenn sich einer auf die Knie legt, auf die Hände stützet, und den
Kopf auf den Fusboden schlägt. Je demüthiger ein solcher ist, desto stärker höret
man den Schlag. Zu unsern Zeiten geschiehet das nur in gewissen Fällen und von ge-
wissen Personen. Nachdem die alte Kleidung und die grossen Bärte abgeschaft sind,
so ist auch das Hauptschlagen nicht sonderlich im Gebrauch, als in den entlegensten
Provinzien. Doch ist die Redensart beibehalten, ob gleich weiter nichts als eine
tiefe Beugung darunter verstanden wird. Czalo-Byth heist ein Schlag an die
Stirne, welcher Name jetzo einer Bitschrift oder Supplik beigeleget wird. Man sagt
noch bey Bestellung eines Grusses: Mache meinen Hauptschlag, oder, beuge dich
meinetwegen. Ob die Liefländer in eigentlichem Verstande ihre Häupter bey der
Audienz schlagen müssen, läst sich nicht bestimmen. Der Jnhalt der Tractaten ist
dieser: Wasili von GOttes Gnaden Kaiser und Herr aller Reussen und Grosfürst,
wird im Namen des Meisters, des Erzbischofs und der Bischöfe von Liefland, durch
die deutschen Boten, Johan Hildorp, Meister Johan Oldensen, Kanzler,
Johan Kannen und Kersten Soye ersuchet, sreien Handel und Wandel zu verstat-
ten, und darüber den Stathalter in Nogarden, Fürsten Daniel Wasilewitz und
Gregori Federowitz, wie auch dem Stathalter in Plescow, Fürsten Jvan Mi-
chaelowitz,
Befehle zuzusenden; welches der Kaiser Wasili auf 14 Jahr zugestehet,
vom Tage der Bekantmachung 7017 anzurechnen bis 7031. Den Nogardern wird
ein Wegweiser durch Liefland zugestanden, und wenn sie ein Pferd in des Meisters
Lande kaufen, giebt der Nogarder für den Freibrief einen Ferding, für die freie
Ausführung aber einen Denning. Beiderseitige Unterthanen aber werden nicht
mehr gepeiniget, und geniessen jeder in des andern Landen frey Geleite.
Das Kreutz küssete unter andern rußischen Bojaren und Kaufleuten der Aelterman der
Kaufleute, Alexei Gregorewitz Kyrilow. Der Brief ist vom 25ten Merz in
Grosnogarden unterzeichnet und mit 8 Siegeln versehen. Ein andrer von eben
demselben Jahre mit 10 Siegeln, betrift die Handelsfreiheit der plescowischen Rus-
sen
und ist fast von gleichem Jnhalt. Beiläufig läst sich anmerken, daß die Liefländer
das Wort Czaar schon damals in ihren Translaten durch Kaiser übersetzet.
uns zur Hand gekommenen Proces der alten Zeit erkennen. B hatte ein Urtheil auf ein Gut ge-
wonnen; A unterwarf sich nicht, sondern appellirte, wie es die hohen Oberrichter ausdrücken,
wider dieser Lande Gebrauch, von dem gemeinen Herrn Gebietiger Tag. Nach geraumer Zeit
und bey ersehenem Vortheil nahm A den Proces von neuen auf. Der Mannrichter Joban von
Buckhorst und seine Beisitzer Bernhard Smerten, Vogt zu Rositen, und Dirik Wrede,
Vogt zu Baussenborg, sprachen ihm Ao. 1542 das Gut zu. B ergrief die Appellation; doch
Meister Hermann Brüggeney bestätigte mit seinen Gebietigern und Räthen das vorige Urtheil
1543. Beide Urtheile wurden 1544 auf dem Landtage zu Wolmer wieder umgestossen, und ein
neues zum Besten des B von den gevolmächtigten Herren der Kapitel, Gebietiger und Räthe der
Stände aufgesetzet, welches der Erzbischof Wilhelm, die Bischöfe Jost von Dörpt, Johan
von Curland, und selbst der Meister Brüggeney unterzeichnet und versiegelt haben. Und da-
bey muste es denn sein Bewenden haben.
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Erzb. Caſpar Linde. zur Zeit der Reg. Wolthers v. Plettenberg.

Der Erzbiſchoſ Michael ſtarb bald darauf nach einer 25 jaͤhrigen Regierung,1509
am Abend Dorotheaͤ, und ward ſeinem Begehren nach zu Riga am Kreutz-
gange des Doms auf dem Kirchhofe beerdiget. Das Domkapitel erwehlte hierauf
am Sontage Jnvocavit den geweſenen Domdechanten, Caſpar Linde, zum
Erzbiſchof, welcher aus Cham in der Pfalz, oder, wie Chytraͤus lieber wil,
aus Weſtphalen gebuͤrtig war. Er holte zu Rom die Beſtaͤtigung unterm
23ſten May, kam am 5ten Septemb. in Riga wieder an, und wohnte Tages
darauf dem Leichenbegaͤngnis ſeines Vorgaͤngers bey. Er war ein Liebhaber vom
Bauen, verſahe die Schloͤſſer Kokenhauſen und Ronneburg mit hoͤhern
Mauren und gutem Geſchuͤtz. Marienhauſen fuͤhrte er von Grund aus neu

auf,
zu ſchlagen, und haͤtten das Kreutz gekuͤſt. Die hoͤchſten und feierlichſten Eide ge-
ſchahen bey der griechiſchen Kirche durchs Kreutzkuͤſſen, nach welcher Gewonheit ſich
die Lieflaͤnder vielleicht bequemet haben. Das Hauptſchlagen zeigt eine ehrerbietige
und tiefe Ehrenbezeugung an. Einige ſind der Meinung, die Ruſſen haͤtten damals
hohe Muͤtzen getragen, welche ſie nach morgenlaͤndiſcher Art nicht abgenommen, ſon-
dern ſtatt deſſen nur mit der Hand ans Haupt geſchlagen. Die Lieflaͤnder haͤtten ein
gleiches gethan, wenn ſie bedeckt zum Gehoͤr gekommen, und das Haupt nicht ent-
bloͤſſen wollen. Allein es komt uns warſcheinlicher vor, daß mit dieſer Redensart ein
ander Ceremoniel angezeiget werde. Die Ruſſen nennen es Poclan udarith oder
Byth Czalom, wenn ſich einer auf die Knie legt, auf die Haͤnde ſtuͤtzet, und den
Kopf auf den Fusboden ſchlaͤgt. Je demuͤthiger ein ſolcher iſt, deſto ſtaͤrker hoͤret
man den Schlag. Zu unſern Zeiten geſchiehet das nur in gewiſſen Faͤllen und von ge-
wiſſen Perſonen. Nachdem die alte Kleidung und die groſſen Baͤrte abgeſchaft ſind,
ſo iſt auch das Hauptſchlagen nicht ſonderlich im Gebrauch, als in den entlegenſten
Provinzien. Doch iſt die Redensart beibehalten, ob gleich weiter nichts als eine
tiefe Beugung darunter verſtanden wird. Czalo-Byth heiſt ein Schlag an die
Stirne, welcher Name jetzo einer Bitſchrift oder Supplik beigeleget wird. Man ſagt
noch bey Beſtellung eines Gruſſes: Mache meinen Hauptſchlag, oder, beuge dich
meinetwegen. Ob die Lieflaͤnder in eigentlichem Verſtande ihre Haͤupter bey der
Audienz ſchlagen muͤſſen, laͤſt ſich nicht beſtimmen. Der Jnhalt der Tractaten iſt
dieſer: Waſili von GOttes Gnaden Kaiſer und Herr aller Reuſſen und Grosfuͤrſt,
wird im Namen des Meiſters, des Erzbiſchofs und der Biſchoͤfe von Liefland, durch
die deutſchen Boten, Johan Hildorp, Meiſter Johan Oldenſen, Kanzler,
Johan Kannen und Kerſten Soye erſuchet, ſreien Handel und Wandel zu verſtat-
ten, und daruͤber den Stathalter in Nogarden, Fuͤrſten Daniel Waſilewitz und
Gregori Federowitz, wie auch dem Stathalter in Plescow, Fuͤrſten Jvan Mi-
chaelowitz,
Befehle zuzuſenden; welches der Kaiſer Waſili auf 14 Jahr zugeſtehet,
vom Tage der Bekantmachung 7017 anzurechnen bis 7031. Den Nogardern wird
ein Wegweiſer durch Liefland zugeſtanden, und wenn ſie ein Pferd in des Meiſters
Lande kaufen, giebt der Nogarder fuͤr den Freibrief einen Ferding, fuͤr die freie
Ausfuͤhrung aber einen Denning. Beiderſeitige Unterthanen aber werden nicht
mehr gepeiniget, und genieſſen jeder in des andern Landen frey Geleite.
Das Kreutz kuͤſſete unter andern rußiſchen Bojaren und Kaufleuten der Aelterman der
Kaufleute, Alexei Gregorewitz Kyrilow. Der Brief iſt vom 25ten Merz in
Grosnogarden unterzeichnet und mit 8 Siegeln verſehen. Ein andrer von eben
demſelben Jahre mit 10 Siegeln, betrift die Handelsfreiheit der plescowiſchen Ruſ-
ſen
und iſt faſt von gleichem Jnhalt. Beilaͤufig laͤſt ſich anmerken, daß die Lieflaͤnder
das Wort Czaar ſchon damals in ihren Translaten durch Kaiſer uͤberſetzet.
uns zur Hand gekommenen Proces der alten Zeit erkennen. B hatte ein Urtheil auf ein Gut ge-
wonnen; A unterwarf ſich nicht, ſondern appellirte, wie es die hohen Oberrichter ausdruͤcken,
wider dieſer Lande Gebrauch, von dem gemeinen Herrn Gebietiger Tag. Nach geraumer Zeit
und bey erſehenem Vortheil nahm A den Proces von neuen auf. Der Mannrichter Joban von
Buckhorſt und ſeine Beiſitzer Bernhard Smerten, Vogt zu Roſiten, und Dirik Wrede,
Vogt zu Bauſſenborg, ſprachen ihm Ao. 1542 das Gut zu. B ergrief die Appellation; doch
Meiſter Hermann Bruͤggeney beſtaͤtigte mit ſeinen Gebietigern und Raͤthen das vorige Urtheil
1543. Beide Urtheile wurden 1544 auf dem Landtage zu Wolmer wieder umgeſtoſſen, und ein
neues zum Beſten des B von den gevolmaͤchtigten Herren der Kapitel, Gebietiger und Raͤthe der
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[178/0197] Erzb. Caſpar Linde. zur Zeit der Reg. Wolthers v. Plettenberg. Der Erzbiſchoſ Michael ſtarb bald darauf nach einer 25 jaͤhrigen Regierung, am Abend Dorotheaͤ, und ward ſeinem Begehren nach zu Riga am Kreutz- gange des Doms auf dem Kirchhofe beerdiget. Das Domkapitel erwehlte hierauf am Sontage Jnvocavit den geweſenen Domdechanten, Caſpar Linde, zum Erzbiſchof, welcher aus Cham in der Pfalz, oder, wie Chytraͤus lieber wil, aus Weſtphalen gebuͤrtig war. Er holte zu Rom die Beſtaͤtigung unterm 23ſten May, kam am 5ten Septemb. in Riga wieder an, und wohnte Tages darauf dem Leichenbegaͤngnis ſeines Vorgaͤngers bey. Er war ein Liebhaber vom Bauen, verſahe die Schloͤſſer Kokenhauſen und Ronneburg mit hoͤhern Mauren und gutem Geſchuͤtz. Marienhauſen fuͤhrte er von Grund aus neu auf, d) *) 1509 d) zu ſchlagen, und haͤtten das Kreutz gekuͤſt. Die hoͤchſten und feierlichſten Eide ge- ſchahen bey der griechiſchen Kirche durchs Kreutzkuͤſſen, nach welcher Gewonheit ſich die Lieflaͤnder vielleicht bequemet haben. Das Hauptſchlagen zeigt eine ehrerbietige und tiefe Ehrenbezeugung an. Einige ſind der Meinung, die Ruſſen haͤtten damals hohe Muͤtzen getragen, welche ſie nach morgenlaͤndiſcher Art nicht abgenommen, ſon- dern ſtatt deſſen nur mit der Hand ans Haupt geſchlagen. Die Lieflaͤnder haͤtten ein gleiches gethan, wenn ſie bedeckt zum Gehoͤr gekommen, und das Haupt nicht ent- bloͤſſen wollen. Allein es komt uns warſcheinlicher vor, daß mit dieſer Redensart ein ander Ceremoniel angezeiget werde. Die Ruſſen nennen es Poclan udarith oder Byth Czalom, wenn ſich einer auf die Knie legt, auf die Haͤnde ſtuͤtzet, und den Kopf auf den Fusboden ſchlaͤgt. Je demuͤthiger ein ſolcher iſt, deſto ſtaͤrker hoͤret man den Schlag. Zu unſern Zeiten geſchiehet das nur in gewiſſen Faͤllen und von ge- wiſſen Perſonen. Nachdem die alte Kleidung und die groſſen Baͤrte abgeſchaft ſind, ſo iſt auch das Hauptſchlagen nicht ſonderlich im Gebrauch, als in den entlegenſten Provinzien. Doch iſt die Redensart beibehalten, ob gleich weiter nichts als eine tiefe Beugung darunter verſtanden wird. Czalo-Byth heiſt ein Schlag an die Stirne, welcher Name jetzo einer Bitſchrift oder Supplik beigeleget wird. Man ſagt noch bey Beſtellung eines Gruſſes: Mache meinen Hauptſchlag, oder, beuge dich meinetwegen. Ob die Lieflaͤnder in eigentlichem Verſtande ihre Haͤupter bey der Audienz ſchlagen muͤſſen, laͤſt ſich nicht beſtimmen. Der Jnhalt der Tractaten iſt dieſer: Waſili von GOttes Gnaden Kaiſer und Herr aller Reuſſen und Grosfuͤrſt, wird im Namen des Meiſters, des Erzbiſchofs und der Biſchoͤfe von Liefland, durch die deutſchen Boten, Johan Hildorp, Meiſter Johan Oldenſen, Kanzler, Johan Kannen und Kerſten Soye erſuchet, ſreien Handel und Wandel zu verſtat- ten, und daruͤber den Stathalter in Nogarden, Fuͤrſten Daniel Waſilewitz und Gregori Federowitz, wie auch dem Stathalter in Plescow, Fuͤrſten Jvan Mi- chaelowitz, Befehle zuzuſenden; welches der Kaiſer Waſili auf 14 Jahr zugeſtehet, vom Tage der Bekantmachung 7017 anzurechnen bis 7031. Den Nogardern wird ein Wegweiſer durch Liefland zugeſtanden, und wenn ſie ein Pferd in des Meiſters Lande kaufen, giebt der Nogarder fuͤr den Freibrief einen Ferding, fuͤr die freie Ausfuͤhrung aber einen Denning. Beiderſeitige Unterthanen aber werden nicht mehr gepeiniget, und genieſſen jeder in des andern Landen frey Geleite. Das Kreutz kuͤſſete unter andern rußiſchen Bojaren und Kaufleuten der Aelterman der Kaufleute, Alexei Gregorewitz Kyrilow. Der Brief iſt vom 25ten Merz in Grosnogarden unterzeichnet und mit 8 Siegeln verſehen. Ein andrer von eben demſelben Jahre mit 10 Siegeln, betrift die Handelsfreiheit der plescowiſchen Ruſ- ſen und iſt faſt von gleichem Jnhalt. Beilaͤufig laͤſt ſich anmerken, daß die Lieflaͤnder das Wort Czaar ſchon damals in ihren Translaten durch Kaiſer uͤberſetzet. *) uns zur Hand gekommenen Proces der alten Zeit erkennen. B hatte ein Urtheil auf ein Gut ge- wonnen; A unterwarf ſich nicht, ſondern appellirte, wie es die hohen Oberrichter ausdruͤcken, wider dieſer Lande Gebrauch, von dem gemeinen Herrn Gebietiger Tag. Nach geraumer Zeit und bey erſehenem Vortheil nahm A den Proces von neuen auf. Der Mannrichter Joban von Buckhorſt und ſeine Beiſitzer Bernhard Smerten, Vogt zu Roſiten, und Dirik Wrede, Vogt zu Bauſſenborg, ſprachen ihm Ao. 1542 das Gut zu. B ergrief die Appellation; doch Meiſter Hermann Bruͤggeney beſtaͤtigte mit ſeinen Gebietigern und Raͤthen das vorige Urtheil 1543. Beide Urtheile wurden 1544 auf dem Landtage zu Wolmer wieder umgeſtoſſen, und ein neues zum Beſten des B von den gevolmaͤchtigten Herren der Kapitel, Gebietiger und Raͤthe der Staͤnde aufgeſetzet, welches der Erzbiſchof Wilhelm, die Biſchoͤfe Joſt von Doͤrpt, Johan von Curland, und ſelbſt der Meiſter Bruͤggeney unterzeichnet und verſiegelt haben. Und da- bey muſte es denn ſein Bewenden haben. Y y 2

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/197>, abgerufen am 28.04.2024.