[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.Leben und Thaten der liefländischen Ordensmeister, 1392nun auch über den rigischen Erzbischof Johan von Sinten her. Der Hochmei-ster schien ihn darin zu unterstützen, weil er so wenig mit den Geistlichen, als diese mit ihm, sich vertragen konte. Zwar liessen sich der Bischof Eberhard zu Lübeck, der Comtur zu Bremen und andre, mit Beihülfe des lübischen Magistrats, sehr an- gelegen seyn die Streitigkeiten beizulegen. Sie schickten auch den rigischen Dom- propst mit dem Plan des entworfenen Vergleichs nach Liefland zurück, den aber die überal streifenden Ordensbrüder auf der Reise auffiengen und in Verhaft nah- men. Der Erzbischof hielt deswegen seine eigene Person nicht mehr für gesichert, sondern begab sich heimlich zu Schiffe, gieng nach Lübeck und sahe eine gute Weile zu, wo die Sache hinaus wolte. Wennemar erklärte nach desselben Abzuge das Erzstift für erledigt, sequestrirte desselben Güter, und stelte zugleich Ordensmeister und Erzbischof vor. Johan von Sinten wandte sich an den Kaiser Wenceslaus, und fand bey demselben ein so gnädiges Gehör, daß der Kaiser alle deutsche Ordensgüter in Böhmen mit der Sequestration belegte, und dem Erzbischof ein Empfehlungsschreiben an den Papst mit gab, auch selbi- gen bat, mit dem Bannstrahl gegen den Orden loszubrechen. Allein bey Boni- facius dem IXten machte die kaiserliche Fürbitte wenig Eindruck, ausser, daß er dem Erzbischof das Patriarchat von Antiochia auftrug, welches dieser mit Freu- den annahm, und diese Art von Landesverweisung willig antrat. Die Procura- tores des preußischen Hochmeisters Johan von Felde (a Campo), Arnold Stapul, und des liefländischen Herrn Meisters Wolmer Hafvesvorde stelten dem Papst die Sache des Ordens so vortheilhaft vor, daß Bonifacius der IXte in einem Schreiben vom 10ten Merz, und in einem andern vom 24ten Sept. im 4ten Jahr seiner Regierung sich gegen Wenemarn erklärete, er habe wohl gethan, daß er die erzstiftischen Städte, Schlösser und Dörfer der rigischen Kirche wider die Russen und andre Nachbarn in Schutz genommen, und ein Jnventarium darüber gemacht, nachdem sie der alexandrinische Patriarch ver- lassen, und in entfernte Länder gezogen. Der Orden in Liefland habe zwar ein gros Sündenregister, und sein Verbrechen gegen die Geistlichen sey ziemlich gros, weil sie es aber gleichwol abbäten, und die Einkünfte des Erzstifts an 11500 Gold- gülden jährlich der päpstlichen Kammer entrichten wolten, keinem Busfertigen aber Vergebung der Sünden abgeschlagen werden könne, so spreche er die Lief- länder von dem Banne los, und vergebe die peccata captionis, injectionis, contumaciarum excessuum, criminum, delictorum et damnorum praemis- sorum aufs volkommenste. Am 13ten Octob. legte der Ordensmeister Wennemar die Grenzstreitigkei- das diesen Hochmeister Conrad von Wallenrode in ihren Schriften als den lasterhafte- sten Tyrannen abmahlten, aus welchen es denn in die preußischen und liefländi- schen Chroniken gekommen. Doch hat uns schon der alte pomesanische Bischof Johan Lindenblat, der um diese Zeit lebte, diesen Herren auf einer bessern Seite gezeiget; und in neuern Zeiten haben ihn mehrere gegen die ungegründeten Aufbürdungen der Geschichtschreiber umständlicher gerechtfertiget. S. die königsbergischen Selecta Historica Litteraria B. II, S. 323 u. f. und im erläuterten Preussen B. 1, S. 315 u. f. c) Beim Jahre 1393 findet sich unter den der Stadt zugehörigen Abschriften ein Trans-
sumt, in welchem der dänische König Heinrich dem Bischof Albert im Jahr 1196 die Stadt Rige anzulegen erlaubet, und den Bischof für einen Fürsten des Reichs er- kläret. Wenn die Urkunde selbst nicht unecht und untergeschoben ist, so ist doch we- nigstens Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter, 1392nun auch uͤber den rigiſchen Erzbiſchof Johan von Sinten her. Der Hochmei-ſter ſchien ihn darin zu unterſtuͤtzen, weil er ſo wenig mit den Geiſtlichen, als dieſe mit ihm, ſich vertragen konte. Zwar lieſſen ſich der Biſchof Eberhard zu Luͤbeck, der Comtur zu Bremen und andre, mit Beihuͤlfe des luͤbiſchen Magiſtrats, ſehr an- gelegen ſeyn die Streitigkeiten beizulegen. Sie ſchickten auch den rigiſchen Dom- propſt mit dem Plan des entworfenen Vergleichs nach Liefland zuruͤck, den aber die uͤberal ſtreifenden Ordensbruͤder auf der Reiſe auffiengen und in Verhaft nah- men. Der Erzbiſchof hielt deswegen ſeine eigene Perſon nicht mehr fuͤr geſichert, ſondern begab ſich heimlich zu Schiffe, gieng nach Luͤbeck und ſahe eine gute Weile zu, wo die Sache hinaus wolte. Wennemar erklaͤrte nach deſſelben Abzuge das Erzſtift fuͤr erledigt, ſequeſtrirte deſſelben Guͤter, und ſtelte zugleich Ordensmeiſter und Erzbiſchof vor. Johan von Sinten wandte ſich an den Kaiſer Wenceslaus, und fand bey demſelben ein ſo gnaͤdiges Gehoͤr, daß der Kaiſer alle deutſche Ordensguͤter in Boͤhmen mit der Sequeſtration belegte, und dem Erzbiſchof ein Empfehlungsſchreiben an den Papſt mit gab, auch ſelbi- gen bat, mit dem Bannſtrahl gegen den Orden loszubrechen. Allein bey Boni- facius dem IXten machte die kaiſerliche Fuͤrbitte wenig Eindruck, auſſer, daß er dem Erzbiſchof das Patriarchat von Antiochia auftrug, welches dieſer mit Freu- den annahm, und dieſe Art von Landesverweiſung willig antrat. Die Procura- tores des preußiſchen Hochmeiſters Johan von Felde (a Campo), Arnold Stapul, und des lieflaͤndiſchen Herrn Meiſters Wolmer Hafvesvorde ſtelten dem Papſt die Sache des Ordens ſo vortheilhaft vor, daß Bonifacius der IXte in einem Schreiben vom 10ten Merz, und in einem andern vom 24ten Sept. im 4ten Jahr ſeiner Regierung ſich gegen Wenemarn erklaͤrete, er habe wohl gethan, daß er die erzſtiftiſchen Staͤdte, Schloͤſſer und Doͤrfer der rigiſchen Kirche wider die Ruſſen und andre Nachbarn in Schutz genommen, und ein Jnventarium daruͤber gemacht, nachdem ſie der alexandriniſche Patriarch ver- laſſen, und in entfernte Laͤnder gezogen. Der Orden in Liefland habe zwar ein gros Suͤndenregiſter, und ſein Verbrechen gegen die Geiſtlichen ſey ziemlich gros, weil ſie es aber gleichwol abbaͤten, und die Einkuͤnfte des Erzſtifts an 11500 Gold- guͤlden jaͤhrlich der paͤpſtlichen Kammer entrichten wolten, keinem Busfertigen aber Vergebung der Suͤnden abgeſchlagen werden koͤnne, ſo ſpreche er die Lief- laͤnder von dem Banne los, und vergebe die peccata captionis, injectionis, contumaciarum exceſſuum, criminum, delictorum et damnorum praemiſ- ſorum aufs volkommenſte. Am 13ten Octob. legte der Ordensmeiſter Wennemar die Grenzſtreitigkei- das dieſen Hochmeiſter Conrad von Wallenrode in ihren Schriften als den laſterhafte- ſten Tyrannen abmahlten, aus welchen es denn in die preußiſchen und lieflaͤndi- ſchen Chroniken gekommen. Doch hat uns ſchon der alte pomeſaniſche Biſchof Johan Lindenblat, der um dieſe Zeit lebte, dieſen Herren auf einer beſſern Seite gezeiget; und in neuern Zeiten haben ihn mehrere gegen die ungegruͤndeten Aufbuͤrdungen der Geſchichtſchreiber umſtaͤndlicher gerechtfertiget. S. die koͤnigsbergiſchen Selecta Hiſtorica Litteraria B. II, S. 323 u. f. und im erlaͤuterten Preuſſen B. 1, S. 315 u. f. c) Beim Jahre 1393 findet ſich unter den der Stadt zugehoͤrigen Abſchriften ein Trans-
ſumt, in welchem der daͤniſche Koͤnig Heinrich dem Biſchof Albert im Jahr 1196 die Stadt Rige anzulegen erlaubet, und den Biſchof fuͤr einen Fuͤrſten des Reichs er- klaͤret. Wenn die Urkunde ſelbſt nicht unecht und untergeſchoben iſt, ſo iſt doch we- nigſtens <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0132" n="114"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,</hi></fw><lb/><note place="left">1392</note>nun auch uͤber den <hi rendition="#fr">rigiſchen</hi> Erzbiſchof <hi rendition="#fr">Johan</hi> von <hi rendition="#fr">Sinten</hi> her. Der Hochmei-<lb/> ſter ſchien ihn darin zu unterſtuͤtzen, weil er ſo wenig mit den Geiſtlichen, als dieſe mit<lb/> ihm, ſich vertragen konte. 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Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
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ſter ſchien ihn darin zu unterſtuͤtzen, weil er ſo wenig mit den Geiſtlichen, als dieſe mit
ihm, ſich vertragen konte. Zwar lieſſen ſich der Biſchof Eberhard zu Luͤbeck,
der Comtur zu Bremen und andre, mit Beihuͤlfe des luͤbiſchen Magiſtrats, ſehr an-
gelegen ſeyn die Streitigkeiten beizulegen. Sie ſchickten auch den rigiſchen Dom-
propſt mit dem Plan des entworfenen Vergleichs nach Liefland zuruͤck, den aber
die uͤberal ſtreifenden Ordensbruͤder auf der Reiſe auffiengen und in Verhaft nah-
men. Der Erzbiſchof hielt deswegen ſeine eigene Perſon nicht mehr fuͤr geſichert,
ſondern begab ſich heimlich zu Schiffe, gieng nach Luͤbeck und ſahe eine gute
Weile zu, wo die Sache hinaus wolte. Wennemar erklaͤrte nach deſſelben
Abzuge das Erzſtift fuͤr erledigt, ſequeſtrirte deſſelben Guͤter, und ſtelte zugleich
Ordensmeiſter und Erzbiſchof vor. Johan von Sinten wandte ſich an den
Kaiſer Wenceslaus, und fand bey demſelben ein ſo gnaͤdiges Gehoͤr, daß der
Kaiſer alle deutſche Ordensguͤter in Boͤhmen mit der Sequeſtration belegte, und
dem Erzbiſchof ein Empfehlungsſchreiben an den Papſt mit gab, auch ſelbi-
gen bat, mit dem Bannſtrahl gegen den Orden loszubrechen. Allein bey Boni-
facius dem IXten machte die kaiſerliche Fuͤrbitte wenig Eindruck, auſſer, daß er
dem Erzbiſchof das Patriarchat von Antiochia auftrug, welches dieſer mit Freu-
den annahm, und dieſe Art von Landesverweiſung willig antrat. Die Procura-
tores des preußiſchen Hochmeiſters Johan von Felde (a Campo), Arnold
Stapul, und des lieflaͤndiſchen Herrn Meiſters Wolmer Hafvesvorde
ſtelten dem Papſt die Sache des Ordens ſo vortheilhaft vor, daß Bonifacius
der IXte in einem Schreiben vom 10ten Merz, und in einem andern vom 24ten
Sept. im 4ten Jahr ſeiner Regierung ſich gegen Wenemarn erklaͤrete, er habe wohl
gethan, daß er die erzſtiftiſchen Staͤdte, Schloͤſſer und Doͤrfer der rigiſchen
Kirche wider die Ruſſen und andre Nachbarn in Schutz genommen, und ein
Jnventarium daruͤber gemacht, nachdem ſie der alexandriniſche Patriarch ver-
laſſen, und in entfernte Laͤnder gezogen. Der Orden in Liefland habe zwar ein
gros Suͤndenregiſter, und ſein Verbrechen gegen die Geiſtlichen ſey ziemlich gros,
weil ſie es aber gleichwol abbaͤten, und die Einkuͤnfte des Erzſtifts an 11500 Gold-
guͤlden jaͤhrlich der paͤpſtlichen Kammer entrichten wolten, keinem Busfertigen
aber Vergebung der Suͤnden abgeſchlagen werden koͤnne, ſo ſpreche er die Lief-
laͤnder von dem Banne los, und vergebe die peccata captionis, injectionis,
contumaciarum exceſſuum, criminum, delictorum et damnorum praemiſ-
ſorum aufs volkommenſte.
1392
Am 13ten Octob. legte der Ordensmeiſter Wennemar die Grenzſtreitigkei-
ten bey, welche der Biſchof Johan Rekelings zu Revel, und der Abt Johan
von Padis uͤbee Sagentake und Roſeke zu Wenden entſcheiden lieſſen.
Der Landmarſchal Johan von Ole, Arnold von Altena, Comtur zu Revel,
Werner von Oilſe, Vogt zu Jerwen, waren als Mitler dabey zugegen.
Didr. Hoͤvelmann zu Goldingen, Conrad von Vitinghof zu Aſchera-
de, Didr. von Wylberg zu Mitau, Comture, Nicl. Hahn, Pfarrer in
Wenden und Mag. Marquard von Warſten, haben c) ſich als Zeugen un-
terſchrieben.
das
b)
c) Beim Jahre 1393 findet ſich unter den der Stadt zugehoͤrigen Abſchriften ein Trans-
ſumt, in welchem der daͤniſche Koͤnig Heinrich dem Biſchof Albert im Jahr 1196
die Stadt Rige anzulegen erlaubet, und den Biſchof fuͤr einen Fuͤrſten des Reichs er-
klaͤret. Wenn die Urkunde ſelbſt nicht unecht und untergeſchoben iſt, ſo iſt doch we-
nigſtens
b) dieſen Hochmeiſter Conrad von Wallenrode in ihren Schriften als den laſterhafte-
ſten Tyrannen abmahlten, aus welchen es denn in die preußiſchen und lieflaͤndi-
ſchen Chroniken gekommen. Doch hat uns ſchon der alte pomeſaniſche Biſchof
Johan Lindenblat, der um dieſe Zeit lebte, dieſen Herren auf einer beſſern Seite
gezeiget; und in neuern Zeiten haben ihn mehrere gegen die ungegruͤndeten Aufbuͤrdungen
der Geſchichtſchreiber umſtaͤndlicher gerechtfertiget. S. die koͤnigsbergiſchen Selecta
Hiſtorica Litteraria B. II, S. 323 u. f. und im erlaͤuterten Preuſſen B. 1, S. 315 u. f.
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