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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Vorrede.
den öffentlichen Bücherauctionen um 3 bis 4 Dukaten erstanden werden;
daher sie schwerlich jungen Leuten in die Hände gerathen; zu geschweigen,
daß sie sich bey den Zeiten des Ordens nur kurz aufgehalten. Die beiden
Herren Schurtzfleische*) in Wittenberg haben zwar die Ordensge-
schichte eigentlich zu ihrem Zweck erwehlet**); allein die Hülfsmittel, de-
ren sie sich bedienet, waren nicht von der Beschaffenheit, daß sie dieselbe zu-
verläßig darnach abhandeln konten.

Nachdem der königliche grosbrittannische geheime Justizrath, Hi-
storiographus, und Bibliothekarius zu Hannover, Herr Daniel Gru-
ber,
durch seine Entdeckungen in den Originibus Liuoniae der Ordenshi-
storie von Liefland die Bahn gebrochen; so schien es nicht ganz unmöglich,
diesen Fustapfen nachzuspüren, zumal da in dem schönen gruberschen
Werke eine ganze Bibliothek zur liefländischen Historie angewiesen wor-
den. Der Herr Rittmeister Otto Magnus von Aderkas auf Kürbis
bot auch gleich aus freien Stücken durch Vorschub gedruckter und unge-
druckter Schriftsteller, die nur einiger maassen in die Geschichte des Landes
einzuschlagen schienen, die erste hülfreiche Hand dazu an. Wir haben eine
so rümliche Beihülfe nicht obenhin angenommen, sondern sie zur Ermun-
terung gebraucht, selbst Hand ans Werk zu legen, und sind aus mehr
als einer Bibliothek mit den benöthigten, theils gesuchten, theils unge-
suchten Hülfsmitteln versehen, und also zur Ausarbeitung dieses Theils
gleichsam berufen worden.

Die Quellen, daraus die Geschichte des Ordens geschöpfet werden
muste, und worauf alles ankam, waren versiegen, oder doch hinter solche
Zäune verleget, zu denen der Zugang höchst schwer war. Man hatte uns

zwar
hier und da mit sinreichen Ausdrücken und eingestreueten Urtheilen verschönert. Bey
verschiedenen Begebenheiten des 16ten und 17ten Jahrhunderts hat er die höchste Glaub-
würdigkeit, weil ihm das revelsche Archiv zu seinem Gebrauch offen gestanden. Die
Fortsetzung, welche dieser Verfasser bis 1706 handschriftlich hinterlassen, verdienet sorg-
fältig aufgehoben zu werden.
Was seine persönlichen Umstände betrift, so war er am 5ten December 1657 in der
Stadt Greiffenhagen in Pommern geboren. Sein Vater Gottfried Relch war
Prediger, sein Grosvater aber Paul Kelch Bürgermeister in besagter Stadt. Von
seiner ersten Ehe finden wir weiter nichts, als daß er mit seinen noch übrigen 3 Stief-
töchtern Richtigkeit getroffen. Seine andere Ehe volzog er am 25sten Nov. 1696 mit
Jungfer Euphrosyna Costera, einer Tochter des Magister Caspar Costeri, Pa-
storis zu Haggers und Präpositi des ostharrischen Kreises, in welcher er 3 Töchter
erzeuget, und einen einzigen Sohn, Christian Relch, der den 23sten April 1704 geboren,
und jetzo Rathsherr und Kaufman in Dörpt ist, welcher uns auf Verlangen diese
wenige Nachricht von seinem seligen Herrn Vater mittheilen können. Er so wol, als
seine Frau starben beide 1710; er nemlich in der grossen Pest zu Revel, nachdem die
Stadt an die Russen übergegangen war, in dem Pastorathause bey St. Nicolai,
bey welcher Gemeine der selige Präpositus zum Oberpastor berufen gewesen.
*) Diese beiden Herren Brüder haben das Ordensregiment, der Professor nemlich Con-
rad Samuel
in einer historischen Dissertation in 4, der Hofrath aber und Professor
der Historie, Heinrich Leonhard, in einem eigenen Tractat in 8 abgehandelt. Beide
irren schon in dem Titel de ordine Ensiferorum, weil von dem Schwerdtbrüderorden
nur 2 Meister, die andern 46 aber ordinis Crucigerorum, oder wie sie sich selbst schrei-
ben, Teutonicorum in Livonia gewesen. Der letztere giebt unsern Schriftstellern nach
academischer Gewonheit ein lateinisch Kleid. Seine Zusätze sind Berichte des
Duisburgers, Venators und Bredenbachs. Unter den auswärtigen Geschicht-
schreibern nimt er Kojalowiczen mehrentheils als entscheidend an, und unter denen,
so ohne Documente geschrieben, hält man seine Arbeit für die gelehrteste.
**) Es liegen unter unsern Handschriften auch einige, die sich ausdrücklich für herrmei-
sterliche Chroniken ausgeben, deren Dicke noch keinen Finger breit ausmacht, und die
oft recht wunderliche Geschöpfe sind. Zu allem Glück haben sich ihre Verfasser nicht
nennen wollen.

Vorrede.
den oͤffentlichen Buͤcherauctionen um 3 bis 4 Dukaten erſtanden werden;
daher ſie ſchwerlich jungen Leuten in die Haͤnde gerathen; zu geſchweigen,
daß ſie ſich bey den Zeiten des Ordens nur kurz aufgehalten. Die beiden
Herren Schurtzfleiſche*) in Wittenberg haben zwar die Ordensge-
ſchichte eigentlich zu ihrem Zweck erwehlet**); allein die Huͤlfsmittel, de-
ren ſie ſich bedienet, waren nicht von der Beſchaffenheit, daß ſie dieſelbe zu-
verlaͤßig darnach abhandeln konten.

Nachdem der koͤnigliche grosbrittanniſche geheime Juſtizrath, Hi-
ſtoriographus, und Bibliothekarius zu Hannover, Herr Daniel Gru-
ber,
durch ſeine Entdeckungen in den Originibus Liuoniae der Ordenshi-
ſtorie von Liefland die Bahn gebrochen; ſo ſchien es nicht ganz unmoͤglich,
dieſen Fuſtapfen nachzuſpuͤren, zumal da in dem ſchoͤnen gruberſchen
Werke eine ganze Bibliothek zur lieflaͤndiſchen Hiſtorie angewieſen wor-
den. Der Herr Rittmeiſter Otto Magnus von Aderkas auf Kuͤrbis
bot auch gleich aus freien Stuͤcken durch Vorſchub gedruckter und unge-
druckter Schriftſteller, die nur einiger maaſſen in die Geſchichte des Landes
einzuſchlagen ſchienen, die erſte huͤlfreiche Hand dazu an. Wir haben eine
ſo ruͤmliche Beihuͤlfe nicht obenhin angenommen, ſondern ſie zur Ermun-
terung gebraucht, ſelbſt Hand ans Werk zu legen, und ſind aus mehr
als einer Bibliothek mit den benoͤthigten, theils geſuchten, theils unge-
ſuchten Huͤlfsmitteln verſehen, und alſo zur Ausarbeitung dieſes Theils
gleichſam berufen worden.

Die Quellen, daraus die Geſchichte des Ordens geſchoͤpfet werden
muſte, und worauf alles ankam, waren verſiegen, oder doch hinter ſolche
Zaͤune verleget, zu denen der Zugang hoͤchſt ſchwer war. Man hatte uns

zwar
hier und da mit ſinreichen Ausdruͤcken und eingeſtreueten Urtheilen verſchoͤnert. Bey
verſchiedenen Begebenheiten des 16ten und 17ten Jahrhunderts hat er die hoͤchſte Glaub-
wuͤrdigkeit, weil ihm das revelſche Archiv zu ſeinem Gebrauch offen geſtanden. Die
Fortſetzung, welche dieſer Verfaſſer bis 1706 handſchriftlich hinterlaſſen, verdienet ſorg-
faͤltig aufgehoben zu werden.
Was ſeine perſoͤnlichen Umſtaͤnde betrift, ſo war er am 5ten December 1657 in der
Stadt Greiffenhagen in Pommern geboren. Sein Vater Gottfried Relch war
Prediger, ſein Grosvater aber Paul Kelch Buͤrgermeiſter in beſagter Stadt. Von
ſeiner erſten Ehe finden wir weiter nichts, als daß er mit ſeinen noch uͤbrigen 3 Stief-
toͤchtern Richtigkeit getroffen. Seine andere Ehe volzog er am 25ſten Nov. 1696 mit
Jungfer Euphroſyna Coſtera, einer Tochter des Magiſter Caſpar Coſteri, Pa-
ſtoris zu Haggers und Praͤpoſiti des oſtharriſchen Kreiſes, in welcher er 3 Toͤchter
erzeuget, und einen einzigen Sohn, Chriſtian Relch, der den 23ſten April 1704 geboren,
und jetzo Rathsherr und Kaufman in Doͤrpt iſt, welcher uns auf Verlangen dieſe
wenige Nachricht von ſeinem ſeligen Herrn Vater mittheilen koͤnnen. Er ſo wol, als
ſeine Frau ſtarben beide 1710; er nemlich in der groſſen Peſt zu Revel, nachdem die
Stadt an die Ruſſen uͤbergegangen war, in dem Paſtorathauſe bey St. Nicolai,
bey welcher Gemeine der ſelige Praͤpoſitus zum Oberpaſtor berufen geweſen.
*) Dieſe beiden Herren Bruͤder haben das Ordensregiment, der Profeſſor nemlich Con-
rad Samuel
in einer hiſtoriſchen Diſſertation in 4, der Hofrath aber und Profeſſor
der Hiſtorie, Heinrich Leonhard, in einem eigenen Tractat in 8 abgehandelt. Beide
irren ſchon in dem Titel de ordine Enſiferorum, weil von dem Schwerdtbruͤderorden
nur 2 Meiſter, die andern 46 aber ordinis Crucigerorum, oder wie ſie ſich ſelbſt ſchrei-
ben, Teutonicorum in Livonia geweſen. Der letztere giebt unſern Schriftſtellern nach
academiſcher Gewonheit ein lateiniſch Kleid. Seine Zuſaͤtze ſind Berichte des
Duisburgers, Venators und Bredenbachs. Unter den auswaͤrtigen Geſchicht-
ſchreibern nimt er Kojalowiczen mehrentheils als entſcheidend an, und unter denen,
ſo ohne Documente geſchrieben, haͤlt man ſeine Arbeit fuͤr die gelehrteſte.
**) Es liegen unter unſern Handſchriften auch einige, die ſich ausdruͤcklich fuͤr herrmei-
ſterliche Chroniken ausgeben, deren Dicke noch keinen Finger breit ausmacht, und die
oft recht wunderliche Geſchoͤpfe ſind. Zu allem Gluͤck haben ſich ihre Verfaſſer nicht
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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/10>, abgerufen am 25.04.2024.