[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.von 1203 bis 1204. Des Bischof Alberts sechstes Jahr, vom Jahr Christi 1203 bis 1204. §. 1. Der Bischof Albert besorgte, die Stadt, welche noch sehr mäßig und1203 a) Hier braucht der Auctor, oder der Abschreiber das Wort conuersatio*) ein und das an- dere mal für conuersio; wie beym Jahre 1206 n. 6. §. 2. Nachgehends gegen den Winter wolten einige von dem Kriegsvolk nach b) Seculum annuum wird hier für annus gesetzt. Denn die Krieger, so zur Rückreise ein- packten, waren im vorigen Jahre angekommen. Hieraus erhält das glossarium des du Cange etwas Licht, so unter dem Worte seculum einen einzigen Ort hat, der dazu noch etwas dunkel ist, da Mabillon gemeinet, es sey seculum für annus gebraucht worden, weil es heist, der Leichnam eines Heiligen sey durch viele secula hindurch unverweßlich erhalten worden, der vor noch nicht 200 Jahren gestorben. §. 3. Auf diesen Schiffen war der Bruder Dietrich und Caupo, die von grösser *) Die Manuscripte haben conuersio. K
von 1203 bis 1204. Des Biſchof Alberts ſechſtes Jahr, vom Jahr Chriſti 1203 bis 1204. §. 1. Der Biſchof Albert beſorgte, die Stadt, welche noch ſehr maͤßig und1203 a) Hier braucht der Auctor, oder der Abſchreiber das Wort conuerſatio*) ein und das an- dere mal fuͤr conuerſio; wie beym Jahre 1206 n. 6. §. 2. Nachgehends gegen den Winter wolten einige von dem Kriegsvolk nach b) Seculum annuum wird hier fuͤr annus geſetzt. Denn die Krieger, ſo zur Ruͤckreiſe ein- packten, waren im vorigen Jahre angekommen. Hieraus erhaͤlt das gloſſarium des du Cange etwas Licht, ſo unter dem Worte ſeculum einen einzigen Ort hat, der dazu noch etwas dunkel iſt, da Mabillon gemeinet, es ſey ſeculum fuͤr annus gebraucht worden, weil es heiſt, der Leichnam eines Heiligen ſey durch viele ſecula hindurch unverweßlich erhalten worden, der vor noch nicht 200 Jahren geſtorben. §. 3. Auf dieſen Schiffen war der Bruder Dietrich und Caupo, die von groͤſſer *) Die Manuſcripte haben conuerſio. K
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von 1203 bis 1204.
Des Biſchof Alberts ſechſtes Jahr,
vom Jahr Chriſti 1203 bis 1204.
§. 1.
Der Biſchof Albert beſorgte, die Stadt, welche noch ſehr maͤßig und
ſchwach war, koͤnne wegen der wenigen Glaͤubigen durch die Hin-
derliſt der Heiden in Gefahr gerathen: und zog daher im ſechſten Jahr
ſeines Amts wieder nach Deutſchland um Pilger zu werben,
und ließ ſich das aufgetragene Geſchaͤfte der Heidenbekehrung
a⁾
eifrigſt angelegen
ſeyn; da er durch ſeine Hin- und Herreiſe nach Deutſchland alle Jahr eine oft-
malige und faſt unertraͤgliche Beſchwerlichkeit uͤbernahm. Nach ſeinem Abzuge be-
gaben ſich die Litthauer, die einen Abſcheu an dem Chriſtlichen Namen hatten,
mit faſt dreyhundert noch heidniſchen Liven von Aſcherade und von Lenewarden
herunter nach Riga, und wagten es ſchon zum andernmale, derſelben Vieh auf der
Weide zu erhaſchen und wegzufuͤhren. Weil nun wenige Maͤnner noch zu Riga waren,
die dazu aller Orten wegen der nahen und groſſen Waͤlder vor einem Hinterhalt
bange ſeyn muſten: ſo traueten ſie ſich nicht alle zugleich aus der Stadt zu gehen; ſon-
dern ungefaͤhr zwanzig beherzte Maͤnner aus der Buͤrgerſchaft ſetzten dem Feinde nach,
ſuchten ihr Vieh wieder zuerhalten, und hielten bey dem alten Berge ein Treffen
mit den Heiden, nachdem ſie vorher den Beyſtand des Allmaͤchtigen GOttes uͤber
ſich angerufen, und auch einiges Kriegsvolk aus der Stadt zur Huͤlfe erhalten
hatten. Der Streit ward immer hitziger, und ſie fochten ſo lange, bis ſie ermuͤ-
det waren, und ſich beyderſeits von einander trennen muſten. Einige Liven fuh-
ren auch mit einem Fahrzeuge die Duͤne hinunter, damit ſie in Abweſenheit der
Leute von der andern Seite in die Stadt dringen moͤchten. Weil aber der HErr
die Seinen ſchuͤtzet, ſo ruͤckten etliche aus der Stadt mit Pfeilen gegen ſie an, daß
ſie ſich nach der Flucht umſehen muſten. Wie das vorbey war zogen die Litthauer
ſamt den Liven nach Hauſe, doch erſchnapten ſie drey Pferde von den Buͤrgern.
Die Deutſchen lobten hierauf GOtt einmuͤthig fuͤr die Erhaltung der Menſchen
und Wiedererlangung ihres Viehes, und kehrten froͤlich in die Stadt zuruͤck.
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a⁾ Hier braucht der Auctor, oder der Abſchreiber das Wort conuerſatio *) ein und das an-
dere mal fuͤr conuerſio; wie beym Jahre 1206 n. 6.
§. 2.
Nachgehends gegen den Winter wolten einige von dem Kriegsvolk nach
Deutſchland zuruͤck, nemlich, Arnold von Meindorp, und Bernhard von
Sehuſen, nebſt etlichen andern, die das Kreuz angenommen und ſchon ein voͤl-
liges Jahr
b⁾
da geblieben waren. Sie verſahen ſich mit allem, was zur Reiſe er-
forderlich war, und legten ihr Schif vor Mariaͤ Geburt aus; wie ſie aber zur
Duͤna ausfuhren, ſchickte es GOtt, daß ihnen andere Pilger auf drey Schiffen vor
dem Hafen entgegen kamen.
b⁾ Seculum annuum wird hier fuͤr annus geſetzt. Denn die Krieger, ſo zur Ruͤckreiſe ein-
packten, waren im vorigen Jahre angekommen. Hieraus erhaͤlt das gloſſarium des du
Cange etwas Licht, ſo unter dem Worte ſeculum einen einzigen Ort hat, der dazu noch
etwas dunkel iſt, da Mabillon gemeinet, es ſey ſeculum fuͤr annus gebraucht worden,
weil es heiſt, der Leichnam eines Heiligen ſey durch viele ſecula hindurch unverweßlich
erhalten worden, der vor noch nicht 200 Jahren geſtorben.
§. 3.
Auf dieſen Schiffen war der Bruder Dietrich und Caupo, die von
Rom kamen und die betruͤbten Rigenſer mit ihrer Ankunft erfreueten. Je
groͤſſer
*) Die Manuſcripte haben conuerſio.
K
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