[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.Geschichte des dritten Bischof Alberts, sechs und zwanzigstes Jahr, 1223und reich, oder werdens doch, wenn ihr Dienst gut gehet. Jn dieser Meinung binich bestärket worden, seit dem mir in einer Urkunde, die ich No. IX. §. 7 beygebracht, ein Bremischer Bürger vorgekommen, Albero, genant König, (Albero, dictus Rex,) und in einer andern, unter den Bürgemeistern der Stadt Bremen Thiderich Dux; der im Deutschen ohne Zweifel Hertoge geheissen. §. 6. Johannes aber von Appeldern f), des Bischofs Bruder, ein vortreflicher f) Nun haben wir endlich den Geschlechtsnamen*) der Familie Alberts, der uns bey des Bischofs Bruder, Johann, entdecket wird. Dieser Beweisgrund ist bey denen Natio- nen, so jeglichem Bruder aus adelichen Häusern einen besondern und zwar verschiedenen Zunamen beylegen, ganz unnütz, unter den Deutschen aber ungemein bindig, die nur einerley Zunamen mehrern Brüdern geben. Daher die deutschen Geschlechtregister viel leichter zu verfertigen sind, seitdem die Zunamen aufgekommen, als der Franzosen *) Der Herr Hofrath Gruber waget hier einen Schritt, der uns in Liefland dreiste vorkomt, weil wir
das Vorurtheil der gemeinen Sage und der von den Vorfahren empfangenen Berichte schwerlich über- winden Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, ſechs und zwanzigſtes Jahr, 1223und reich, oder werdens doch, wenn ihr Dienſt gut gehet. Jn dieſer Meinung binich beſtaͤrket worden, ſeit dem mir in einer Urkunde, die ich No. IX. §. 7 beygebracht, ein Bremiſcher Buͤrger vorgekommen, Albero, genant Koͤnig, (Albero, dictus Rex,) und in einer andern, unter den Buͤrgemeiſtern der Stadt Bremen Thiderich Dux; der im Deutſchen ohne Zweifel Hertoge geheiſſen. §. 6. Johannes aber von Appeldern f), des Biſchofs Bruder, ein vortreflicher f) Nun haben wir endlich den Geſchlechtsnamen*) der Familie Alberts, der uns bey des Biſchofs Bruder, Johann, entdecket wird. Dieſer Beweisgrund iſt bey denen Natio- nen, ſo jeglichem Bruder aus adelichen Haͤuſern einen beſondern und zwar verſchiedenen Zunamen beylegen, ganz unnuͤtz, unter den Deutſchen aber ungemein bindig, die nur einerley Zunamen mehrern Bruͤdern geben. Daher die deutſchen Geſchlechtregiſter viel leichter zu verfertigen ſind, ſeitdem die Zunamen aufgekommen, als der Franzoſen *) Der Herr Hofrath Gruber waget hier einen Schritt, der uns in Liefland dreiſte vorkomt, weil wir
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Die erſten machten immer den nachfolgenden Platz, ſtieſſen die <hi rendition="#fr">Eſthen</hi> mit<lb/> Schwerdtern und Lanzen herunter, und jagten ſie von den Veſtungswerken weg.<lb/> Nachdem nun ſchon viele <hi rendition="#fr">Deutſchen</hi> ins Schloß gedrungen, kamen auch die <hi rendition="#fr">Let-<lb/> ten</hi> nach und einige von den <hi rendition="#fr">Liven.</hi> Dieſe fingen gleich an das Volk niederzu-<lb/> metzeln, ſo wol Mann als Weib, und verſchonten keinen, daß die Erſchlagenen<lb/> mehr denn Tauſend ausmachten. Die <hi rendition="#fr">Ruſſen</hi> aber, ſo ſich am laͤngſten wehrten,<lb/> zogen zuletzt auch den Kuͤrzern und ſprungen von oben die Veſtung hinab; ſie wur-<lb/> den aber auch hier hervorgeholet, und alle mit ihrem Koͤnig erſchlagen, uͤber zwey<lb/> hundert an der Zahl. Andre von der Armee umringeten allenthalben das Schloß,<lb/> und lieſſen keinen entwiſchen. Wer nun von der Veſtung herunter war, und in-<lb/> wendig noch durchkam, der fiel doch denen von auſſen in die Haͤnde. Alſo blieb<lb/> von allen Maͤnnern im Schloſſe nur ein einziger am Leben, ein Vaſal des Gros-<lb/> koͤnigs von <hi rendition="#fr">Susdal,</hi> der von ſeinem Herrn mit andern <hi rendition="#fr">Ruſſen</hi> nach dem<lb/> Schloſſe geſchickt war. Dieſen kleideten die Bruͤder der Ritterſchaft nachher an,<lb/> und ſchickten ihn nach <hi rendition="#fr">Nogarden</hi> und <hi rendition="#fr">Susdal</hi> auf einem guten Pferde, da-<lb/> mit er dieſe vorgefallene Begebenheit den Koͤnigen melden ſolte. Nach geſchehener<lb/> Hinrichtung aller Leute, machten die <hi rendition="#fr">Chriſten</hi> ſich eine groſſe Luſt und Muſik<lb/> mit ihren Pauken, Pfeifen und andern Jnſtrumenten, weil ſie ſich an ihren<lb/> Uebelthaͤtern gerochen, und alle aus <hi rendition="#fr">Lief-</hi> und <hi rendition="#fr">Eſthland</hi> verſamlete Treuloſen da<lb/> umgebracht. 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Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, ſechs und zwanzigſtes Jahr,
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und reich, oder werdens doch, wenn ihr Dienſt gut gehet. Jn dieſer Meinung bin
ich beſtaͤrket worden, ſeit dem mir in einer Urkunde, die ich No. IX. §. 7 beygebracht,
ein Bremiſcher Buͤrger vorgekommen, Albero, genant Koͤnig, (Albero, dictus Rex,)
und in einer andern, unter den Buͤrgemeiſtern der Stadt Bremen Thiderich Dux;
der im Deutſchen ohne Zweifel Hertoge geheiſſen.
§. 6.
Johannes aber von Appeldern
f⁾
, des Biſchofs Bruder, ein vortreflicher
Ritter, nahm Feuer in ſeine Hand, und fing zuerſt an auf den Wal zu ſteigen.
Sein Bedienter Peter Og, ſtand zu naͤchſt bey ihm, und beyde kletterten unver-
zuͤglich auf Sturmleitern bis an das Veſtungswerk. Wie die andern Ritter dis
ſahen, liefen ſie alle, und kletterten ihnen beherzt nach. Was ſol ich hier viel
Worte machen? Jeder eilte, daß er am erſten hinauf kam, damit er den Ruhm
und die Ehre JEſu Chriſti und ſeiner Mutter Mariaͤ erheben, und nach dieſem
Leben endlich den Lohn fuͤr ſeine Arbeit empfangen moͤchte. Er ſtieg alſo auf,
(wer ihm zuerſt im Weg gekommen, weiß ich nicht, GOtt weiß es,) und die ganze
Menge folgte ihm nach. Denn jeder hob ſeinen Kamerad aufs Schloß, und die
andren krochen durch das Loch, wodurch die Belagerten die feurigen Raͤder gewor-
fen. Die erſten machten immer den nachfolgenden Platz, ſtieſſen die Eſthen mit
Schwerdtern und Lanzen herunter, und jagten ſie von den Veſtungswerken weg.
Nachdem nun ſchon viele Deutſchen ins Schloß gedrungen, kamen auch die Let-
ten nach und einige von den Liven. Dieſe fingen gleich an das Volk niederzu-
metzeln, ſo wol Mann als Weib, und verſchonten keinen, daß die Erſchlagenen
mehr denn Tauſend ausmachten. Die Ruſſen aber, ſo ſich am laͤngſten wehrten,
zogen zuletzt auch den Kuͤrzern und ſprungen von oben die Veſtung hinab; ſie wur-
den aber auch hier hervorgeholet, und alle mit ihrem Koͤnig erſchlagen, uͤber zwey
hundert an der Zahl. Andre von der Armee umringeten allenthalben das Schloß,
und lieſſen keinen entwiſchen. Wer nun von der Veſtung herunter war, und in-
wendig noch durchkam, der fiel doch denen von auſſen in die Haͤnde. Alſo blieb
von allen Maͤnnern im Schloſſe nur ein einziger am Leben, ein Vaſal des Gros-
koͤnigs von Susdal, der von ſeinem Herrn mit andern Ruſſen nach dem
Schloſſe geſchickt war. Dieſen kleideten die Bruͤder der Ritterſchaft nachher an,
und ſchickten ihn nach Nogarden und Susdal auf einem guten Pferde, da-
mit er dieſe vorgefallene Begebenheit den Koͤnigen melden ſolte. Nach geſchehener
Hinrichtung aller Leute, machten die Chriſten ſich eine groſſe Luſt und Muſik
mit ihren Pauken, Pfeifen und andern Jnſtrumenten, weil ſie ſich an ihren
Uebelthaͤtern gerochen, und alle aus Lief- und Eſthland verſamlete Treuloſen da
umgebracht. Sie nahmen nachher der Ruſſen Waffen, Kleidung, Pferde, und
alle Beute im Schloſſe, auch die noch uͤbrigen Weiber und Kinder, ſteckten das
Schloß in Brand, und kehrten Tages darauf mit groſſer Beute wieder nach
Liefland. Sie dankten aber auch GOtt im Himmel fuͤr den ihnen geſchenkten
Sieg; denn er iſt freundlich und ſeine Guͤte waͤhret ewiglich. Die von Nogar-
den aber kamen mit einem ſtarken Heer nach Pleſcekowe, und wolten das
Schloß Tarbat entſetzen. Doch wie ſie hoͤrten, es waͤre ſchon uͤbergegangen,
und ihre Leute todtgeſchlagen, kehrten ſie mit groſſem Schmerz und Unwillen wie-
der nach ihrer Stadt.
f⁾ Nun haben wir endlich den Geſchlechtsnamen *) der Familie Alberts, der uns bey des
Biſchofs Bruder, Johann, entdecket wird. Dieſer Beweisgrund iſt bey denen Natio-
nen, ſo jeglichem Bruder aus adelichen Haͤuſern einen beſondern und zwar verſchiedenen
Zunamen beylegen, ganz unnuͤtz, unter den Deutſchen aber ungemein bindig, die nur
einerley Zunamen mehrern Bruͤdern geben. Daher die deutſchen Geſchlechtregiſter
viel leichter zu verfertigen ſind, ſeitdem die Zunamen aufgekommen, als der Franzoſen
und
*) Der Herr Hofrath Gruber waget hier einen Schritt, der uns in Liefland dreiſte vorkomt, weil wir
das Vorurtheil der gemeinen Sage und der von den Vorfahren empfangenen Berichte ſchwerlich uͤber-
winden
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