Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Berlin, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite
Wie? oder wär' es wirklich so, daß selbst
Der Beste seines Volkes seinem Volke
Nicht ganz entfliehen kann? daß wirklich sich
Al-Hafi seines Freund's von dieser Seite
Zu schämen hätte? -- Sey dem, wie ihm wolle! --
Der Jude sey mehr oder weniger
Als Jud', ist er nur reich; genug für uns!
Saladin.
Du willst ihm aber doch das Seine mit
Gewalt nicht nehmen, Schwester?
Sittah.
Ja, was heißt
Bey dir Gewalt! Bey Feu'r und Schwert? Nein, nein,
Was braucht es mit den Schwachen für Gewalt,
Als ihre Schwäche? -- Komm vor itzt nur mit
Jn meinen Haram, eine Sängerinn
Zu hören, die ich gestern erst gekauft.
Es reift indeß bey mir vielleicht ein Anschlag,
Den ich auf diesen Nathan habe. -- Komm!
Vierter Auftritt.
Scene: vor dem Hause des Nathan, wo es an die Pal-
men stoßt.
Recha und Nathan kommen heraus.
Zu ihnen Daja.
Recha.
Jhr habt Euch sehr verweilt, mein Vater. Er
Wird kaum noch mehr zu treffen seyn.

Nathan.
E 5
Wie? oder waͤr’ es wirklich ſo, daß ſelbſt
Der Beſte ſeines Volkes ſeinem Volke
Nicht ganz entfliehen kann? daß wirklich ſich
Al-Hafi ſeines Freund’s von dieſer Seite
Zu ſchaͤmen haͤtte? — Sey dem, wie ihm wolle! —
Der Jude ſey mehr oder weniger
Als Jud’, iſt er nur reich; genug fuͤr uns!
Saladin.
Du willſt ihm aber doch das Seine mit
Gewalt nicht nehmen, Schweſter?
Sittah.
Ja, was heißt
Bey dir Gewalt! Bey Feu’r und Schwert? Nein, nein,
Was braucht es mit den Schwachen fuͤr Gewalt,
Als ihre Schwaͤche? — Komm vor itzt nur mit
Jn meinen Haram, eine Saͤngerinn
Zu hoͤren, die ich geſtern erſt gekauft.
Es reift indeß bey mir vielleicht ein Anſchlag,
Den ich auf dieſen Nathan habe. — Komm!
Vierter Auftritt.
Scene: vor dem Hauſe des Nathan, wo es an die Pal-
men ſtoßt.
Recha und Nathan kommen heraus.
Zu ihnen Daja.
Recha.
Jhr habt Euch ſehr verweilt, mein Vater. Er
Wird kaum noch mehr zu treffen ſeyn.

Nathan.
E 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#SIT">
              <p><pb facs="#f0081" n="73"/>
Wie? oder wa&#x0364;r&#x2019; es wirklich &#x017F;o, daß &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
Der Be&#x017F;te &#x017F;eines Volkes &#x017F;einem Volke<lb/>
Nicht ganz entfliehen kann? daß wirklich &#x017F;ich<lb/>
Al-Hafi &#x017F;eines Freund&#x2019;s von die&#x017F;er Seite<lb/>
Zu &#x017F;cha&#x0364;men ha&#x0364;tte? &#x2014; Sey dem, wie ihm wolle! &#x2014;<lb/>
Der Jude &#x017F;ey mehr oder weniger<lb/>
Als Jud&#x2019;, i&#x017F;t er nur reich; genug fu&#x0364;r uns!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#SAL">
              <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Saladin.</hi> </hi> </speaker><lb/>
              <p>Du will&#x017F;t ihm aber doch das Seine mit<lb/>
Gewalt nicht nehmen, Schwe&#x017F;ter?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#SIT">
              <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Sittah.</hi> </hi> </speaker><lb/>
              <p><hi rendition="#et">Ja, was heißt</hi><lb/>
Bey dir Gewalt! Bey Feu&#x2019;r und Schwert? Nein, nein,<lb/>
Was braucht es mit den Schwachen fu&#x0364;r Gewalt,<lb/>
Als ihre Schwa&#x0364;che? &#x2014; Komm vor itzt nur mit<lb/>
Jn meinen Haram, eine Sa&#x0364;ngerinn<lb/>
Zu ho&#x0364;ren, die ich ge&#x017F;tern er&#x017F;t gekauft.<lb/>
Es reift indeß bey mir vielleicht ein An&#x017F;chlag,<lb/>
Den ich auf die&#x017F;en Nathan habe. &#x2014; Komm!</p>
            </sp>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Vierter Auftritt.</hi> </hi> </head><lb/>
            <stage>Scene: vor dem Hau&#x017F;e des Nathan, wo es an die Pal-<lb/>
men &#x017F;toßt.</stage><lb/>
            <stage><hi rendition="#b">Recha</hi> und <hi rendition="#b">Nathan</hi> kommen heraus.<lb/>
Zu ihnen <hi rendition="#b">Daja.</hi></stage><lb/>
            <sp who="#REC">
              <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Recha.</hi> </hi> </speaker><lb/>
              <p>Jhr habt Euch &#x017F;ehr verweilt, mein Vater. Er<lb/>
Wird kaum noch mehr zu treffen &#x017F;eyn.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">E 5</fw>
              <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Nathan.</hi> </fw><lb/>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0081] Wie? oder waͤr’ es wirklich ſo, daß ſelbſt Der Beſte ſeines Volkes ſeinem Volke Nicht ganz entfliehen kann? daß wirklich ſich Al-Hafi ſeines Freund’s von dieſer Seite Zu ſchaͤmen haͤtte? — Sey dem, wie ihm wolle! — Der Jude ſey mehr oder weniger Als Jud’, iſt er nur reich; genug fuͤr uns! Saladin. Du willſt ihm aber doch das Seine mit Gewalt nicht nehmen, Schweſter? Sittah. Ja, was heißt Bey dir Gewalt! Bey Feu’r und Schwert? Nein, nein, Was braucht es mit den Schwachen fuͤr Gewalt, Als ihre Schwaͤche? — Komm vor itzt nur mit Jn meinen Haram, eine Saͤngerinn Zu hoͤren, die ich geſtern erſt gekauft. Es reift indeß bey mir vielleicht ein Anſchlag, Den ich auf dieſen Nathan habe. — Komm! Vierter Auftritt. Scene: vor dem Hauſe des Nathan, wo es an die Pal- men ſtoßt. Recha und Nathan kommen heraus. Zu ihnen Daja. Recha. Jhr habt Euch ſehr verweilt, mein Vater. Er Wird kaum noch mehr zu treffen ſeyn. Nathan. E 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_nathan_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_nathan_1779/81
Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Berlin, 1779, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_nathan_1779/81>, abgerufen am 25.11.2024.