Lessing, Gotthold Ephraim: Minna von Barnhelm, oder das Soldatenglück. Berlin, 1767.Minna von Barnhelm, würdiger Mann, der sich nicht schämet, sein gan- zes Glück einem Frauenzimmer zu verdanken, dessen blinde Zärtlichkeit -- Das Fräulein. Und das ist Jhr Ernst, Herr Major? -- (indem sie ihm plötzlich den Rücken wendet) Franciska! v. Tellheim. Werden Sie nicht ungehalten, mein Fräulein -- Das Fräulein. (bey Seite zur Franciska) Jetzt wäre es Zeit! Was räthst du mir, Franciska? -- Franciska. Jch rathe nichts. Aber freylich macht er es Jhnen ein wenig zu bunt. -- v. Tellheim. (der sie zu unterbrechen kömmt) Sie sind ungehalten, mein Fräulein -- Das Fräulein. (höhnisch) Jch? im geringsten nicht. v. Tellheim. Wenn ich Sie weniger liebte, mein Fräulein -- Das Fräulein. (noch in diesem Tone) O gewiß, es wäre mein Unglück! -- Und sehen Sie, Herr Major, ich will Jhr Unglück auch nicht. -- Man muß ganz uneigennützig lieben. -- Eben so gut, daß ich nicht offenherziger gewesen bin! Vielleicht würde
Minna von Barnhelm, wuͤrdiger Mann, der ſich nicht ſchaͤmet, ſein gan- zes Gluͤck einem Frauenzimmer zu verdanken, deſſen blinde Zaͤrtlichkeit — Das Fraͤulein. Und das iſt Jhr Ernſt, Herr Major? — (indem ſie ihm ploͤtzlich den Ruͤcken wendet) Franciska! v. Tellheim. Werden Sie nicht ungehalten, mein Fraͤulein — Das Fraͤulein. (bey Seite zur Franciska) Jetzt waͤre es Zeit! Was raͤthſt du mir, Franciska? — Franciska. Jch rathe nichts. Aber freylich macht er es Jhnen ein wenig zu bunt. — v. Tellheim. (der ſie zu unterbrechen koͤmmt) Sie ſind ungehalten, mein Fraͤulein — Das Fraͤulein. (hoͤhniſch) Jch? im geringſten nicht. v. Tellheim. Wenn ich Sie weniger liebte, mein Fraͤulein — Das Fraͤulein. (noch in dieſem Tone) O gewiß, es waͤre mein Ungluͤck! — Und ſehen Sie, Herr Major, ich will Jhr Ungluͤck auch nicht. — Man muß ganz uneigennuͤtzig lieben. — Eben ſo gut, daß ich nicht offenherziger geweſen bin! Vielleicht wuͤrde
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#TEL"> <p><pb facs="#f0152" n="148"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Minna von Barnhelm,</hi></fw><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> wuͤrdiger Mann, der ſich nicht ſchaͤmet, ſein gan-<lb/> zes Gluͤck einem Frauenzimmer zu verdanken,<lb/> deſſen blinde Zaͤrtlichkeit —</p> </sp><lb/> <sp who="#MIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Das Fraͤulein.</hi> </speaker> <p>Und das iſt Jhr Ernſt, Herr<lb/> Major? —</p> <stage>(indem ſie ihm ploͤtzlich den Ruͤcken wendet)</stage><lb/> <p>Franciska!</p> </sp><lb/> <sp who="#TEL"> <speaker> <hi rendition="#fr">v. Tellheim.</hi> </speaker> <p>Werden Sie nicht ungehalten,<lb/> mein Fraͤulein —</p> </sp><lb/> <sp who="#MIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Das Fraͤulein.</hi> </speaker> <stage>(bey Seite zur Franciska)</stage> <p>Jetzt<lb/> waͤre es Zeit! Was raͤthſt du mir, Franciska? —</p> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Franciska.</hi> </speaker> <p>Jch rathe nichts. Aber freylich<lb/> macht er es Jhnen ein wenig zu bunt. —</p> </sp><lb/> <sp who="#TEL"> <speaker> <hi rendition="#fr">v. Tellheim.</hi> </speaker> <stage>(der ſie zu unterbrechen koͤmmt)</stage> <p>Sie<lb/> ſind ungehalten, mein Fraͤulein —</p> </sp><lb/> <sp who="#MIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Das Fraͤulein.</hi> </speaker> <stage>(hoͤhniſch)</stage> <p>Jch? im geringſten<lb/> nicht.</p> </sp><lb/> <sp who="#TEL"> <speaker> <hi rendition="#fr">v. Tellheim.</hi> </speaker> <p>Wenn ich Sie weniger liebte,<lb/> mein Fraͤulein —</p> </sp><lb/> <sp who="#MIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Das Fraͤulein.</hi> </speaker> <stage>(noch in dieſem Tone)</stage> <p>O gewiß,<lb/> es waͤre mein Ungluͤck! — Und ſehen Sie, Herr<lb/> Major, ich will Jhr Ungluͤck auch nicht. — Man<lb/> muß ganz uneigennuͤtzig lieben. — Eben ſo gut,<lb/> daß ich nicht offenherziger geweſen bin! Vielleicht<lb/> <fw place="bottom" type="catch">wuͤrde</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [148/0152]
Minna von Barnhelm,
wuͤrdiger Mann, der ſich nicht ſchaͤmet, ſein gan-
zes Gluͤck einem Frauenzimmer zu verdanken,
deſſen blinde Zaͤrtlichkeit —
Das Fraͤulein. Und das iſt Jhr Ernſt, Herr
Major? — (indem ſie ihm ploͤtzlich den Ruͤcken wendet)
Franciska!
v. Tellheim. Werden Sie nicht ungehalten,
mein Fraͤulein —
Das Fraͤulein. (bey Seite zur Franciska) Jetzt
waͤre es Zeit! Was raͤthſt du mir, Franciska? —
Franciska. Jch rathe nichts. Aber freylich
macht er es Jhnen ein wenig zu bunt. —
v. Tellheim. (der ſie zu unterbrechen koͤmmt) Sie
ſind ungehalten, mein Fraͤulein —
Das Fraͤulein. (hoͤhniſch) Jch? im geringſten
nicht.
v. Tellheim. Wenn ich Sie weniger liebte,
mein Fraͤulein —
Das Fraͤulein. (noch in dieſem Tone) O gewiß,
es waͤre mein Ungluͤck! — Und ſehen Sie, Herr
Major, ich will Jhr Ungluͤck auch nicht. — Man
muß ganz uneigennuͤtzig lieben. — Eben ſo gut,
daß ich nicht offenherziger geweſen bin! Vielleicht
wuͤrde
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |