Lessing, Gotthold Ephraim: Minna von Barnhelm, oder das Soldatenglück. Berlin, 1767.oder das Soldatenglück. Das Fräulein. Hartnäckiger Mann! v. Tellheim. Jch brauche keine Gnade; ich will Gerechtigkeit. Meine Ehre -- Das Fräulein. Die Ehre eines Mannes, wie Sie -- v. Tellheim. (hitzig) Nein, mein Fräulein, Sie werden von allen Dingen recht gut urtheilen können, nur hierüber nicht. Die Ehre ist nicht die Stimme unsers Gewissen, nicht das Zeugniß weniger Rechtschaffnen -- -- Das Fräulein. Nein, nein, ich weiß wohl. -- Die Ehre ist -- die Ehre. v. Tellheim. Kurz, mein Fräulein, -- Sie haben mich nicht ausreden lassen. -- Jch wollte sagen: wenn man mir das Meinige so schimpflich vorenthält, wenn meiner Ehre nicht die vollkom- menste Genugthuung geschieht; so kann ich, mein Fräulein, der Jhrige nicht seyn. Denn ich bin es in den Augen der Welt nicht werth, zu seyn. Das Fräulein von Barnhelm verdienet einen un- bescholtenen Mann. Es ist eine nichtswürdige Liebe, die kein Bedenken trägt, ihren Gegenstand der Verachtung auszusetzen. Es ist ein nichts- wür- K 2
oder das Soldatengluͤck. Das Fraͤulein. Hartnaͤckiger Mann! v. Tellheim. Jch brauche keine Gnade; ich will Gerechtigkeit. Meine Ehre — Das Fraͤulein. Die Ehre eines Mannes, wie Sie — v. Tellheim. (hitzig) Nein, mein Fraͤulein, Sie werden von allen Dingen recht gut urtheilen koͤnnen, nur hieruͤber nicht. Die Ehre iſt nicht die Stimme unſers Gewiſſen, nicht das Zeugniß weniger Rechtſchaffnen — — Das Fraͤulein. Nein, nein, ich weiß wohl. — Die Ehre iſt — die Ehre. v. Tellheim. Kurz, mein Fraͤulein, — Sie haben mich nicht ausreden laſſen. — Jch wollte ſagen: wenn man mir das Meinige ſo ſchimpflich vorenthaͤlt, wenn meiner Ehre nicht die vollkom- menſte Genugthuung geſchieht; ſo kann ich, mein Fraͤulein, der Jhrige nicht ſeyn. Denn ich bin es in den Augen der Welt nicht werth, zu ſeyn. Das Fraͤulein von Barnhelm verdienet einen un- beſcholtenen Mann. Es iſt eine nichtswuͤrdige Liebe, die kein Bedenken traͤgt, ihren Gegenſtand der Verachtung auszuſetzen. Es iſt ein nichts- wuͤr- K 2
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will Gerechtigkeit. Meine Ehre —
Das Fraͤulein. Die Ehre eines Mannes,
wie Sie —
v. Tellheim. (hitzig) Nein, mein Fraͤulein,
Sie werden von allen Dingen recht gut urtheilen
koͤnnen, nur hieruͤber nicht. Die Ehre iſt nicht
die Stimme unſers Gewiſſen, nicht das Zeugniß
weniger Rechtſchaffnen — —
Das Fraͤulein. Nein, nein, ich weiß wohl. —
Die Ehre iſt — die Ehre.
v. Tellheim. Kurz, mein Fraͤulein, — Sie
haben mich nicht ausreden laſſen. — Jch wollte
ſagen: wenn man mir das Meinige ſo ſchimpflich
vorenthaͤlt, wenn meiner Ehre nicht die vollkom-
menſte Genugthuung geſchieht; ſo kann ich, mein
Fraͤulein, der Jhrige nicht ſeyn. Denn ich bin
es in den Augen der Welt nicht werth, zu ſeyn.
Das Fraͤulein von Barnhelm verdienet einen un-
beſcholtenen Mann. Es iſt eine nichtswuͤrdige
Liebe, die kein Bedenken traͤgt, ihren Gegenſtand
der Verachtung auszuſetzen. Es iſt ein nichts-
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