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Lessing, Gotthold Ephraim: Minna von Barnhelm, oder das Soldatenglück. Berlin, 1767.

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Minna von Barnhelm,


Dank, daß sie ihre Ansprüche auf einen Mann
haben fahren lassen, den ich doch nur sehr ungern
mit ihnen getheilet hätte. -- Jch bin Jhre Ge-
bietherinn, Tellheim; Sie brauchen weiter keinen
Herrn. -- Sie verabschiedet zu finden, das
Glück hätte ich mir kaum träumen lassen! --
Doch Sie sind nicht blos verabschiedet: Sie sind
noch mehr. Was sind Sie noch mehr? Ein Krie-
pel: sagten Sie? Nun,
(indem sie ihn von oben bis
unten betrachtet)
der Kriepel ist doch noch ziemlich
ganz und gerade; scheinet doch noch ziemlich ge-
sund und stark. -- Lieber Tellheim, wenn Sie
auf den Verlust Jhrer gesunden Gliedmaaßen bet-
teln zu gehen denken: so prophezeye ich Jhnen
voraus, daß Sie vor den wenigsten Thüren etwas
bekommen werden; ausgenommen vor den Thü-
ren der gutherzigen Mädchen, wie ich.
v. Tellheim. Jetzt höre ich nur das muthwil-
lige Mädchen, liebe Minna.
Das Fräulein. Und ich höre in Jhrem Ver-
weise nur das Liebe Minna. -- Jch will nicht
mehr muthwillig seyn. Denn ich besinne mich,
daß Sie allerdings ein kleiner Kriepel sind. Ein
Schuß
Minna von Barnhelm,


Dank, daß ſie ihre Anſpruͤche auf einen Mann
haben fahren laſſen, den ich doch nur ſehr ungern
mit ihnen getheilet haͤtte. — Jch bin Jhre Ge-
bietherinn, Tellheim; Sie brauchen weiter keinen
Herrn. — Sie verabſchiedet zu finden, das
Gluͤck haͤtte ich mir kaum traͤumen laſſen! —
Doch Sie ſind nicht blos verabſchiedet: Sie ſind
noch mehr. Was ſind Sie noch mehr? Ein Krie-
pel: ſagten Sie? Nun,
(indem ſie ihn von oben bis
unten betrachtet)
der Kriepel iſt doch noch ziemlich
ganz und gerade; ſcheinet doch noch ziemlich ge-
ſund und ſtark. — Lieber Tellheim, wenn Sie
auf den Verluſt Jhrer geſunden Gliedmaaßen bet-
teln zu gehen denken: ſo prophezeye ich Jhnen
voraus, daß Sie vor den wenigſten Thuͤren etwas
bekommen werden; ausgenommen vor den Thuͤ-
ren der gutherzigen Maͤdchen, wie ich.
v. Tellheim. Jetzt hoͤre ich nur das muthwil-
lige Maͤdchen, liebe Minna.
Das Fraͤulein. Und ich hoͤre in Jhrem Ver-
weiſe nur das Liebe Minna. — Jch will nicht
mehr muthwillig ſeyn. Denn ich beſinne mich,
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[138/0142] Minna von Barnhelm, Dank, daß ſie ihre Anſpruͤche auf einen Mann haben fahren laſſen, den ich doch nur ſehr ungern mit ihnen getheilet haͤtte. — Jch bin Jhre Ge- bietherinn, Tellheim; Sie brauchen weiter keinen Herrn. — Sie verabſchiedet zu finden, das Gluͤck haͤtte ich mir kaum traͤumen laſſen! — Doch Sie ſind nicht blos verabſchiedet: Sie ſind noch mehr. Was ſind Sie noch mehr? Ein Krie- pel: ſagten Sie? Nun, (indem ſie ihn von oben bis unten betrachtet) der Kriepel iſt doch noch ziemlich ganz und gerade; ſcheinet doch noch ziemlich ge- ſund und ſtark. — Lieber Tellheim, wenn Sie auf den Verluſt Jhrer geſunden Gliedmaaßen bet- teln zu gehen denken: ſo prophezeye ich Jhnen voraus, daß Sie vor den wenigſten Thuͤren etwas bekommen werden; ausgenommen vor den Thuͤ- ren der gutherzigen Maͤdchen, wie ich. v. Tellheim. Jetzt hoͤre ich nur das muthwil- lige Maͤdchen, liebe Minna. Das Fraͤulein. Und ich hoͤre in Jhrem Ver- weiſe nur das Liebe Minna. — Jch will nicht mehr muthwillig ſeyn. Denn ich beſinne mich, daß Sie allerdings ein kleiner Kriepel ſind. Ein Schuß

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Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Minna von Barnhelm, oder das Soldatenglück. Berlin, 1767, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_minna_1767/142>, abgerufen am 02.05.2024.