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Lessing, Gotthold Ephraim: Minna von Barnhelm, oder das Soldatenglück. Berlin, 1767.

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Minna von Barnhelm,


Danziger zu haben, und so schlechte Mores! --
Einem Manne, wie meinem Herrn, der Jahr und
Tag bey Jhm gewohnt, von dem Er schon so
manchen schönen Thaler gezogen, der in seinem
Leben keinen Heller schuldig geblieben ist; weil er
ein Paar Monate her nicht prompt bezahlt, weil
er nicht mehr so viel aufgehen läßt, -- in der
Abwesenheit das Zimmer auszuräumen!
Der Wirth. Da ich aber das Zimmer noth-
wendig brauchte? da ich voraus sahe, daß der
Herr Major es selbst gutwillig würde geräumt
haben, wenn wir nur lange auf seine Zurück-
kunft hätten warten können? Sollte ich denn
so eine fremde Herrschaft wieder von meiner
Thüre wegfahren lassen? Sollte ich einem andern
Wirthe so einen Verdienst muthwillig in den
Rachen jagen? Und ich glaube nicht einmal, daß
sie sonst wo unterkommen wäre. Die Wirths-
häuser sind ietzt alle stark besetzt. Sollte eine so
junge, schöne, liebenswürdige Dame, auf der
Straße bleiben? Dazu ist sein Herr viel zu galant!
Und was verliert er denn dabey? Habe ich ihm
nicht ein anderes Zimmer dafür eingeräumt?

Just.
Minna von Barnhelm,


Danziger zu haben, und ſo ſchlechte Mores! —
Einem Manne, wie meinem Herrn, der Jahr und
Tag bey Jhm gewohnt, von dem Er ſchon ſo
manchen ſchoͤnen Thaler gezogen, der in ſeinem
Leben keinen Heller ſchuldig geblieben iſt; weil er
ein Paar Monate her nicht prompt bezahlt, weil
er nicht mehr ſo viel aufgehen laͤßt, — in der
Abweſenheit das Zimmer auszuraͤumen!
Der Wirth. Da ich aber das Zimmer noth-
wendig brauchte? da ich voraus ſahe, daß der
Herr Major es ſelbſt gutwillig wuͤrde geraͤumt
haben, wenn wir nur lange auf ſeine Zuruͤck-
kunft haͤtten warten koͤnnen? Sollte ich denn
ſo eine fremde Herrſchaft wieder von meiner
Thuͤre wegfahren laſſen? Sollte ich einem andern
Wirthe ſo einen Verdienſt muthwillig in den
Rachen jagen? Und ich glaube nicht einmal, daß
ſie ſonſt wo unterkommen waͤre. Die Wirths-
haͤuſer ſind ietzt alle ſtark beſetzt. Sollte eine ſo
junge, ſchoͤne, liebenswuͤrdige Dame, auf der
Straße bleiben? Dazu iſt ſein Herr viel zu galant!
Und was verliert er denn dabey? Habe ich ihm
nicht ein anderes Zimmer dafuͤr eingeraͤumt?

Juſt.
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[10/0014] Minna von Barnhelm, Danziger zu haben, und ſo ſchlechte Mores! — Einem Manne, wie meinem Herrn, der Jahr und Tag bey Jhm gewohnt, von dem Er ſchon ſo manchen ſchoͤnen Thaler gezogen, der in ſeinem Leben keinen Heller ſchuldig geblieben iſt; weil er ein Paar Monate her nicht prompt bezahlt, weil er nicht mehr ſo viel aufgehen laͤßt, — in der Abweſenheit das Zimmer auszuraͤumen! Der Wirth. Da ich aber das Zimmer noth- wendig brauchte? da ich voraus ſahe, daß der Herr Major es ſelbſt gutwillig wuͤrde geraͤumt haben, wenn wir nur lange auf ſeine Zuruͤck- kunft haͤtten warten koͤnnen? Sollte ich denn ſo eine fremde Herrſchaft wieder von meiner Thuͤre wegfahren laſſen? Sollte ich einem andern Wirthe ſo einen Verdienſt muthwillig in den Rachen jagen? Und ich glaube nicht einmal, daß ſie ſonſt wo unterkommen waͤre. Die Wirths- haͤuſer ſind ietzt alle ſtark beſetzt. Sollte eine ſo junge, ſchoͤne, liebenswuͤrdige Dame, auf der Straße bleiben? Dazu iſt ſein Herr viel zu galant! Und was verliert er denn dabey? Habe ich ihm nicht ein anderes Zimmer dafuͤr eingeraͤumt? Juſt.

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Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Minna von Barnhelm, oder das Soldatenglück. Berlin, 1767, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_minna_1767/14>, abgerufen am 29.03.2024.