(S. die vierte Fabel). Herkules wird in den Him- mel aufgenommen, und unterläßt dem Plutus seine Verehrung zu bezeigen. Sollte er sie wohl auch seiner Todfeindin, der Juno, zu bezeigen un- terlassen haben? Oder würde es dem Herkules an- ständiger gewesen seyn, ihr für ihre Verfolgungen zu danken? (S. die zweyte Fabel).
Oder man sucht eine edlere Moral in die Fabel zu legen; denn es giebt unter den griechischeu Fabeln verschiedene, die eine sehr nichtswürdige haben. Die Esel bitten den Jupiter, ihr Leben minder elend seyn zu lassen. Jupiter antwortet: tote autous a- pallagesesthae tes kakopatheias, otan ou'rountes poie- sosi potamon. Welche eine unanständige Antwort für eine Gottheit! Ich schmeichle mir, daß ich den Jupiter würdiger antworten lassen, und überhaupt eine schönere Fabel daraus gemacht habe. (S. die zehnte Fabel.)
-- Ich breche ab! Denn ich kann mich unmög- lich zwingen, einen Commentar über meine eigene Versuche zu schreiben.
Inhalt.
(S. die vierte Fabel). Herkules wird in den Him- mel aufgenommen, und unterläßt dem Plutus ſeine Verehrung zu bezeigen. Sollte er ſie wohl auch ſeiner Todfeindin, der Juno, zu bezeigen un- terlaſſen haben? Oder würde es dem Herkules an- ſtändiger geweſen ſeyn, ihr für ihre Verfolgungen zu danken? (S. die zweyte Fabel).
Oder man ſucht eine edlere Moral in die Fabel zu legen; denn es giebt unter den griechiſcheu Fabeln verſchiedene, die eine ſehr nichtswürdige haben. Die Eſel bitten den Jupiter, ihr Leben minder elend ſeyn zu laſſen. Jupiter antwortet: τοτε ἀυτους ἀ- παλλαγησεσϑαη της κακοπαϑειας, ὀταν ου᾽ρουντες ποιη- σωσι ποταμον. Welche eine unanſtändige Antwort für eine Gottheit! Ich ſchmeichle mir, daß ich den Jupiter würdiger antworten laſſen, und überhaupt eine ſchönere Fabel daraus gemacht habe. (S. die zehnte Fabel.)
— Ich breche ab! Denn ich kann mich unmög- lich zwingen, einen Commentar über meine eigene Verſuche zu ſchreiben.
Inhalt.
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(S. die vierte Fabel). Herkules wird in den Him-
mel aufgenommen, und unterläßt dem Plutus
ſeine Verehrung zu bezeigen. Sollte er ſie wohl
auch ſeiner Todfeindin, der Juno, zu bezeigen un-
terlaſſen haben? Oder würde es dem Herkules an-
ſtändiger geweſen ſeyn, ihr für ihre Verfolgungen
zu danken? (S. die zweyte Fabel).
Oder man ſucht eine edlere Moral in die Fabel zu
legen; denn es giebt unter den griechiſcheu Fabeln
verſchiedene, die eine ſehr nichtswürdige haben. Die
Eſel bitten den Jupiter, ihr Leben minder elend
ſeyn zu laſſen. Jupiter antwortet: τοτε ἀυτους ἀ-
παλλαγησεσϑαη της κακοπαϑειας, ὀταν ου᾽ρουντες ποιη-
σωσι ποταμον. Welche eine unanſtändige Antwort
für eine Gottheit! Ich ſchmeichle mir, daß ich den
Jupiter würdiger antworten laſſen, und überhaupt
eine ſchönere Fabel daraus gemacht habe. (S. die
zehnte Fabel.)
— Ich breche ab! Denn ich kann mich unmög-
lich zwingen, einen Commentar über meine eigene
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Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759/260>, abgerufen am 06.07.2024.
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