heit ist nicht der einzige Vorzug der anschauenden Erkenntniß.
Weil wir durch diese einen Satz geschwinder über- sehen, und so in einer kürzern Zeit mehr Bewegungs- gründe in ihm entdecken können, als wenn er sym- bolisch ausgedrückt ist: so hat die anschauende Er- kenntniß auch einen weit grössern Einfluß in den Willen, als die symbolische.
Die Grade dieses Einflusses richten sich nach den Graden ihrer Lebhaftigkeit; und die Grade ihrer Lebhaftigkeit, nach den Graden der nähern und mehrern Bestimmungen, in die das Besondere ge- setzt wird. Je näher das Besondere bestimmt wird, je mehr sich darinn unterscheiden läßt, desto grösser ist die Lebhaftigkeit der anschauenden Erkenntniß.
Die Möglichkeit ist eine Art des Allgemeinen; denn alles was möglich ist, ist auf verschiedene Art möglich.
Ein Besonderes also, bloß als möglich betrach- tet, ist gewissermaassen noch etwas Allgemeines und hindert, als dieses, die Lebhaftigkeit der an- schauenden Erkenntniß.
Folglich
heit iſt nicht der einzige Vorzug der anſchauenden Erkenntniß.
Weil wir durch dieſe einen Satz geſchwinder über- ſehen, und ſo in einer kürzern Zeit mehr Bewegungs- gründe in ihm entdecken können, als wenn er ſym- boliſch ausgedrückt iſt: ſo hat die anſchauende Er- kenntniß auch einen weit gröſſern Einfluß in den Willen, als die ſymboliſche.
Die Grade dieſes Einfluſſes richten ſich nach den Graden ihrer Lebhaftigkeit; und die Grade ihrer Lebhaftigkeit, nach den Graden der nähern und mehrern Beſtimmungen, in die das Beſondere ge- ſetzt wird. Je näher das Beſondere beſtimmt wird, je mehr ſich darinn unterſcheiden läßt, deſto gröſſer iſt die Lebhaftigkeit der anſchauenden Erkenntniß.
Die Möglichkeit iſt eine Art des Allgemeinen; denn alles was möglich iſt, iſt auf verſchiedene Art möglich.
Ein Beſonderes alſo, bloß als möglich betrach- tet, iſt gewiſſermaaſſen noch etwas Allgemeines und hindert, als dieſes, die Lebhaftigkeit der an- ſchauenden Erkenntniß.
Folglich
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heit iſt nicht der einzige Vorzug der anſchauenden
Erkenntniß.
Weil wir durch dieſe einen Satz geſchwinder über-
ſehen, und ſo in einer kürzern Zeit mehr Bewegungs-
gründe in ihm entdecken können, als wenn er ſym-
boliſch ausgedrückt iſt: ſo hat die anſchauende Er-
kenntniß auch einen weit gröſſern Einfluß in den
Willen, als die ſymboliſche.
Die Grade dieſes Einfluſſes richten ſich nach den
Graden ihrer Lebhaftigkeit; und die Grade ihrer
Lebhaftigkeit, nach den Graden der nähern und
mehrern Beſtimmungen, in die das Beſondere ge-
ſetzt wird. Je näher das Beſondere beſtimmt wird,
je mehr ſich darinn unterſcheiden läßt, deſto gröſſer
iſt die Lebhaftigkeit der anſchauenden Erkenntniß.
Die Möglichkeit iſt eine Art des Allgemeinen;
denn alles was möglich iſt, iſt auf verſchiedene Art
möglich.
Ein Beſonderes alſo, bloß als möglich betrach-
tet, iſt gewiſſermaaſſen noch etwas Allgemeines
und hindert, als dieſes, die Lebhaftigkeit der an-
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Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759/186>, abgerufen am 16.02.2025.
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