Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759.sich im geringsten nicht von seinem einmal gefaßten que le plus foible est souvent oppri- Wie seicht! Wie falsch! Wenn wahrlich K 3
ſich im geringſten nicht von ſeinem einmal gefaßten que le plus foible eſt ſouvent oppri- Wie ſeicht! Wie falſch! Wenn wahrlich K 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0169" n="149"/> ſich im geringſten nicht von ſeinem einmal gefaßten<lb/> Entſchluſſe abbringen laſſen, wenn ſein Vorwand<lb/> gleich völlig zu Schanden gemacht wird. Dieſe Mo-<lb/> ral redet von einem <hi rendition="#fr">Vorſatze</hi> (<hi rendition="#aq">deſſein</hi>); ſie redet<lb/> von gewiſſen, vor andern vorzüglich <hi rendition="#fr">gewählten</hi><lb/> Mitteln, dieſen Vorſatz zu vollführen (<hi rendition="#aq">choix</hi>): und<lb/> folglich muß auch in der Fabel etwas ſeyn, was<lb/> dieſem Vorſatze, dieſen gewählten Mitteln ent-<lb/> ſpricht; es muß in der Fabel ſich ein Unternehmen<lb/> ſinden, das mit Wahl und Abſicht geſchiehet. Bloß<lb/> dadurch wird ſie zu einer <hi rendition="#fr">vollkommenen</hi> Fabel;<lb/> welches ſie nicht ſeyn würde, wenn ſie den geringſten<lb/> Zug mehr oder weniger enthielte, als den Lehrſatz an-<lb/> ſchauend zu machen nöthig iſt. <hi rendition="#fr">Batteux</hi> bemerkt alle<lb/> ihre kleinen Schönheiten des Ausdrucks und ſtellet<lb/> ſie von dieſer Seite in ein ſehr vortheilhaftes Licht;<lb/> nur ihre weſentliche Vortrefflichkeit läßt er unerör-<lb/> tert, und verleitet ſeine Leſer ſogar, ſie zu verken-<lb/> nen. Er ſagt nehmlich, die Moral die aus dieſer<lb/> Fabel flieſſe, ſey:</p> <cit> <quote> <hi rendition="#aq">que le plus foible eſt ſouvent oppri-<lb/> mé par le plus fort.</hi> </quote> <bibl/> </cit> <p>Wie ſeicht! Wie falſch! Wenn<lb/> ſie weiter nichts als dieſes lehren ſollte, ſo hätte<lb/> <fw place="bottom" type="sig">K 3</fw><fw place="bottom" type="catch">wahrlich</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [149/0169]
ſich im geringſten nicht von ſeinem einmal gefaßten
Entſchluſſe abbringen laſſen, wenn ſein Vorwand
gleich völlig zu Schanden gemacht wird. Dieſe Mo-
ral redet von einem Vorſatze (deſſein); ſie redet
von gewiſſen, vor andern vorzüglich gewählten
Mitteln, dieſen Vorſatz zu vollführen (choix): und
folglich muß auch in der Fabel etwas ſeyn, was
dieſem Vorſatze, dieſen gewählten Mitteln ent-
ſpricht; es muß in der Fabel ſich ein Unternehmen
ſinden, das mit Wahl und Abſicht geſchiehet. Bloß
dadurch wird ſie zu einer vollkommenen Fabel;
welches ſie nicht ſeyn würde, wenn ſie den geringſten
Zug mehr oder weniger enthielte, als den Lehrſatz an-
ſchauend zu machen nöthig iſt. Batteux bemerkt alle
ihre kleinen Schönheiten des Ausdrucks und ſtellet
ſie von dieſer Seite in ein ſehr vortheilhaftes Licht;
nur ihre weſentliche Vortrefflichkeit läßt er unerör-
tert, und verleitet ſeine Leſer ſogar, ſie zu verken-
nen. Er ſagt nehmlich, die Moral die aus dieſer
Fabel flieſſe, ſey:
que le plus foible eſt ſouvent oppri-
mé par le plus fort. Wie ſeicht! Wie falſch! Wenn
ſie weiter nichts als dieſes lehren ſollte, ſo hätte
wahrlich
K 3
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