Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lessing, Gotthold Ephraim: Emilia Galotti. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite
Emilia Galotti.


Dame werde, der es einkömmt, Sie in gutem
Ernste zu lieben, Prinz: so -- --
Der Prinz. Nichts verschworen, Marinelli!
Marinelli. Ja? Jn der That, Prinz?
Könnt' es doch kommen? -- O! so mag die Grä-
finn auch so Unrecht nicht haben.
Der Prinz. Allerdings, sehr Unrecht!
Meine nahe Vermählung mit der Prinzessinn von
Massa, will durchaus, daß ich alle dergleichen
Händel fürs erste abbreche.
Marinelli. Wenn es nur das wäre: so müß-
te freylich Orsina sich in ihr Schicksal eben so wohl
zu finden wissen, als der Prinz in seines.
Der Prinz. Das unstreitig härter ist, als
ihres. Mein Herz wird das Opfer eines elenden
Staatsinteresse. Jhres darf sie nur zurückneh-
men: aber nicht wider Willen verschenken.
Marinelli. Zurücknehmen? Warum zurück-
nehmen? fragt die Gräfinn: wenn es weiter
nichts, als eine Gemahlinn ist, die dem Prinzen
nicht die Liebe, sondern die Politik zuführet?
Neben so einer Gemalinn sieht die Geliebte noch
immer
Emilia Galotti.


Dame werde, der es einkoͤmmt, Sie in gutem
Ernſte zu lieben, Prinz: ſo — —
Der Prinz. Nichts verſchworen, Marinelli!
Marinelli. Ja? Jn der That, Prinz?
Koͤnnt’ es doch kommen? — O! ſo mag die Graͤ-
finn auch ſo Unrecht nicht haben.
Der Prinz. Allerdings, ſehr Unrecht!
Meine nahe Vermaͤhlung mit der Prinzeſſinn von
Maſſa, will durchaus, daß ich alle dergleichen
Haͤndel fuͤrs erſte abbreche.
Marinelli. Wenn es nur das waͤre: ſo muͤß-
te freylich Orſina ſich in ihr Schickſal eben ſo wohl
zu finden wiſſen, als der Prinz in ſeines.
Der Prinz. Das unſtreitig haͤrter iſt, als
ihres. Mein Herz wird das Opfer eines elenden
Staatsintereſſe. Jhres darf ſie nur zuruͤckneh-
men: aber nicht wider Willen verſchenken.
Marinelli. Zuruͤcknehmen? Warum zuruͤck-
nehmen? fragt die Graͤfinn: wenn es weiter
nichts, als eine Gemahlinn iſt, die dem Prinzen
nicht die Liebe, ſondern die Politik zufuͤhret?
Neben ſo einer Gemalinn ſieht die Geliebte noch
immer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#MAR">
            <p><pb facs="#f0022" n="18"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Emilia Galotti</hi>.</fw><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Dame werde, der es einko&#x0364;mmt, Sie in gutem<lb/>
Ern&#x017F;te zu lieben, Prinz: &#x017F;o &#x2014; &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GON">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Der Prinz.</hi> </speaker>
            <p>Nichts ver&#x017F;chworen, Marinelli!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MAR">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Marinelli.</hi> </speaker>
            <p>Ja? Jn der That, Prinz?<lb/>
Ko&#x0364;nnt&#x2019; es doch kommen? &#x2014; O! &#x017F;o mag die Gra&#x0364;-<lb/>
finn auch &#x017F;o Unrecht nicht haben.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GON">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Der Prinz.</hi> </speaker>
            <p>Allerdings, &#x017F;ehr Unrecht!<lb/>
Meine nahe Verma&#x0364;hlung mit der Prinze&#x017F;&#x017F;inn von<lb/>
Ma&#x017F;&#x017F;a, will durchaus, daß ich alle dergleichen<lb/>
Ha&#x0364;ndel fu&#x0364;rs er&#x017F;te abbreche.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MAR">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Marinelli.</hi> </speaker>
            <p>Wenn es nur das wa&#x0364;re: &#x017F;o mu&#x0364;ß-<lb/>
te freylich Or&#x017F;ina &#x017F;ich in ihr Schick&#x017F;al eben &#x017F;o wohl<lb/>
zu finden wi&#x017F;&#x017F;en, als der Prinz in &#x017F;eines.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GON">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Der Prinz.</hi> </speaker>
            <p>Das un&#x017F;treitig ha&#x0364;rter i&#x017F;t, als<lb/>
ihres. Mein Herz wird das Opfer eines elenden<lb/>
Staatsintere&#x017F;&#x017F;e. Jhres darf &#x017F;ie nur zuru&#x0364;ckneh-<lb/>
men: aber nicht wider Willen ver&#x017F;chenken.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MAR">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Marinelli.</hi> </speaker>
            <p>Zuru&#x0364;cknehmen? Warum zuru&#x0364;ck-<lb/>
nehmen? fragt die Gra&#x0364;finn: wenn es weiter<lb/>
nichts, als eine Gemahlinn i&#x017F;t, die dem Prinzen<lb/>
nicht die Liebe, &#x017F;ondern die Politik zufu&#x0364;hret?<lb/>
Neben &#x017F;o einer Gemalinn &#x017F;ieht die Geliebte noch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">immer</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0022] Emilia Galotti. Dame werde, der es einkoͤmmt, Sie in gutem Ernſte zu lieben, Prinz: ſo — — Der Prinz. Nichts verſchworen, Marinelli! Marinelli. Ja? Jn der That, Prinz? Koͤnnt’ es doch kommen? — O! ſo mag die Graͤ- finn auch ſo Unrecht nicht haben. Der Prinz. Allerdings, ſehr Unrecht! Meine nahe Vermaͤhlung mit der Prinzeſſinn von Maſſa, will durchaus, daß ich alle dergleichen Haͤndel fuͤrs erſte abbreche. Marinelli. Wenn es nur das waͤre: ſo muͤß- te freylich Orſina ſich in ihr Schickſal eben ſo wohl zu finden wiſſen, als der Prinz in ſeines. Der Prinz. Das unſtreitig haͤrter iſt, als ihres. Mein Herz wird das Opfer eines elenden Staatsintereſſe. Jhres darf ſie nur zuruͤckneh- men: aber nicht wider Willen verſchenken. Marinelli. Zuruͤcknehmen? Warum zuruͤck- nehmen? fragt die Graͤfinn: wenn es weiter nichts, als eine Gemahlinn iſt, die dem Prinzen nicht die Liebe, ſondern die Politik zufuͤhret? Neben ſo einer Gemalinn ſieht die Geliebte noch immer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_emilia_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_emilia_1772/22
Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Emilia Galotti. Berlin, 1772, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_emilia_1772/22>, abgerufen am 19.04.2024.