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Lessing, Gotthold Ephraim: Emilia Galotti. Berlin, 1772.

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Emilia Galotti.


ihren Wispern, aus ihren Mienen schloß ich es. --
Was soll ich dir sagen, wenn du noch nichts
weißt? -- Was soll ich dir sagen, wenn du schon
alles weißt? -- Aber wir sind unschuldig. Jch
bin unschuldig. Deine Tochter ist unschuldig. Un-
schuldig, in allem unschuldig!
Odoardo. (der sich bey Erblickung seiner Gemahlinn
zu fassen gesucht)
Gut, gut. Sey nur ruhig, nur
ruhig, -- und antworte mir. (gegen die Orsina)
Nicht, Madame, als ob ich noch zweifelte --
Jst der Graf todt?
Claudia. Todt.
Odoardo. Jst es wahr, daß der Prinz heute
Morgen Emilien in der Messe gesprochen?
Claudia. Wahr. Aber wenn du wüßtest,
welchen Schreck es ihr verursacht; in welcher Be-
stürzung sie nach Hause kam --
Orsina. Nun hab' ich gelogen?
Odoardo (mit einem bittern Lachen) Jch wollt'
auch nicht, Sie hätten! Um wie vieles nicht!
Orsina. Bin ich wahnwitzig?
Odoardo. (wild hin und her gehend) O, --
noch bin ich es auch nicht.
Clau-
Emilia Galotti.


ihren Wiſpern, aus ihren Mienen ſchloß ich es. —
Was ſoll ich dir ſagen, wenn du noch nichts
weißt? — Was ſoll ich dir ſagen, wenn du ſchon
alles weißt? — Aber wir ſind unſchuldig. Jch
bin unſchuldig. Deine Tochter iſt unſchuldig. Un-
ſchuldig, in allem unſchuldig!
Odoardo. (der ſich bey Erblickung ſeiner Gemahlinn
zu faſſen geſucht)
Gut, gut. Sey nur ruhig, nur
ruhig, — und antworte mir. (gegen die Orſina)
Nicht, Madame, als ob ich noch zweifelte —
Jſt der Graf todt?
Claudia. Todt.
Odoardo. Jſt es wahr, daß der Prinz heute
Morgen Emilien in der Meſſe geſprochen?
Claudia. Wahr. Aber wenn du wuͤßteſt,
welchen Schreck es ihr verurſacht; in welcher Be-
ſtuͤrzung ſie nach Hauſe kam —
Orſina. Nun hab’ ich gelogen?
Odoardo (mit einem bittern Lachen) Jch wollt’
auch nicht, Sie haͤtten! Um wie vieles nicht!
Orſina. Bin ich wahnwitzig?
Odoardo. (wild hin und her gehend) O, —
noch bin ich es auch nicht.
Clau-
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[125/0129] Emilia Galotti. ihren Wiſpern, aus ihren Mienen ſchloß ich es. — Was ſoll ich dir ſagen, wenn du noch nichts weißt? — Was ſoll ich dir ſagen, wenn du ſchon alles weißt? — Aber wir ſind unſchuldig. Jch bin unſchuldig. Deine Tochter iſt unſchuldig. Un- ſchuldig, in allem unſchuldig! Odoardo. (der ſich bey Erblickung ſeiner Gemahlinn zu faſſen geſucht) Gut, gut. Sey nur ruhig, nur ruhig, — und antworte mir. (gegen die Orſina) Nicht, Madame, als ob ich noch zweifelte — Jſt der Graf todt? Claudia. Todt. Odoardo. Jſt es wahr, daß der Prinz heute Morgen Emilien in der Meſſe geſprochen? Claudia. Wahr. Aber wenn du wuͤßteſt, welchen Schreck es ihr verurſacht; in welcher Be- ſtuͤrzung ſie nach Hauſe kam — Orſina. Nun hab’ ich gelogen? Odoardo (mit einem bittern Lachen) Jch wollt’ auch nicht, Sie haͤtten! Um wie vieles nicht! Orſina. Bin ich wahnwitzig? Odoardo. (wild hin und her gehend) O, — noch bin ich es auch nicht. Clau-

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Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Emilia Galotti. Berlin, 1772, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_emilia_1772/129>, abgerufen am 04.05.2024.