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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769].

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staunen nicht, ob das Wasser der Krystall ihrer
Füße ist, welcher in Fluß gerathen, oder ob
ihre Füße der Krystall des Wassers sind, der
sich in diese Form condensirt hat. (*) Noch
verwirrter macht ihn die halbe schwarze Maske
auf dem weissen Gesichte: er kann nicht begrei-
fen, in welcher Absicht die Natur ein so göttli-

ches
(*) Las dos columnas bellas
Metio dentro del rio, y como al vellas
Vi un crystal en el rio desatado,
Y vi crystal en ellas condensado,
No supe si las aguas que se vian
Eran sus pies, que liquidos corrian,
O si sus dos columnas se formaban
De las aguas, que alli se congelaban.

Diese Aehnlichkeit treibt der Dichter noch
weiter, wenn er beschreiben will, wie die Da-
me, das Wasser zu kosten, es mit ihrer hohlen
Hand geschöpft, und nach dem Munde geführt
habe. Diese Hand, sagt er, war dem klaren
Wasser so ähnlich, daß der Fluß selbst für
Schrecken zusammen fuhr, weil er befürchtete,
sie möchte einen Theil ihrer eignen Hand mit-
trinken.
Quiso prabar a caso
El agua, y fueron crystalino vaso
Sus manos, acerco las a los labios,
Y entonces el arrayo lloro agravios,
Y como tanto, en fin, se parecia
A sus manos aquello que bebia,
Temi con sobresalto (y no fue en vano)
Que se bebiera parte de la mano.
H 2

ſtaunen nicht, ob das Waſſer der Kryſtall ihrer
Füße iſt, welcher in Fluß gerathen, oder ob
ihre Füße der Kryſtall des Waſſers ſind, der
ſich in dieſe Form condenſirt hat. (*) Noch
verwirrter macht ihn die halbe ſchwarze Maſke
auf dem weiſſen Geſichte: er kann nicht begrei-
fen, in welcher Abſicht die Natur ein ſo göttli-

ches
(*) Las dos columnas bellas
Metiò dentro del rio, y como al vellas
Vi un cryſtal en el rio deſatado,
Y vi cryſtal en ellas condenſado,
No ſupe ſi las aguas que ſe vian
Eran ſus pies, que liquidos corrian,
O ſi ſus dos columnas ſe formaban
De las aguas, que alli ſe congelaban.

Dieſe Aehnlichkeit treibt der Dichter noch
weiter, wenn er beſchreiben will, wie die Da-
me, das Waſſer zu koſten, es mit ihrer hohlen
Hand geſchöpft, und nach dem Munde geführt
habe. Dieſe Hand, ſagt er, war dem klaren
Waſſer ſo ähnlich, daß der Fluß ſelbſt für
Schrecken zuſammen fuhr, weil er befürchtete,
ſie möchte einen Theil ihrer eignen Hand mit-
trinken.
Quiſo prabar a caſo
El agua, y fueron cryſtalino vaſo
Sus manos, acercò las a los labios,
Y entonces el arrayo llorò agravios,
Y como tanto, en fin, ſe parecia
A ſus manos aquello que bebia,
Temi con ſobreſalto (y no fue en vano)
Que ſe bebiera parte de la mano.
H 2
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[59/0065] ſtaunen nicht, ob das Waſſer der Kryſtall ihrer Füße iſt, welcher in Fluß gerathen, oder ob ihre Füße der Kryſtall des Waſſers ſind, der ſich in dieſe Form condenſirt hat. (*) Noch verwirrter macht ihn die halbe ſchwarze Maſke auf dem weiſſen Geſichte: er kann nicht begrei- fen, in welcher Abſicht die Natur ein ſo göttli- ches (*) Las dos columnas bellas Metiò dentro del rio, y como al vellas Vi un cryſtal en el rio deſatado, Y vi cryſtal en ellas condenſado, No ſupe ſi las aguas que ſe vian Eran ſus pies, que liquidos corrian, O ſi ſus dos columnas ſe formaban De las aguas, que alli ſe congelaban. Dieſe Aehnlichkeit treibt der Dichter noch weiter, wenn er beſchreiben will, wie die Da- me, das Waſſer zu koſten, es mit ihrer hohlen Hand geſchöpft, und nach dem Munde geführt habe. Dieſe Hand, ſagt er, war dem klaren Waſſer ſo ähnlich, daß der Fluß ſelbſt für Schrecken zuſammen fuhr, weil er befürchtete, ſie möchte einen Theil ihrer eignen Hand mit- trinken. Quiſo prabar a caſo El agua, y fueron cryſtalino vaſo Sus manos, acercò las a los labios, Y entonces el arrayo llorò agravios, Y como tanto, en fin, ſe parecia A ſus manos aquello que bebia, Temi con ſobreſalto (y no fue en vano) Que ſe bebiera parte de la mano. H 2

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Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/65>, abgerufen am 21.11.2024.