Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769].

Bild:
<< vorherige Seite

Zeit diesen Entschluß. Was soll er thun? Er
bemächtiget sich in der Geschwindigkeit des Mäd-
chens, und bringt sie in das Haus seines Oheims,
um diesem gütigen Manne den ganzen Handel zu
entdecken. Denn das Mädchen ist zwar ent-
führt, aber sie muß ihrem Eigenthümer doch
bezahlt werden. Micio bezahlt sie auch ohne
Anstand, und freuet sich nicht sowohl über die
That der jungen Leute, als über die brüderliche
Liebe, welche er zum Grunde siehet, und über
das Vertrauen, welches sie auf ihn dabey setzen
wollen. Das größte ist geschehen; warum sollte
er nicht noch eine Kleinigkeit hinzufügen, ihnen
einen vollkommen vergnügten Tag zu machen?

-- -- -- Argentum adnu-
meravit illico:
Dedit praetera in sumptum dimidium
minae.

Hat er dem Ktesipho das Mädchen gekauft,
warum soll er ihm nicht verstatten, sich in sei-
nem Hause mit ihr zu vergnügen? Da ist nach
den alten Sitten nichts, was im geringsten der
Tugend und Ehrbarkeit widerspräche.

Aber
Ct. Pudebat. Ae. Ah, stultitia est istaec,
non pudor, tam ab parvulam
Rem paene e patria: turpe dictu. Deos
quaeso ut istaec prohibeant.

Zeit dieſen Entſchluß. Was ſoll er thun? Er
bemächtiget ſich in der Geſchwindigkeit des Mäd-
chens, und bringt ſie in das Haus ſeines Oheims,
um dieſem gütigen Manne den ganzen Handel zu
entdecken. Denn das Mädchen iſt zwar ent-
führt, aber ſie muß ihrem Eigenthümer doch
bezahlt werden. Micio bezahlt ſie auch ohne
Anſtand, und freuet ſich nicht ſowohl über die
That der jungen Leute, als über die brüderliche
Liebe, welche er zum Grunde ſiehet, und über
das Vertrauen, welches ſie auf ihn dabey ſetzen
wollen. Das größte iſt geſchehen; warum ſollte
er nicht noch eine Kleinigkeit hinzufügen, ihnen
einen vollkommen vergnügten Tag zu machen?

— — — Argentum adnu-
meravit illico:
Dedit prætera in ſumptum dimidium
minæ.

Hat er dem Kteſipho das Mädchen gekauft,
warum ſoll er ihm nicht verſtatten, ſich in ſei-
nem Hauſe mit ihr zu vergnügen? Da iſt nach
den alten Sitten nichts, was im geringſten der
Tugend und Ehrbarkeit widerſpräche.

Aber
Ct. Pudebat. Ae. Ah, ſtultitia eſt iſtæc,
non pudor, tam ab parvulam
Rem pæne e patria: turpe dictu. Deos
quæſo ut iſtæc prohibeant.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0370" n="364"/>
Zeit die&#x017F;en Ent&#x017F;chluß. Was &#x017F;oll er thun? Er<lb/>
bemächtiget &#x017F;ich in der Ge&#x017F;chwindigkeit des Mäd-<lb/>
chens, und bringt &#x017F;ie in das Haus &#x017F;eines Oheims,<lb/>
um die&#x017F;em gütigen Manne den ganzen Handel zu<lb/>
entdecken. Denn das Mädchen i&#x017F;t zwar ent-<lb/>
führt, aber &#x017F;ie muß ihrem Eigenthümer doch<lb/>
bezahlt werden. Micio bezahlt &#x017F;ie auch ohne<lb/>
An&#x017F;tand, und freuet &#x017F;ich nicht &#x017F;owohl über die<lb/>
That der jungen Leute, als über die brüderliche<lb/>
Liebe, welche er zum Grunde &#x017F;iehet, und über<lb/>
das Vertrauen, welches &#x017F;ie auf ihn dabey &#x017F;etzen<lb/>
wollen. Das größte i&#x017F;t ge&#x017F;chehen; warum &#x017F;ollte<lb/>
er nicht noch eine Kleinigkeit hinzufügen, ihnen<lb/>
einen vollkommen vergnügten Tag zu machen?</p><lb/>
        <cit>
          <quote> <hi rendition="#et">&#x2014; &#x2014; &#x2014; <hi rendition="#aq">Argentum adnu-<lb/>
meravit illico:<lb/>
Dedit prætera in &#x017F;umptum dimidium<lb/>
minæ.</hi></hi> </quote>
          <bibl/>
        </cit><lb/>
        <p>Hat er dem Kte&#x017F;ipho das Mädchen gekauft,<lb/>
warum &#x017F;oll er ihm nicht ver&#x017F;tatten, &#x017F;ich in &#x017F;ei-<lb/>
nem Hau&#x017F;e mit ihr zu vergnügen? Da i&#x017F;t nach<lb/>
den alten Sitten nichts, was im gering&#x017F;ten der<lb/>
Tugend und Ehrbarkeit wider&#x017F;präche.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Aber</fw><lb/>
        <p>
          <note xml:id="seg2pn_31_2" prev="#seg2pn_31_1" place="foot" n="(**)">
            <cit>
              <quote> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Ct.</hi></hi> Pudebat. <hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Ae.</hi></hi> Ah, &#x017F;tultitia e&#x017F;t i&#x017F;tæc,<lb/><hi rendition="#et">non pudor, tam ab parvulam</hi><lb/>
Rem pæne e patria: turpe dictu. Deos<lb/><hi rendition="#et">quæ&#x017F;o ut i&#x017F;tæc prohibeant.</hi></hi> </quote>
              <bibl/>
            </cit>
          </note>
        </p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[364/0370] Zeit dieſen Entſchluß. Was ſoll er thun? Er bemächtiget ſich in der Geſchwindigkeit des Mäd- chens, und bringt ſie in das Haus ſeines Oheims, um dieſem gütigen Manne den ganzen Handel zu entdecken. Denn das Mädchen iſt zwar ent- führt, aber ſie muß ihrem Eigenthümer doch bezahlt werden. Micio bezahlt ſie auch ohne Anſtand, und freuet ſich nicht ſowohl über die That der jungen Leute, als über die brüderliche Liebe, welche er zum Grunde ſiehet, und über das Vertrauen, welches ſie auf ihn dabey ſetzen wollen. Das größte iſt geſchehen; warum ſollte er nicht noch eine Kleinigkeit hinzufügen, ihnen einen vollkommen vergnügten Tag zu machen? — — — Argentum adnu- meravit illico: Dedit prætera in ſumptum dimidium minæ. Hat er dem Kteſipho das Mädchen gekauft, warum ſoll er ihm nicht verſtatten, ſich in ſei- nem Hauſe mit ihr zu vergnügen? Da iſt nach den alten Sitten nichts, was im geringſten der Tugend und Ehrbarkeit widerſpräche. Aber (**) (**) Ct. Pudebat. Ae. Ah, ſtultitia eſt iſtæc, non pudor, tam ab parvulam Rem pæne e patria: turpe dictu. Deos quæſo ut iſtæc prohibeant.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/370
Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/370>, abgerufen am 06.05.2024.