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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769].

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gewachsen wäre, sich noch nicht gefunden hat:
so dürften vielleicht auch der Leser unter uns noch
nicht viele seyn, denen daran gelegen wäre. Der
fleißige Mann, voll guten Willens, übereile sich
also lieber damit nicht, und sehe, was ich von
einem noch unübersetzten gutem Buche hier sage,
ja für keinen Wink an, den ich seiner allezeit
fertigen Feder geben wollen.

Hurd hat seinem Commentar eine Abhand-
lung, über die verschiednen Gebiete
des Drama
, beygefügt. Denn er glaubte
bemerkt zu haben, daß bisher nur die allgemei-
nen Gesetze dieser Dichtungsart in Erwägung
gezogen worden, ohne die Grenzen der verschied-
nen Gattungen derselben festzusetzen. Gleich-
wohl müsse auch dieses geschehen, um von dem
eigenen Verdienste einer jeden Gattung insbe-
sondere ein billiges Urtheil zu fällen. Nach-
dem er also die Absicht des Drama überhaupt,
und der drey Gattungen desselben, die er vor
sich findet, der Tragödie, der Komödie und des
Possenspiels, insbesondere festgesetzt: so folgert
er, aus jener allgemeinen und aus diesen beson-
dern Absichten, sowohl diejenigen Eigenschaften,
welche sie unter sich gemein haben, als diejeni-
gen, in welchen sie von einander unterschieden
seyn müssen.

Unter

gewachſen wäre, ſich noch nicht gefunden hat:
ſo dürften vielleicht auch der Leſer unter uns noch
nicht viele ſeyn, denen daran gelegen wäre. Der
fleißige Mann, voll guten Willens, übereile ſich
alſo lieber damit nicht, und ſehe, was ich von
einem noch unüberſetzten gutem Buche hier ſage,
ja für keinen Wink an, den ich ſeiner allezeit
fertigen Feder geben wollen.

Hurd hat ſeinem Commentar eine Abhand-
lung, über die verſchiednen Gebiete
des Drama
, beygefügt. Denn er glaubte
bemerkt zu haben, daß bisher nur die allgemei-
nen Geſetze dieſer Dichtungsart in Erwägung
gezogen worden, ohne die Grenzen der verſchied-
nen Gattungen derſelben feſtzuſetzen. Gleich-
wohl müſſe auch dieſes geſchehen, um von dem
eigenen Verdienſte einer jeden Gattung insbe-
ſondere ein billiges Urtheil zu fällen. Nach-
dem er alſo die Abſicht des Drama überhaupt,
und der drey Gattungen deſſelben, die er vor
ſich findet, der Tragödie, der Komödie und des
Poſſenſpiels, insbeſondere feſtgeſetzt: ſo folgert
er, aus jener allgemeinen und aus dieſen beſon-
dern Abſichten, ſowohl diejenigen Eigenſchaften,
welche ſie unter ſich gemein haben, als diejeni-
gen, in welchen ſie von einander unterſchieden
ſeyn müſſen.

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[314/0320] gewachſen wäre, ſich noch nicht gefunden hat: ſo dürften vielleicht auch der Leſer unter uns noch nicht viele ſeyn, denen daran gelegen wäre. Der fleißige Mann, voll guten Willens, übereile ſich alſo lieber damit nicht, und ſehe, was ich von einem noch unüberſetzten gutem Buche hier ſage, ja für keinen Wink an, den ich ſeiner allezeit fertigen Feder geben wollen. Hurd hat ſeinem Commentar eine Abhand- lung, über die verſchiednen Gebiete des Drama, beygefügt. Denn er glaubte bemerkt zu haben, daß bisher nur die allgemei- nen Geſetze dieſer Dichtungsart in Erwägung gezogen worden, ohne die Grenzen der verſchied- nen Gattungen derſelben feſtzuſetzen. Gleich- wohl müſſe auch dieſes geſchehen, um von dem eigenen Verdienſte einer jeden Gattung insbe- ſondere ein billiges Urtheil zu fällen. Nach- dem er alſo die Abſicht des Drama überhaupt, und der drey Gattungen deſſelben, die er vor ſich findet, der Tragödie, der Komödie und des Poſſenſpiels, insbeſondere feſtgeſetzt: ſo folgert er, aus jener allgemeinen und aus dieſen beſon- dern Abſichten, ſowohl diejenigen Eigenſchaften, welche ſie unter ſich gemein haben, als diejeni- gen, in welchen ſie von einander unterſchieden ſeyn müſſen. Unter

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Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/320>, abgerufen am 22.11.2024.