dem, was er dem Micio antwortet, der sich durch den Anschein betriegen läßt, und ihn wirklich verändert glaubt. (*)Hic ostendit Terentius, sagt Donatus, magis Demeam simulasse mutatos mores, quam mutavisse.
Jch will aber nicht hoffen, daß der Herr von Voltaire meinet, selbst diese Verstellung laufe wider den Charakter des Demea, der vorher nichts als geschmählt und gepoltert habe: denn eine solche Verstellung erfodere mehr Gelassen- heit und Kälte, als man dem Demea zutrauen dürfe. Auch hierinn ist Terenz ohne Tadel, und er hat alles so vortrefflich motiviret, bey jedem Schritte Natur und Wahrheit so genau beobach- tet, bey dem geringsten Uebergange so feine
Schat-
(*)Mi. Quid istuc? quae res tam repente mo- res mutavit tuos? Quod prolubium, quae istaec subita est lar- gitas? De. Dicam tibi: Ut id ostenderem, quod te isti facilem & festivum putant, Id non fieri ex vera vita, neque adeo ex aequo & bono, Sed ex assentando, indulgendo, & largi- endo, Micio. Nunc adeo, si ob eam rem vobis mea vita invisa est, Aeschine, Quia non justa injusta prorsus omnia, om- nino absequor; Missa facio; effundite, emite, facite quod vobis lubet!
dem, was er dem Micio antwortet, der ſich durch den Anſchein betriegen läßt, und ihn wirklich verändert glaubt. (*)Hic oſtendit Terentius, ſagt Donatus, magis Demeam ſimulaſſe mutatos mores, quam mutaviſſe.
Jch will aber nicht hoffen, daß der Herr von Voltaire meinet, ſelbſt dieſe Verſtellung laufe wider den Charakter des Demea, der vorher nichts als geſchmählt und gepoltert habe: denn eine ſolche Verſtellung erfodere mehr Gelaſſen- heit und Kälte, als man dem Demea zutrauen dürfe. Auch hierinn iſt Terenz ohne Tadel, und er hat alles ſo vortrefflich motiviret, bey jedem Schritte Natur und Wahrheit ſo genau beobach- tet, bey dem geringſten Uebergange ſo feine
Schat-
(*)Mi. Quid iſtuc? quæ res tam repente mo- res mutavit tuos? Quod prolubium, quæ iſtæc ſubita eſt lar- gitas? De. Dicam tibi: Ut id oſtenderem, quod te iſti facilem & feſtivum putant, Id non fieri ex vera vita, neque adeo ex æquo & bono, Sed ex aſſentando, indulgendo, & largi- endo, Micio. Nunc adeo, ſi ob eam rem vobis mea vita inviſa eſt, Aeſchine, Quia non juſta injuſta prorſus omnia, om- nino abſequor; Miſſa facio; effundite, emite, facite quod vobis lubet!
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dem, was er dem Micio antwortet, der ſich
durch den Anſchein betriegen läßt, und ihn
wirklich verändert glaubt. (*) Hic oſtendit
Terentius, ſagt Donatus, magis Demeam
ſimulaſſe mutatos mores, quam mutaviſſe.
Jch will aber nicht hoffen, daß der Herr von
Voltaire meinet, ſelbſt dieſe Verſtellung laufe
wider den Charakter des Demea, der vorher
nichts als geſchmählt und gepoltert habe: denn
eine ſolche Verſtellung erfodere mehr Gelaſſen-
heit und Kälte, als man dem Demea zutrauen
dürfe. Auch hierinn iſt Terenz ohne Tadel, und
er hat alles ſo vortrefflich motiviret, bey jedem
Schritte Natur und Wahrheit ſo genau beobach-
tet, bey dem geringſten Uebergange ſo feine
Schat-
(*) Mi. Quid iſtuc? quæ res tam repente mo-
res mutavit tuos?
Quod prolubium, quæ iſtæc ſubita eſt lar-
gitas? De. Dicam tibi:
Ut id oſtenderem, quod te iſti facilem &
feſtivum putant,
Id non fieri ex vera vita, neque adeo ex
æquo & bono,
Sed ex aſſentando, indulgendo, & largi-
endo, Micio.
Nunc adeo, ſi ob eam rem vobis mea vita
inviſa eſt, Aeſchine,
Quia non juſta injuſta prorſus omnia, om-
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Miſſa facio; effundite, emite, facite quod
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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/154>, abgerufen am 22.11.2024.
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