"ihn nach seinem Tode der Blanca einzuhändi- "gen. Jch habe ihn aufgemacht, ich weiß selbst "nicht warum; und da ich Dinge darinn finde, "die Jhro Majestät wissen müssen, und die dem "Grafen vielleicht noch zu Statten kommen "können: so bringe ich ihn Jhro Majestät, und "nicht der Blanca." Die Königinn nimt den Brief, und lieset: "Blanca, ich nahe mich "meinem letzten Augenblicke; man will mir "nicht vergönnen, mit dir zu sprechen: em- "pfange also meine Ermahnung schriftlich. Aber "vors erste lerne mich kennen; ich bin nie der "Verräther gewesen, der ich dir vielleicht ge- "schienen; ich versprach, dir in der bewußten "Sache behülflich zu seyn, blos um der Kö- "niginn desto nachdrücklicher zu dienen, und "den Roberto, nebst seinen Anhängern, nach "London zu locken. Urtheile, wie groß meine "Liebe ist, da ich dem ohngeachtet eher selbst "sterben, als dein Leben in Gefahr setzen will. "Und nun die Ermahnung: stehe von dem Vor- "haben ab, zu welchem dich Roberto anreitzet; "du hast mich nun nicht mehr; und es möchte "sich nicht alle Tage einer finden, der dich so "sehr liebte, daß er den Tod des Verräthers für "dich sterben wollte." (*) --
Mensch!
(*)Blanca en el ultimo trance, Porque hablarte no me dexan,
He
„ihn nach ſeinem Tode der Blanca einzuhändi- „gen. Jch habe ihn aufgemacht, ich weiß ſelbſt „nicht warum; und da ich Dinge darinn finde, „die Jhro Majeſtät wiſſen müſſen, und die dem „Grafen vielleicht noch zu Statten kommen „können: ſo bringe ich ihn Jhro Majeſtät, und „nicht der Blanca.„ Die Königinn nimt den Brief, und lieſet: „Blanca, ich nahe mich „meinem letzten Augenblicke; man will mir „nicht vergönnen, mit dir zu ſprechen: em- „pfange alſo meine Ermahnung ſchriftlich. Aber „vors erſte lerne mich kennen; ich bin nie der „Verräther geweſen, der ich dir vielleicht ge- „ſchienen; ich verſprach, dir in der bewußten „Sache behülflich zu ſeyn, blos um der Kö- „niginn deſto nachdrücklicher zu dienen, und „den Roberto, nebſt ſeinen Anhängern, nach „London zu locken. Urtheile, wie groß meine „Liebe iſt, da ich dem ohngeachtet eher ſelbſt „ſterben, als dein Leben in Gefahr ſetzen will. „Und nun die Ermahnung: ſtehe von dem Vor- „haben ab, zu welchem dich Roberto anreitzet; „du haſt mich nun nicht mehr; und es möchte „ſich nicht alle Tage einer finden, der dich ſo „ſehr liebte, daß er den Tod des Verräthers für „dich ſterben wollte.„ (*) —
Menſch!
(*)Blanca en el ultimo trance, Porque hablarte no me dexan,
He
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„ihn nach ſeinem Tode der Blanca einzuhändi-
„gen. Jch habe ihn aufgemacht, ich weiß ſelbſt
„nicht warum; und da ich Dinge darinn finde,
„die Jhro Majeſtät wiſſen müſſen, und die dem
„Grafen vielleicht noch zu Statten kommen
„können: ſo bringe ich ihn Jhro Majeſtät, und
„nicht der Blanca.„ Die Königinn nimt den
Brief, und lieſet: „Blanca, ich nahe mich
„meinem letzten Augenblicke; man will mir
„nicht vergönnen, mit dir zu ſprechen: em-
„pfange alſo meine Ermahnung ſchriftlich. Aber
„vors erſte lerne mich kennen; ich bin nie der
„Verräther geweſen, der ich dir vielleicht ge-
„ſchienen; ich verſprach, dir in der bewußten
„Sache behülflich zu ſeyn, blos um der Kö-
„niginn deſto nachdrücklicher zu dienen, und
„den Roberto, nebſt ſeinen Anhängern, nach
„London zu locken. Urtheile, wie groß meine
„Liebe iſt, da ich dem ohngeachtet eher ſelbſt
„ſterben, als dein Leben in Gefahr ſetzen will.
„Und nun die Ermahnung: ſtehe von dem Vor-
„haben ab, zu welchem dich Roberto anreitzet;
„du haſt mich nun nicht mehr; und es möchte
„ſich nicht alle Tage einer finden, der dich ſo
„ſehr liebte, daß er den Tod des Verräthers für
„dich ſterben wollte.„ (*) —
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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/130>, abgerufen am 22.11.2024.
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