im geringsten mit den freyen Künsten in Ver- bindung stehet. Aber,
-- haec animos aerugo et cura peculei Cum semel imbuerit --
Doch ich vergesse mich. Wie gehört das alles zur Zelmire?
Du Belloy war ein junger Mensch, der sich auf die Rechte legen wollte, oder sollte. Sollte, wird es wohl mehr gewesen seyn. Denn die Liebe zum Theater behielt die Oberhand; er legte den Bartolus bey Seite, und ward Komö- diant. Er spielte einige Zeit unter der französi- schen Truppe zu Braunschweig, machte ver- schiedene Stücke, kam wieder in sein Vaterland, und ward geschwind durch ein Paar Trauerspiele so glücklich und berühmt, als ihn nur immer die Rechtsgelehrsamkeit hätte machen können, wenn er auch ein Beaumont geworden wäre. Wehe dem jungen deutschen Genie, daß diesen Weg einschlagen wollte! Verachtung und Betteley würden sein gewissestes Loos seyn!
Das erste Trauerspiel des Du Belloy heißt Ti- tus; und Zelmire war sein zweytes. Titus fand keinen Beyfall, und ward nur ein einzigesmal gespielt. Aber Zelmire fand desto größern; es ward vierzehnmal hinter einander aufgeführt, und die Pariser hatten sich noch nicht daran satt gesehen. Der Inhalt ist von des Dichters eige- ner Erfindung.
Ein
im geringſten mit den freyen Kuͤnſten in Ver- bindung ſtehet. Aber,
— hæc animos ærugo et cura peculî Cum ſemel imbuerit —
Doch ich vergeſſe mich. Wie gehoͤrt das alles zur Zelmire?
Du Belloy war ein junger Menſch, der ſich auf die Rechte legen wollte, oder ſollte. Sollte, wird es wohl mehr geweſen ſeyn. Denn die Liebe zum Theater behielt die Oberhand; er legte den Bartolus bey Seite, und ward Komoͤ- diant. Er ſpielte einige Zeit unter der franzoͤſi- ſchen Truppe zu Braunſchweig, machte ver- ſchiedene Stuͤcke, kam wieder in ſein Vaterland, und ward geſchwind durch ein Paar Trauerſpiele ſo gluͤcklich und beruͤhmt, als ihn nur immer die Rechtsgelehrſamkeit haͤtte machen koͤnnen, wenn er auch ein Beaumont geworden waͤre. Wehe dem jungen deutſchen Genie, daß dieſen Weg einſchlagen wollte! Verachtung und Betteley wuͤrden ſein gewiſſeſtes Loos ſeyn!
Das erſte Trauerſpiel des Du Belloy heißt Ti- tus; und Zelmire war ſein zweytes. Titus fand keinen Beyfall, und ward nur ein einzigesmal geſpielt. Aber Zelmire fand deſto groͤßern; es ward vierzehnmal hinter einander aufgefuͤhrt, und die Pariſer hatten ſich noch nicht daran ſatt geſehen. Der Inhalt iſt von des Dichters eige- ner Erfindung.
Ein
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im geringſten mit den freyen Kuͤnſten in Ver-
bindung ſtehet. Aber,
— hæc animos ærugo et cura peculî
Cum ſemel imbuerit —
Doch ich vergeſſe mich. Wie gehoͤrt das alles
zur Zelmire?
Du Belloy war ein junger Menſch, der ſich
auf die Rechte legen wollte, oder ſollte. Sollte,
wird es wohl mehr geweſen ſeyn. Denn die
Liebe zum Theater behielt die Oberhand; er legte
den Bartolus bey Seite, und ward Komoͤ-
diant. Er ſpielte einige Zeit unter der franzoͤſi-
ſchen Truppe zu Braunſchweig, machte ver-
ſchiedene Stuͤcke, kam wieder in ſein Vaterland,
und ward geſchwind durch ein Paar Trauerſpiele
ſo gluͤcklich und beruͤhmt, als ihn nur immer die
Rechtsgelehrſamkeit haͤtte machen koͤnnen, wenn
er auch ein Beaumont geworden waͤre. Wehe
dem jungen deutſchen Genie, daß dieſen Weg
einſchlagen wollte! Verachtung und Betteley
wuͤrden ſein gewiſſeſtes Loos ſeyn!
Das erſte Trauerſpiel des Du Belloy heißt Ti-
tus; und Zelmire war ſein zweytes. Titus fand
keinen Beyfall, und ward nur ein einzigesmal
geſpielt. Aber Zelmire fand deſto groͤßern; es
ward vierzehnmal hinter einander aufgefuͤhrt,
und die Pariſer hatten ſich noch nicht daran ſatt
geſehen. Der Inhalt iſt von des Dichters eige-
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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769], S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/157>, abgerufen am 24.11.2024.
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