Lesser, Ludwig: Zur Geschichte der Berliner Börse und des Eisenbahnaktien-Handels. Berlin, 1844.nen uns aber nach der obigen Auseinandersetzung dadurch gewaltsam zu steigern, -- und der Cours geht plötzlich
viele Procente in die Höhe; dort hat Einer vielleicht nur 5000 Thlr. gewisser Aktien zu verkaufen, er benimmt sich ungeschickt, er bietet sie Vielen an, es ist zufällig kein Liebhaber dafür da, und der Cours ist mit einem Male um Vieles niedriger als den Tag vorher, ja selbst oft als eine Viertel-Stunde früher an einer und derselben Börse! Und dieser Courswerth mit seiner entschiedenen Unsicherheit und Unbeständigkeit, mit seinen häufig ganz illusori- schen Ursachen, sollte die Grundlage sür einen Calcul bilden kön- nen, der den erhöhten Geldreichthum der Gesammtheit be- weisen möchte? Nimmermehr. Welch' glänzender Gewinn wäre dem Herrn Egen erst erschienen, wenn er seine Rechnung ein halbes Jahr später angestellt hätte, wo er statt der von ihm zu Grunde gelegten Course gar 15 bis 25 Procent höhere finden konnte. Wie aber ist es mit dem sogenannten Gewinne, wenn die Aktien wieder, wie es geschehen, um 10 Procent und mehr gefallen? Wo blieb dann der Gewinn? Angenommen, irgend ein großes politisches Ereigniß würfe die Eisenbahnpapiere plötzlich auf pari herunter, was nicht außer dem Bereiche der Möglichkeit liegt, und es machte dann Jemand einen ähnlichen Calcul wie Herr Egen, wäre etwa dann das Nationalvermögen wieder auf seine ursprüngliche Höhe reducirt? konsequent geurtheilt, unbedingt ja; doch das Ganze ist ein Trugschluß. Niemals kann der Stand der Aktien einen Maaßstab für das reelle Vermögen des Landes abgeben; nicht einmal die Zinsen der Papiere, welche durchschnitt- lich wieder verzehrt werden, sondern nur die Dividenden können als wirkliche Bereicherung der Aktienbesitzer betrachtet, und so nur aus ihnen die Zunahme des allgemeinen Vermögens gefolgert werden. Eine weitre Erörterung über die Ertragsfähigkeit der Bahnen liegt außer dem Zweck dieser Schrift, doch mögen wir nicht unterlassen, einen Ausspruch Mac-Culloch's, eines der vortrefflichsten Statistiker und der praktischsten Kenner des Ge- schäftslebens, hier anzuführen, den er in seinem Dictionary of nen uns aber nach der obigen Auseinanderſetzung dadurch gewaltſam zu ſteigern, — und der Cours geht plötzlich
viele Procente in die Höhe; dort hat Einer vielleicht nur 5000 Thlr. gewiſſer Aktien zu verkaufen, er benimmt ſich ungeſchickt, er bietet ſie Vielen an, es iſt zufällig kein Liebhaber dafür da, und der Cours iſt mit einem Male um Vieles niedriger als den Tag vorher, ja ſelbſt oft als eine Viertel-Stunde früher an einer und derſelben Börſe! Und dieſer Courswerth mit ſeiner entſchiedenen Unſicherheit und Unbeſtändigkeit, mit ſeinen häufig ganz illuſori- ſchen Urſachen, ſollte die Grundlage ſür einen Calcul bilden kön- nen, der den erhöhten Geldreichthum der Geſammtheit be- weiſen möchte? Nimmermehr. Welch’ glänzender Gewinn wäre dem Herrn Egen erſt erſchienen, wenn er ſeine Rechnung ein halbes Jahr ſpäter angeſtellt hätte, wo er ſtatt der von ihm zu Grunde gelegten Courſe gar 15 bis 25 Procent höhere finden konnte. Wie aber iſt es mit dem ſogenannten Gewinne, wenn die Aktien wieder, wie es geſchehen, um 10 Procent und mehr gefallen? Wo blieb dann der Gewinn? Angenommen, irgend ein großes politiſches Ereigniß würfe die Eiſenbahnpapiere plötzlich auf pari herunter, was nicht außer dem Bereiche der Möglichkeit liegt, und es machte dann Jemand einen ähnlichen Calcul wie Herr Egen, wäre etwa dann das Nationalvermögen wieder auf ſeine urſprüngliche Höhe reducirt? konſequent geurtheilt, unbedingt ja; doch das Ganze iſt ein Trugſchluß. Niemals kann der Stand der Aktien einen Maaßſtab für das reelle Vermögen des Landes abgeben; nicht einmal die Zinſen der Papiere, welche durchſchnitt- lich wieder verzehrt werden, ſondern nur die Dividenden können als wirkliche Bereicherung der Aktienbeſitzer betrachtet, und ſo nur aus ihnen die Zunahme des allgemeinen Vermögens gefolgert werden. Eine weitre Erörterung über die Ertragsfähigkeit der Bahnen liegt außer dem Zweck dieſer Schrift, doch mögen wir nicht unterlaſſen, einen Ausſpruch Mac-Culloch’s, eines der vortrefflichſten Statiſtiker und der praktiſchſten Kenner des Ge- ſchäftslebens, hier anzuführen, den er in ſeinem Dictionary of <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0053" n="47"/> nen uns aber nach der obigen Auseinanderſetzung<lb/> nur von der Ueberzeugung durchdrungen erklären, daß<lb/><note next="#seg2pn_5_5" xml:id="seg2pn_5_4" prev="#seg2pn_5_3" place="foot" n="*)">dadurch gewaltſam zu ſteigern, — und der Cours geht plötzlich<lb/> viele Procente in die Höhe; dort hat Einer vielleicht nur 5000<lb/> Thlr. gewiſſer Aktien zu verkaufen, er benimmt ſich ungeſchickt, er<lb/> bietet ſie Vielen an, es iſt zufällig kein Liebhaber dafür da, und<lb/> der Cours iſt mit einem Male um Vieles niedriger als den Tag<lb/> vorher, ja ſelbſt oft als eine Viertel-Stunde früher an einer und<lb/> derſelben Börſe! Und dieſer Courswerth mit ſeiner entſchiedenen<lb/> Unſicherheit und Unbeſtändigkeit, mit ſeinen häufig ganz illuſori-<lb/> ſchen Urſachen, ſollte die Grundlage ſür einen Calcul bilden kön-<lb/> nen, der den <hi rendition="#g">erhöhten Geldreichthum</hi> der Geſammtheit be-<lb/> weiſen möchte? Nimmermehr. Welch’ glänzender Gewinn wäre<lb/> dem Herrn Egen erſt erſchienen, wenn er ſeine Rechnung ein<lb/> halbes Jahr ſpäter angeſtellt hätte, wo er ſtatt der von ihm zu<lb/> Grunde gelegten Courſe gar 15 bis 25 Procent höhere finden<lb/> konnte. Wie aber iſt es mit dem ſogenannten Gewinne, wenn<lb/> die Aktien wieder, wie es geſchehen, um 10 Procent und mehr<lb/> gefallen? Wo blieb dann der Gewinn? Angenommen, irgend ein<lb/> großes politiſches Ereigniß würfe die Eiſenbahnpapiere plötzlich<lb/> auf <hi rendition="#aq">pari</hi> herunter, was nicht außer dem Bereiche der Möglichkeit<lb/> liegt, und es machte dann Jemand einen ähnlichen Calcul wie<lb/> Herr Egen, wäre etwa dann das Nationalvermögen wieder auf<lb/> ſeine urſprüngliche Höhe reducirt? konſequent geurtheilt, unbedingt<lb/> ja; doch das Ganze iſt ein Trugſchluß. Niemals kann der Stand<lb/> der Aktien einen Maaßſtab für das reelle Vermögen des Landes<lb/> abgeben; nicht einmal die Zinſen der Papiere, welche durchſchnitt-<lb/> lich wieder verzehrt werden, ſondern nur die <hi rendition="#g">Dividenden</hi> können<lb/> als wirkliche Bereicherung der Aktienbeſitzer betrachtet, und ſo nur<lb/> aus ihnen die Zunahme des allgemeinen Vermögens gefolgert<lb/> werden. Eine weitre Erörterung über die Ertragsfähigkeit der<lb/> Bahnen liegt außer dem Zweck dieſer Schrift, doch mögen wir<lb/> nicht unterlaſſen, einen Ausſpruch <hi rendition="#g">Mac-Culloch’s,</hi> eines der<lb/> vortrefflichſten Statiſtiker und der praktiſchſten Kenner des Ge-<lb/> ſchäftslebens, hier anzuführen, den er in ſeinem <hi rendition="#aq">Dictionary of</hi></note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [47/0053]
nen uns aber nach der obigen Auseinanderſetzung
nur von der Ueberzeugung durchdrungen erklären, daß
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*) dadurch gewaltſam zu ſteigern, — und der Cours geht plötzlich
viele Procente in die Höhe; dort hat Einer vielleicht nur 5000
Thlr. gewiſſer Aktien zu verkaufen, er benimmt ſich ungeſchickt, er
bietet ſie Vielen an, es iſt zufällig kein Liebhaber dafür da, und
der Cours iſt mit einem Male um Vieles niedriger als den Tag
vorher, ja ſelbſt oft als eine Viertel-Stunde früher an einer und
derſelben Börſe! Und dieſer Courswerth mit ſeiner entſchiedenen
Unſicherheit und Unbeſtändigkeit, mit ſeinen häufig ganz illuſori-
ſchen Urſachen, ſollte die Grundlage ſür einen Calcul bilden kön-
nen, der den erhöhten Geldreichthum der Geſammtheit be-
weiſen möchte? Nimmermehr. Welch’ glänzender Gewinn wäre
dem Herrn Egen erſt erſchienen, wenn er ſeine Rechnung ein
halbes Jahr ſpäter angeſtellt hätte, wo er ſtatt der von ihm zu
Grunde gelegten Courſe gar 15 bis 25 Procent höhere finden
konnte. Wie aber iſt es mit dem ſogenannten Gewinne, wenn
die Aktien wieder, wie es geſchehen, um 10 Procent und mehr
gefallen? Wo blieb dann der Gewinn? Angenommen, irgend ein
großes politiſches Ereigniß würfe die Eiſenbahnpapiere plötzlich
auf pari herunter, was nicht außer dem Bereiche der Möglichkeit
liegt, und es machte dann Jemand einen ähnlichen Calcul wie
Herr Egen, wäre etwa dann das Nationalvermögen wieder auf
ſeine urſprüngliche Höhe reducirt? konſequent geurtheilt, unbedingt
ja; doch das Ganze iſt ein Trugſchluß. Niemals kann der Stand
der Aktien einen Maaßſtab für das reelle Vermögen des Landes
abgeben; nicht einmal die Zinſen der Papiere, welche durchſchnitt-
lich wieder verzehrt werden, ſondern nur die Dividenden können
als wirkliche Bereicherung der Aktienbeſitzer betrachtet, und ſo nur
aus ihnen die Zunahme des allgemeinen Vermögens gefolgert
werden. Eine weitre Erörterung über die Ertragsfähigkeit der
Bahnen liegt außer dem Zweck dieſer Schrift, doch mögen wir
nicht unterlaſſen, einen Ausſpruch Mac-Culloch’s, eines der
vortrefflichſten Statiſtiker und der praktiſchſten Kenner des Ge-
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