Lesser, Ludwig: Zur Geschichte der Berliner Börse und des Eisenbahnaktien-Handels. Berlin, 1844.Besonnenheit geschehende Erwerbung dieses für die einen ansehnlichen Verlust voraussieht, gleichviel ob dieser mit
einem Male oder nach und nach zu tragen ist, für sehr bedenk- lich, und dürfte sich unzweifelhaft um so weniger schnell darüber zufrieden geben, wenn seiner Besorgniß, ob er die für das ganze Unternehmen erforderlichen großen Mittel, welche möglicherweise ihm einen mäßigen Zins bringen möchten, zu beschaffen im Stande sei, nur willkürliche, wenn auch gutgemeinte "Betrachtun- gen" ohne Beweisgründe entgegengestellt werden, wie es in dem besprochenen Aufsatze geschieht. Ferner stellt Hr. Prof. Egen die Anlagekapitale von 17 fer- tigen Deutschen Eisenbahnen zusammen, zählt dagegen die Sum- men auf, welche die Aktien derselben zum damaligen Course (der Aufsatz wurde im Oktober 1843 geschrieben) werth waren, und folgert daraus, daß der auf diese Weise sich gegen den Nominal- werth der Aktien ergebende Ueberschuß (von 7,661,670 Thlr. auf ein Kapital von 63 Millionen Thaler) ein Gewinn für das Deutsche Nationalvermögen sei. Er sagt nämlich: "Weit entfernt also, daß die Geldmittel Deutschlands durch die bisheri- gen Eisenbahnbauten geschwächt sein sollten, wie viele Unkundige (sic!) dies annehmen, sind dieselben, selbst abgesehen von der Steigerung des Grundbesitzwerthes, vielmehr um 12 Procent ver- mehrt worden. Von dem obigen Gewinne fallen 51/4 Millionen auf Preußische Bahnen." -- Wir können Preußen zu diesem Ge- winne nicht Glück wünschen, weil derselbe nämlich gar nicht vorhanden ist. Wie kommt Herr Egen zu diesem seltsamen Rechnen-Exempel? Der Cours der Eisenbahnpapiere ist ein stets schwankender, von den disponiblen Geldkräften, Launen, Liebhabe- reien und Agiotage-Jntriguen der Börsenmänner abhängender. Hente ist er hoch, morgen wieder niedriger, je nachdem die Masse der Käufer oder Verkäufer sich in der Majorität befindet. Hier werden Aktien durch alle möglichen Mittel der Spekulanten fest- gelegt (mit dem technischen Ausdrucke: eingesperrt), nur um sie momentan dem Börsenumsatz zu entziehen, und ihren Cours Beſonnenheit geſchehende Erwerbung dieſes für die einen anſehnlichen Verluſt vorausſieht, gleichviel ob dieſer mit
einem Male oder nach und nach zu tragen iſt, für ſehr bedenk- lich, und dürfte ſich unzweifelhaft um ſo weniger ſchnell darüber zufrieden geben, wenn ſeiner Beſorgniß, ob er die für das ganze Unternehmen erforderlichen großen Mittel, welche möglicherweiſe ihm einen mäßigen Zins bringen möchten, zu beſchaffen im Stande ſei, nur willkürliche, wenn auch gutgemeinte „Betrachtun- gen‟ ohne Beweisgründe entgegengeſtellt werden, wie es in dem beſprochenen Aufſatze geſchieht. Ferner ſtellt Hr. Prof. Egen die Anlagekapitale von 17 fer- tigen Deutſchen Eiſenbahnen zuſammen, zählt dagegen die Sum- men auf, welche die Aktien derſelben zum damaligen Courſe (der Aufſatz wurde im Oktober 1843 geſchrieben) werth waren, und folgert daraus, daß der auf dieſe Weiſe ſich gegen den Nominal- werth der Aktien ergebende Ueberſchuß (von 7,661,670 Thlr. auf ein Kapital von 63 Millionen Thaler) ein Gewinn für das Deutſche Nationalvermögen ſei. Er ſagt nämlich: „Weit entfernt alſo, daß die Geldmittel Deutſchlands durch die bisheri- gen Eiſenbahnbauten geſchwächt ſein ſollten, wie viele Unkundige (sic!) dies annehmen, ſind dieſelben, ſelbſt abgeſehen von der Steigerung des Grundbeſitzwerthes, vielmehr um 12 Procent ver- mehrt worden. Von dem obigen Gewinne fallen 5¼ Millionen auf Preußiſche Bahnen.‟ — Wir können Preußen zu dieſem Ge- winne nicht Glück wünſchen, weil derſelbe nämlich gar nicht vorhanden iſt. Wie kommt Herr Egen zu dieſem ſeltſamen Rechnen-Exempel? Der Cours der Eiſenbahnpapiere iſt ein ſtets ſchwankender, von den disponiblen Geldkräften, Launen, Liebhabe- reien und Agiotage-Jntriguen der Börſenmänner abhängender. Hente iſt er hoch, morgen wieder niedriger, je nachdem die Maſſe der Käufer oder Verkäufer ſich in der Majorität befindet. Hier werden Aktien durch alle möglichen Mittel der Spekulanten feſt- gelegt (mit dem techniſchen Ausdrucke: eingeſperrt), nur um ſie momentan dem Börſenumſatz zu entziehen, und ihren Cours <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0052" n="46"/> Beſonnenheit geſchehende Erwerbung dieſes für die<lb/> Entwicklung der Völker ſo einflußreichen Gutes, kön-<lb/><note next="#seg2pn_5_4" xml:id="seg2pn_5_3" prev="#seg2pn_5_2" place="foot" n="*)">einen anſehnlichen Verluſt vorausſieht, gleichviel ob dieſer mit<lb/> einem Male oder nach und nach zu tragen iſt, für ſehr <hi rendition="#g">bedenk-<lb/> lich,</hi> und dürfte ſich unzweifelhaft um ſo weniger ſchnell darüber<lb/> zufrieden geben, wenn ſeiner Beſorgniß, ob er die für das ganze<lb/> Unternehmen erforderlichen großen Mittel, welche möglicherweiſe<lb/> ihm einen mäßigen Zins bringen möchten, zu beſchaffen im<lb/> Stande ſei, nur willkürliche, wenn auch gutgemeinte „Betrachtun-<lb/> gen‟ ohne Beweisgründe entgegengeſtellt werden, wie es in dem<lb/> beſprochenen Aufſatze geſchieht.<lb/> Ferner ſtellt Hr. Prof. Egen die Anlagekapitale von 17 fer-<lb/> tigen Deutſchen Eiſenbahnen zuſammen, zählt dagegen die Sum-<lb/> men auf, welche die Aktien derſelben zum damaligen Courſe (der<lb/> Aufſatz wurde im Oktober 1843 geſchrieben) werth waren, und<lb/> folgert daraus, daß der auf dieſe Weiſe ſich gegen den Nominal-<lb/> werth der Aktien ergebende Ueberſchuß (von 7,661,670 Thlr. auf<lb/> ein Kapital von 63 Millionen Thaler) ein <hi rendition="#g">Gewinn</hi> für das<lb/><hi rendition="#g">Deutſche Nationalvermögen</hi> ſei. Er ſagt nämlich: „Weit<lb/> entfernt alſo, daß die Geldmittel Deutſchlands durch die bisheri-<lb/> gen Eiſenbahnbauten geſchwächt ſein ſollten, wie viele Unkundige<lb/> (<hi rendition="#aq">sic!</hi>) dies annehmen, ſind dieſelben, ſelbſt abgeſehen von der<lb/> Steigerung des Grundbeſitzwerthes, vielmehr um 12 Procent ver-<lb/> mehrt worden. Von dem obigen Gewinne fallen 5¼ Millionen<lb/> auf Preußiſche Bahnen.‟ — Wir können Preußen zu dieſem Ge-<lb/> winne nicht Glück wünſchen, weil derſelbe <hi rendition="#g">nämlich gar nicht<lb/> vorhanden iſt.</hi> Wie kommt Herr Egen zu dieſem ſeltſamen<lb/> Rechnen-Exempel? Der Cours der Eiſenbahnpapiere iſt ein ſtets<lb/> ſchwankender, von den disponiblen Geldkräften, Launen, Liebhabe-<lb/> reien und Agiotage-Jntriguen der Börſenmänner abhängender.<lb/> Hente iſt er hoch, morgen wieder niedriger, je nachdem die Maſſe<lb/> der Käufer oder Verkäufer ſich in der Majorität befindet. Hier<lb/> werden Aktien durch alle möglichen Mittel der Spekulanten feſt-<lb/> gelegt (mit dem techniſchen Ausdrucke: <hi rendition="#g">eingeſperrt</hi>), nur um<lb/> ſie momentan dem Börſenumſatz zu entziehen, und ihren Cours</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [46/0052]
Beſonnenheit geſchehende Erwerbung dieſes für die
Entwicklung der Völker ſo einflußreichen Gutes, kön-
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*) einen anſehnlichen Verluſt vorausſieht, gleichviel ob dieſer mit
einem Male oder nach und nach zu tragen iſt, für ſehr bedenk-
lich, und dürfte ſich unzweifelhaft um ſo weniger ſchnell darüber
zufrieden geben, wenn ſeiner Beſorgniß, ob er die für das ganze
Unternehmen erforderlichen großen Mittel, welche möglicherweiſe
ihm einen mäßigen Zins bringen möchten, zu beſchaffen im
Stande ſei, nur willkürliche, wenn auch gutgemeinte „Betrachtun-
gen‟ ohne Beweisgründe entgegengeſtellt werden, wie es in dem
beſprochenen Aufſatze geſchieht.
Ferner ſtellt Hr. Prof. Egen die Anlagekapitale von 17 fer-
tigen Deutſchen Eiſenbahnen zuſammen, zählt dagegen die Sum-
men auf, welche die Aktien derſelben zum damaligen Courſe (der
Aufſatz wurde im Oktober 1843 geſchrieben) werth waren, und
folgert daraus, daß der auf dieſe Weiſe ſich gegen den Nominal-
werth der Aktien ergebende Ueberſchuß (von 7,661,670 Thlr. auf
ein Kapital von 63 Millionen Thaler) ein Gewinn für das
Deutſche Nationalvermögen ſei. Er ſagt nämlich: „Weit
entfernt alſo, daß die Geldmittel Deutſchlands durch die bisheri-
gen Eiſenbahnbauten geſchwächt ſein ſollten, wie viele Unkundige
(sic!) dies annehmen, ſind dieſelben, ſelbſt abgeſehen von der
Steigerung des Grundbeſitzwerthes, vielmehr um 12 Procent ver-
mehrt worden. Von dem obigen Gewinne fallen 5¼ Millionen
auf Preußiſche Bahnen.‟ — Wir können Preußen zu dieſem Ge-
winne nicht Glück wünſchen, weil derſelbe nämlich gar nicht
vorhanden iſt. Wie kommt Herr Egen zu dieſem ſeltſamen
Rechnen-Exempel? Der Cours der Eiſenbahnpapiere iſt ein ſtets
ſchwankender, von den disponiblen Geldkräften, Launen, Liebhabe-
reien und Agiotage-Jntriguen der Börſenmänner abhängender.
Hente iſt er hoch, morgen wieder niedriger, je nachdem die Maſſe
der Käufer oder Verkäufer ſich in der Majorität befindet. Hier
werden Aktien durch alle möglichen Mittel der Spekulanten feſt-
gelegt (mit dem techniſchen Ausdrucke: eingeſperrt), nur um
ſie momentan dem Börſenumſatz zu entziehen, und ihren Cours
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