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Lesser, Ludwig: Zur Geschichte der Berliner Börse und des Eisenbahnaktien-Handels. Berlin, 1844.

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then, suchte man mit allen möglichen Scheingründen
und durch die einseitigsten Discussionen die Unwahr-
scheinlichkeit eines Einschreitens der Regierung zu be-
weisen. Man hob das Palladium persönlicher Han-
delsfreiheit hervor, man wollte Jedem die Verantwort-
lichkeit seines Thuns nur gegen sich selbst auferlegen,
nannte die Fürsorge des Staates bei den Spekulatio-
nen seiner Unterthanen eine unmögliche Bevormundung
u. d. m. *) Allerdings bedarf es für keinen vernünf-
tigen, redlichen, überlegt und sittlich handelnden Men-
schen irgend eines Verbots, doch bedachte man nicht,
oder wollte es nicht gestehen, daß es die Pflicht der
Regierung sei, jeder mißbräuchlichen oder entarteten
Thätigkeit zum wahren Heile des Ganzen ernstlich zu
steuern. -- Demnach erfolgte, wenn auch nicht unvor-
hergesehen, doch plötzlicher als Viele erwartet, die Pu-
blication des wichtigen Gesetzes vom 24. Mai
1844, die Eröffnung von Aktienzeichnungen zu Eisen-
bahnen und den Verkehr mit den dafür ausgegebenen
Papieren betreffend. (Anhang V.) Aus der oben
entwickelten Darlegung der Börsenverhältnisse geht

*) Es gab auch Stimmen, welche meinten, sogar bei noto-
risch unsichren Papieren wäre ein Staatsinterdict unnöthig, da sie
sich selbst das Todesurtheil für die Spekulation schriebe, wie es
z. B. hinsichtlich der Spanischen Obligationen der Fall gewesen.
Der flüchtigste Blick auf die Börsenberichte von London, Paris,
Amsterdam und Frankfurt a. M. kann aber belehren, daß dort,
trotz des Ruins der Finanzen Spaniens, noch jetzt ein lebhafter
Umsatz in dessen Papieren Statt findet, diese also unzweifelhaft
auch ferner in Preußen, und namentlich während der letzten Pe-
riode, ein beliebter Gegenstand der Agiotage gewesen wären, wenn
sie nicht das weise Gesetz Friedrich Wilhelms III. v. 19. Januar
1836 daran verhindert hätte.

then, ſuchte man mit allen möglichen Scheingründen
und durch die einſeitigſten Discuſſionen die Unwahr-
ſcheinlichkeit eines Einſchreitens der Regierung zu be-
weiſen. Man hob das Palladium perſönlicher Han-
delsfreiheit hervor, man wollte Jedem die Verantwort-
lichkeit ſeines Thuns nur gegen ſich ſelbſt auferlegen,
nannte die Fürſorge des Staates bei den Spekulatio-
nen ſeiner Unterthanen eine unmögliche Bevormundung
u. d. m. *) Allerdings bedarf es für keinen vernünf-
tigen, redlichen, überlegt und ſittlich handelnden Men-
ſchen irgend eines Verbots, doch bedachte man nicht,
oder wollte es nicht geſtehen, daß es die Pflicht der
Regierung ſei, jeder mißbräuchlichen oder entarteten
Thätigkeit zum wahren Heile des Ganzen ernſtlich zu
ſteuern. — Demnach erfolgte, wenn auch nicht unvor-
hergeſehen, doch plötzlicher als Viele erwartet, die Pu-
blication des wichtigen Geſetzes vom 24. Mai
1844, die Eröffnung von Aktienzeichnungen zu Eiſen-
bahnen und den Verkehr mit den dafür ausgegebenen
Papieren betreffend. (Anhang V.) Aus der oben
entwickelten Darlegung der Börſenverhältniſſe geht

*) Es gab auch Stimmen, welche meinten, ſogar bei noto-
riſch unſichren Papieren wäre ein Staatsinterdict unnöthig, da ſie
ſich ſelbſt das Todesurtheil für die Spekulation ſchriebe, wie es
z. B. hinſichtlich der Spaniſchen Obligationen der Fall geweſen.
Der flüchtigſte Blick auf die Börſenberichte von London, Paris,
Amſterdam und Frankfurt a. M. kann aber belehren, daß dort,
trotz des Ruins der Finanzen Spaniens, noch jetzt ein lebhafter
Umſatz in deſſen Papieren Statt findet, dieſe alſo unzweifelhaft
auch ferner in Preußen, und namentlich während der letzten Pe-
riode, ein beliebter Gegenſtand der Agiotage geweſen wären, wenn
ſie nicht das weiſe Geſetz Friedrich Wilhelms III. v. 19. Januar
1836 daran verhindert hätte.
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[22/0028] then, ſuchte man mit allen möglichen Scheingründen und durch die einſeitigſten Discuſſionen die Unwahr- ſcheinlichkeit eines Einſchreitens der Regierung zu be- weiſen. Man hob das Palladium perſönlicher Han- delsfreiheit hervor, man wollte Jedem die Verantwort- lichkeit ſeines Thuns nur gegen ſich ſelbſt auferlegen, nannte die Fürſorge des Staates bei den Spekulatio- nen ſeiner Unterthanen eine unmögliche Bevormundung u. d. m. *) Allerdings bedarf es für keinen vernünf- tigen, redlichen, überlegt und ſittlich handelnden Men- ſchen irgend eines Verbots, doch bedachte man nicht, oder wollte es nicht geſtehen, daß es die Pflicht der Regierung ſei, jeder mißbräuchlichen oder entarteten Thätigkeit zum wahren Heile des Ganzen ernſtlich zu ſteuern. — Demnach erfolgte, wenn auch nicht unvor- hergeſehen, doch plötzlicher als Viele erwartet, die Pu- blication des wichtigen Geſetzes vom 24. Mai 1844, die Eröffnung von Aktienzeichnungen zu Eiſen- bahnen und den Verkehr mit den dafür ausgegebenen Papieren betreffend. (Anhang V.) Aus der oben entwickelten Darlegung der Börſenverhältniſſe geht *) Es gab auch Stimmen, welche meinten, ſogar bei noto- riſch unſichren Papieren wäre ein Staatsinterdict unnöthig, da ſie ſich ſelbſt das Todesurtheil für die Spekulation ſchriebe, wie es z. B. hinſichtlich der Spaniſchen Obligationen der Fall geweſen. Der flüchtigſte Blick auf die Börſenberichte von London, Paris, Amſterdam und Frankfurt a. M. kann aber belehren, daß dort, trotz des Ruins der Finanzen Spaniens, noch jetzt ein lebhafter Umſatz in deſſen Papieren Statt findet, dieſe alſo unzweifelhaft auch ferner in Preußen, und namentlich während der letzten Pe- riode, ein beliebter Gegenſtand der Agiotage geweſen wären, wenn ſie nicht das weiſe Geſetz Friedrich Wilhelms III. v. 19. Januar 1836 daran verhindert hätte.

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Zitationshilfe: Lesser, Ludwig: Zur Geschichte der Berliner Börse und des Eisenbahnaktien-Handels. Berlin, 1844, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lesser_boerse_1844/28>, abgerufen am 25.11.2024.