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Leskien, August: Die Declination im Slavisch-Litauischen und Germanischen. Leipzig, 1876.

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i. Die Casus des Singulars.
werden, nie aber u; im Lettischen selber bleibt ursprüngliches -ans, -ens nie
ohne die lautgesetzliche Veränderung zu -us und -es (is), und im preussischen
Katechismus beweist das zum msc. gewordene unds (Wasser), dass hier eben-
falls Uebergang in die vocalische Declination vorliegt.

Ueber die einzige in Betracht kommende preussische Form wird sich schwer-
lich etwas anderes aussagen lassen, als was Pauli, Beitr. VII, 165 bemerkt: "es
scheint hier (bei smoy) oy das u vertreten zu sollen mit ungenauer Auffassung
des sch'waähnlichen nachhallenden a durch den Niederschreibenden" (vgl. den-
selben Beitr. VI, 426, §. 47--49).

Im Litauischen ist die Entscheidung, was dem auslautendem u zu Grunde
liegen muss, keineswegs leicht. Es soll hier versucht werden, zu einem wenig-
stens wahrscheinlichen Resultat zu gelangen. Auf dem ganzen Gebiet der li-
tauischen Sprachen herrscht die entschiedene Neigung, a vor folgendem Nasal in
u zu verwandeln. In den östlichen Dialekten des Litauischen, oder um bei der
Unbestimmtheit, die noch in der litauischen Dialektologie herrscht, einen be-
stimmten Localdialekt zu nehmen, in dem von Anykszczei (über diesen s. Schlei-
cher, Donaleitis S. 335), wird jedes a vor nas. + cons. zu u, runka = ranka
(Hand), randu zu rundu (ich finde), jedes a des Hochlitauischen (d. h. der aus
der Lautverbindung a + nas. + s, z oder im Auslaut aus am, an entstehende
Vocal) zu u, d. h. u, z. B. zusis = zasis (Gans), acc. sg. runku = ranka (vgl.
auch Schleicher, Gramm. S. 78). Im Lettischen verhält es sich genau so, nur
dass aus dem vor Consonanten im Inlaut entstehenden un bereits u geworden,
ruka, rudu; im Auslaut acc. sg. ruku, greku (msc.). Wir haben es also hier mit
einer Bewegung zu thun, die in der uns bekannten historischen Entwicklung
der litauischen Sprachen in dauerndem Fortschritt begriffen ist, nicht wie
beim Slavischen mit einzelnen und bestimmten Gesetzen unterworfenen Ver-
wandlungen des a in u durch folgenden Nasal. Es fragt sich daher, welche
von den aus ursprünglichem a + nas. entstandenen u, resp. u, gehören der
späteren Entwicklung der Einzelsprachen oder Dialekte des Litauischen, welche
der ganzen Familie an; ehe das entschieden ist, kann nicht ausgemacht werden,
worauf das u von akmu zurückzuführen ist. Die Betrachtung kann sich indessen auf
den Auslaut oder, besser gesagt, auf die nicht wurzelhaften Elemente beschränken,
da im Inlaut, in der Wurzelsilbe, wo ursprünglich a + nas. + cons. überhaupt
erhalten blieb, d. h. a nicht zu e geworden war, das Hochlitauische noch heu-
tiges Tages das a bewahrt.

Für den Auslaut, in dem angegebenen Sinne zu verstehen, liegt die Sache
folgendermassen: selbst, wo Litauisch und Lettisch in der Verwandlung des a zu
u übereinstimmen, zeigt die Sprache der preussischen Katechismen in den aller-
meisten Fällen noch den a-Vocal:

acc. plur. der a-stämme lit. vilkus, lett. wilkus, pron. lit. tus, tus, jus, jus
(letzteres enclit.), lett. jus (auf den Unterschied in der Schreibung des dem li-
tauischen u entsprechenden Vocals als u und o wird hier keine Rücksicht genom-
men, der Unterschied ist nur einer der Accentuation); aber preuss. tawans, St.
tava- = lit. teva- (Vater), s-tans = lit. tu s, tus.

Leskien, slav.-lit. u. germ. Decl. 2

i. Die Casus des Singulars.
werden, nie aber ů; im Lettischen selber bleibt ursprüngliches -ans, -ens nie
ohne die lautgesetzliche Veränderung zu -ůs und -ës (i̊s), und im preussischen
Katechismus beweist das zum msc. gewordene unds (Wasser), dass hier eben-
falls Uebergang in die vocalische Declination vorliegt.

Ueber die einzige in Betracht kommende preussische Form wird sich schwer-
lich etwas anderes aussagen lassen, als was Pauli, Beitr. VII, 165 bemerkt: «es
scheint hier (bei smoy) oy das ů vertreten zu sollen mit ungenauer Auffassung
des sch’waähnlichen nachhallenden å durch den Niederschreibenden» (vgl. den-
selben Beitr. VI, 426, §. 47—49).

Im Litauischen ist die Entscheidung, was dem auslautendem ů zu Grunde
liegen muss, keineswegs leicht. Es soll hier versucht werden, zu einem wenig-
stens wahrscheinlichen Resultat zu gelangen. Auf dem ganzen Gebiet der li-
tauischen Sprachen herrscht die entschiedene Neigung, a vor folgendem Nasal in
u zu verwandeln. In den östlichen Dialekten des Litauischen, oder um bei der
Unbestimmtheit, die noch in der litauischen Dialektologie herrscht, einen be-
stimmten Localdialekt zu nehmen, in dem von Anykszczei (über diesen s. Schlei-
cher, Donaleitis S. 335), wird jedes a vor nas. + cons. zu u, runka = rankà
(Hand), randù zu rundu (ich finde), jedes ą des Hochlitauischen (d. h. der aus
der Lautverbindung a + nas. + s, ż oder im Auslaut aus am, an entstehende
Vocal) zu ų, d. h. u, z. B. żųsis = żąsìs (Gans), acc. sg. runkų = rànką (vgl.
auch Schleicher, Gramm. S. 78). Im Lettischen verhält es sich genau so, nur
dass aus dem vor Consonanten im Inlaut entstehenden un bereits ů geworden,
růka, růdu; im Auslaut acc. sg. růku, gréku (msc.). Wir haben es also hier mit
einer Bewegung zu thun, die in der uns bekannten historischen Entwicklung
der litauischen Sprachen in dauerndem Fortschritt begriffen ist, nicht wie
beim Slavischen mit einzelnen und bestimmten Gesetzen unterworfenen Ver-
wandlungen des a in u durch folgenden Nasal. Es fragt sich daher, welche
von den aus ursprünglichem a + nas. entstandenen u, resp. ů, gehören der
späteren Entwicklung der Einzelsprachen oder Dialekte des Litauischen, welche
der ganzen Familie an; ehe das entschieden ist, kann nicht ausgemacht werden,
worauf das ů von akmů́ zurückzuführen ist. Die Betrachtung kann sich indessen auf
den Auslaut oder, besser gesagt, auf die nicht wurzelhaften Elemente beschränken,
da im Inlaut, in der Wurzelsilbe, wo ursprünglich a + nas. + cons. überhaupt
erhalten blieb, d. h. a nicht zu e geworden war, das Hochlitauische noch heu-
tiges Tages das a bewahrt.

Für den Auslaut, in dem angegebenen Sinne zu verstehen, liegt die Sache
folgendermassen: selbst, wo Litauisch und Lettisch in der Verwandlung des a zu
u übereinstimmen, zeigt die Sprache der preussischen Katechismen in den aller-
meisten Fällen noch den a-Vocal:

acc. plur. der a-stämme lit. vilkus, lett. wilkus, pron. lit. tůs, tùs, jůs, jùs
(letzteres enclit.), lett. jůs (auf den Unterschied in der Schreibung des dem li-
tauischen ů entsprechenden Vocals als ů und õ wird hier keine Rücksicht genom-
men, der Unterschied ist nur einer der Accentuation); aber preuss. tâwans, St.
tâva- = lit. të́va- (Vater), s-tans = lit. tů́ s, tùs.

Leskien, slav.-lit. u. germ. Decl. 2
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[17/0053] i. Die Casus des Singulars. werden, nie aber ů; im Lettischen selber bleibt ursprüngliches -ans, -ens nie ohne die lautgesetzliche Veränderung zu -ůs und -ës (i̊s), und im preussischen Katechismus beweist das zum msc. gewordene unds (Wasser), dass hier eben- falls Uebergang in die vocalische Declination vorliegt. Ueber die einzige in Betracht kommende preussische Form wird sich schwer- lich etwas anderes aussagen lassen, als was Pauli, Beitr. VII, 165 bemerkt: «es scheint hier (bei smoy) oy das ů vertreten zu sollen mit ungenauer Auffassung des sch’waähnlichen nachhallenden å durch den Niederschreibenden» (vgl. den- selben Beitr. VI, 426, §. 47—49). Im Litauischen ist die Entscheidung, was dem auslautendem ů zu Grunde liegen muss, keineswegs leicht. Es soll hier versucht werden, zu einem wenig- stens wahrscheinlichen Resultat zu gelangen. Auf dem ganzen Gebiet der li- tauischen Sprachen herrscht die entschiedene Neigung, a vor folgendem Nasal in u zu verwandeln. In den östlichen Dialekten des Litauischen, oder um bei der Unbestimmtheit, die noch in der litauischen Dialektologie herrscht, einen be- stimmten Localdialekt zu nehmen, in dem von Anykszczei (über diesen s. Schlei- cher, Donaleitis S. 335), wird jedes a vor nas. + cons. zu u, runka = rankà (Hand), randù zu rundu (ich finde), jedes ą des Hochlitauischen (d. h. der aus der Lautverbindung a + nas. + s, ż oder im Auslaut aus am, an entstehende Vocal) zu ų, d. h. u, z. B. żųsis = żąsìs (Gans), acc. sg. runkų = rànką (vgl. auch Schleicher, Gramm. S. 78). Im Lettischen verhält es sich genau so, nur dass aus dem vor Consonanten im Inlaut entstehenden un bereits ů geworden, růka, růdu; im Auslaut acc. sg. růku, gréku (msc.). Wir haben es also hier mit einer Bewegung zu thun, die in der uns bekannten historischen Entwicklung der litauischen Sprachen in dauerndem Fortschritt begriffen ist, nicht wie beim Slavischen mit einzelnen und bestimmten Gesetzen unterworfenen Ver- wandlungen des a in u durch folgenden Nasal. Es fragt sich daher, welche von den aus ursprünglichem a + nas. entstandenen u, resp. ů, gehören der späteren Entwicklung der Einzelsprachen oder Dialekte des Litauischen, welche der ganzen Familie an; ehe das entschieden ist, kann nicht ausgemacht werden, worauf das ů von akmů́ zurückzuführen ist. Die Betrachtung kann sich indessen auf den Auslaut oder, besser gesagt, auf die nicht wurzelhaften Elemente beschränken, da im Inlaut, in der Wurzelsilbe, wo ursprünglich a + nas. + cons. überhaupt erhalten blieb, d. h. a nicht zu e geworden war, das Hochlitauische noch heu- tiges Tages das a bewahrt. Für den Auslaut, in dem angegebenen Sinne zu verstehen, liegt die Sache folgendermassen: selbst, wo Litauisch und Lettisch in der Verwandlung des a zu u übereinstimmen, zeigt die Sprache der preussischen Katechismen in den aller- meisten Fällen noch den a-Vocal: acc. plur. der a-stämme lit. vilkus, lett. wilkus, pron. lit. tůs, tùs, jůs, jùs (letzteres enclit.), lett. jůs (auf den Unterschied in der Schreibung des dem li- tauischen ů entsprechenden Vocals als ů und õ wird hier keine Rücksicht genom- men, der Unterschied ist nur einer der Accentuation); aber preuss. tâwans, St. tâva- = lit. të́va- (Vater), s-tans = lit. tů́ s, tùs. Leskien, slav.-lit. u. germ. Decl. 2

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Zitationshilfe: Leskien, August: Die Declination im Slavisch-Litauischen und Germanischen. Leipzig, 1876, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leskien_declination_1876/53>, abgerufen am 22.11.2024.