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Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774.

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Mot. (singt.)
Arm. Gut Lied! geh zartes Alter! nimm
diese Schlüssel! schenk dem Schäfer die Frey-
heit, bring ihn ungesäumt zu mir, ich muß
ihn mit einem Briefe an meine Liebste schicken.
Mot. Herr, wollt ihr eure Liebste auf
französisch gewinnen?
Arm. Wie das, lieber Junge?
Mot. Ein Liedchen mit dem End' eurer
Zunge tanzen, mit euren Füssen dazu singen,
und das alles durch Auf- und Abziehen eu-
rer Augbraunen beleben, eine Note seufzen,
die andere singen, und wenn ihr im Singen
zuviel Liebe heruntergeschluckt, sie durch die
Nase wieder von euch geben, euren Hut wie
eine Regenrinne tief über den Kramladen
eurer Augen vorgeschoben, die Arme kreuz-
weis über euren Brustlatz gelegt wie ein Ka-
ninchen am Bratspieße, oder eure Hände in
den Rocktaschen wie ein Mann in einem
uralten Gemählde -- nur müßt ihr nie zu
lang in einer Melodie fortfahren, das sind
die Manieren, das sind die Launen, denen
die feinsten Koketten nicht halten können, wo-
durch ihr euch unsterblich macht wie Ero-
berer.
Armado. Wo hast du alle die Erfah-
rungen her?
Mot. Von mir selber.
Arm Aber o! aber o!
Mot.


Mot. (ſingt.)
Arm. Gut Lied! geh zartes Alter! nimm
dieſe Schluͤſſel! ſchenk dem Schaͤfer die Frey-
heit, bring ihn ungeſaͤumt zu mir, ich muß
ihn mit einem Briefe an meine Liebſte ſchicken.
Mot. Herr, wollt ihr eure Liebſte auf
franzoͤſiſch gewinnen?
Arm. Wie das, lieber Junge?
Mot. Ein Liedchen mit dem End’ eurer
Zunge tanzen, mit euren Fuͤſſen dazu ſingen,
und das alles durch Auf- und Abziehen eu-
rer Augbraunen beleben, eine Note ſeufzen,
die andere ſingen, und wenn ihr im Singen
zuviel Liebe heruntergeſchluckt, ſie durch die
Naſe wieder von euch geben, euren Hut wie
eine Regenrinne tief uͤber den Kramladen
eurer Augen vorgeſchoben, die Arme kreuz-
weis uͤber euren Bruſtlatz gelegt wie ein Ka-
ninchen am Bratſpieße, oder eure Haͤnde in
den Rocktaſchen wie ein Mann in einem
uralten Gemaͤhlde — nur muͤßt ihr nie zu
lang in einer Melodie fortfahren, das ſind
die Manieren, das ſind die Launen, denen
die feinſten Koketten nicht halten koͤnnen, wo-
durch ihr euch unſterblich macht wie Ero-
berer.
Armado. Wo haſt du alle die Erfah-
rungen her?
Mot. Von mir ſelber.
Arm Aber o! aber o!
Mot.
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[88/0094] Mot. (ſingt.) Arm. Gut Lied! geh zartes Alter! nimm dieſe Schluͤſſel! ſchenk dem Schaͤfer die Frey- heit, bring ihn ungeſaͤumt zu mir, ich muß ihn mit einem Briefe an meine Liebſte ſchicken. Mot. Herr, wollt ihr eure Liebſte auf franzoͤſiſch gewinnen? Arm. Wie das, lieber Junge? Mot. Ein Liedchen mit dem End’ eurer Zunge tanzen, mit euren Fuͤſſen dazu ſingen, und das alles durch Auf- und Abziehen eu- rer Augbraunen beleben, eine Note ſeufzen, die andere ſingen, und wenn ihr im Singen zuviel Liebe heruntergeſchluckt, ſie durch die Naſe wieder von euch geben, euren Hut wie eine Regenrinne tief uͤber den Kramladen eurer Augen vorgeſchoben, die Arme kreuz- weis uͤber euren Bruſtlatz gelegt wie ein Ka- ninchen am Bratſpieße, oder eure Haͤnde in den Rocktaſchen wie ein Mann in einem uralten Gemaͤhlde — nur muͤßt ihr nie zu lang in einer Melodie fortfahren, das ſind die Manieren, das ſind die Launen, denen die feinſten Koketten nicht halten koͤnnen, wo- durch ihr euch unſterblich macht wie Ero- berer. Armado. Wo haſt du alle die Erfah- rungen her? Mot. Von mir ſelber. Arm Aber o! aber o! Mot.

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Zitationshilfe: Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774/94>, abgerufen am 25.11.2024.