Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.Eingebettelt in die Stelle Hat sie sich mit bangem Flehen, Daß sie dürfe nur noch einmal Unbemerkt den Prinzen sehen. Also hat in scheuer Demuth Klara Hebert sich verborgen, Nimmer braucht ja ihre Liebe Für den Theuren mehr zu sorgen. Nicht gewahrt der rauhe Wachmann Ihres Herzens lautes Pochen, Und wie manche heiße Thräne Aus den Augen ihr gebrochen. Plötzlich hält Johannes inne, Forschend blickt er ins Gedränge; Doch nicht sieht er, die er suchet In des Volkes bunter Menge. Und der Liebe bange Zweifel
Ihm die Seele jezt erfassen: "Klara!" ruft er laut und schmerzlich, "Klara! willst du mich verlassen?" -- Eingebettelt in die Stelle Hat ſie ſich mit bangem Flehen, Daß ſie duͤrfe nur noch einmal Unbemerkt den Prinzen ſehen. Alſo hat in ſcheuer Demuth Klara Hebert ſich verborgen, Nimmer braucht ja ihre Liebe Fuͤr den Theuren mehr zu ſorgen. Nicht gewahrt der rauhe Wachmann Ihres Herzens lautes Pochen, Und wie manche heiße Thraͤne Aus den Augen ihr gebrochen. Ploͤtzlich haͤlt Johannes inne, Forſchend blickt er ins Gedraͤnge; Doch nicht ſieht er, die er ſuchet In des Volkes bunter Menge. Und der Liebe bange Zweifel
Ihm die Seele jezt erfaſſen: „Klara!“ ruft er laut und ſchmerzlich, „Klara! willſt du mich verlaſſen?“ — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0277" n="263"/> <lg n="10"> <l>Eingebettelt in die Stelle</l><lb/> <l>Hat ſie ſich mit bangem Flehen,</l><lb/> <l>Daß ſie duͤrfe nur noch einmal</l><lb/> <l>Unbemerkt den Prinzen ſehen.</l><lb/> </lg> <lg n="11"> <l>Alſo hat in ſcheuer Demuth</l><lb/> <l>Klara Hebert ſich verborgen,</l><lb/> <l>Nimmer braucht ja ihre Liebe</l><lb/> <l>Fuͤr den Theuren mehr zu ſorgen.</l><lb/> </lg> <lg n="12"> <l>Nicht gewahrt der rauhe Wachmann</l><lb/> <l>Ihres Herzens lautes Pochen,</l><lb/> <l>Und wie manche heiße Thraͤne</l><lb/> <l>Aus den Augen ihr gebrochen.</l><lb/> </lg> <lg n="13"> <l>Ploͤtzlich haͤlt Johannes inne,</l><lb/> <l>Forſchend blickt er ins Gedraͤnge;</l><lb/> <l>Doch nicht ſieht er, die er ſuchet</l><lb/> <l>In des Volkes bunter Menge.</l><lb/> </lg> <lg n="14"> <l>Und der Liebe bange Zweifel</l><lb/> <l>Ihm die Seele jezt erfaſſen:</l><lb/> <l>„Klara!“ ruft er laut und ſchmerzlich,</l><lb/> <l>„Klara! willſt du mich verlaſſen?“ —</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [263/0277]
Eingebettelt in die Stelle
Hat ſie ſich mit bangem Flehen,
Daß ſie duͤrfe nur noch einmal
Unbemerkt den Prinzen ſehen.
Alſo hat in ſcheuer Demuth
Klara Hebert ſich verborgen,
Nimmer braucht ja ihre Liebe
Fuͤr den Theuren mehr zu ſorgen.
Nicht gewahrt der rauhe Wachmann
Ihres Herzens lautes Pochen,
Und wie manche heiße Thraͤne
Aus den Augen ihr gebrochen.
Ploͤtzlich haͤlt Johannes inne,
Forſchend blickt er ins Gedraͤnge;
Doch nicht ſieht er, die er ſuchet
In des Volkes bunter Menge.
Und der Liebe bange Zweifel
Ihm die Seele jezt erfaſſen:
„Klara!“ ruft er laut und ſchmerzlich,
„Klara! willſt du mich verlaſſen?“ —
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/277 |
Zitationshilfe: | Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/277>, abgerufen am 28.07.2024. |