Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] so eine Stadt in der Landschafft Magnesia gewesen, daher vor diesem die Kastanien gebracht sind worden.

Castor.

Castor,

Fiber,

frantzösisch, Bievre.

teutsch, der Biber.

Ist ein vierfüßiges Thier, das auf dem Lande und in dem Wasser leben mag, und so dicke ist als ein halbjähriges Ferckel: oder besser, zu Folge des Berichts, den der Herr Sarrazin, ein königlicher Medicus in Canada an den Herren Tournefort übersendet hat, welcher auch im Jahr 1704. den Memoires der königlichen Academie des Sciences unverleibet worden: die allerstärcksten Castors oder Biber sind drey oder vier Fuß lang, und zwölff bis funffzehen Zoll breit, mitten über die Brust, wie auch von einer Hüffte bis zur andern. Gemeiniglich wiegen sie von viertzig bis zu sechzig Pfund. Der Kopf sieht wie an einer Bergratte, die Schnautze ist lang, die Kieffel sind bey nahe einander gleich, und überaus starck; ein jeder ist mit zehen Zähnen besetzet, die groß und schneidend sind; darunter die zwey incisores, Schneidezähne, die übrigen achte molares, Backenzähne. Die ersten stehen gantz vorne an der Schnautze; die obersten sind ohngefehr acht Linien lang, die untersten etwan einen Zoll. Die Wurtzeln an den obersten haben zwey und einen halben Zoll in der Länge, die untersten sind wol länger als drey Zoll, und sind nach der Krumme der Kieffel gerichtet, welches ihnen eine gantz entsetzliche Stärcke giebet, so daß der Biber mit diesen seinen Zähnen die gröst- und stärcksten Bäume abbeissen, oder, wie der Jäger spricht, ab- und umhauen kan. Wobey zu mercken ist, däß diese Zähne einander nicht entgegen stehen, sondern die einen treffen und gehen über die andern weg, und sind auf solche Weise geordnet, daß er sie kan wie eine Scheere brauchen. Seine Augen sind sehr klein, die Ohren kurtz und rund, auswendig rauch, inwendig ohne Haar. Sein Leib ist kurtz und dick, mit zweyerley Haaren bedecket, die insgemeine braun sind und gleissend, jedoch bisweilen schwartz, sehr selten weiß. Die obersten sind anderthalben bis zwey Zoll lang, und werden immer kürtzer, je näher sie zum Kopf und zu dem Schwantze kommen; daselbst sind sie nicht so gelinde, allein am meisten gleissend: im übrigen sind sie so zarte wie das Haar auf eines Menschen Kopfe. Die untersten Haare sind wie gantz zarte Pflaumenfedern, oder auch weisse Wolle, und gantz dichte, etwan eines Zolles lang, die beschirmen das Thier vor der Kälte, und dienen zu Verfertigung der Hüte und andern dergleichen Sachen: die Handwercksleute nennen sie gantz ungeschicklich Moscovische Wolle. Sein Schwantz sieht gantz und gar nicht aus, als wie an einem andern Thiere, das auf dem Lande lebt, er kommt vielmehr mit der Natur [Spaltenumbruch] der Fische überein, und schmeckt auch eben so, desgleichen auch die Hinterpfoten. Er ist etwan eine halbe Elle lang, einen Zoll dick, ohne Haar, von Gestalt oval, an der Wurtzel ohngefehr vier Zoll breit, und fünffe in der Mitten, mit einer schupichten Haut überzogen: darunter ein hartes, vestes Fett befindlich, so nicht viel anders sieht, als wie das Fleisch vom Meerschwein. Die Schupen sind ungleich, sechs eckigt, so dicke wie ein Pergament, und drey oder vier Linien lang, liegen eine über der andern, und sind vermittelst eines zarten Häutleins zusammen gehencket.

Dem Biber dient sein Schwantz nicht nur, zu samt den Hinterpfoten, zu dem schwimmen, sondern er gebraucht ihn auch für eine Stampfe, Kelle und Kalckfaß, darinne er seinen Kalck zurichtet und denselbigen zuträgt, wann er sein Lager, das zuweilen zwey und drey Stockwercke hat, aufführen und ausbauen will. Diesen seinen Schwantz hält er beständig in dem Wasser, dessen er immerfort einen Vorrath hat, damit es ihm nie daran fehle. Seine Schenckel sind kurtz, insonderheit die vordern, und über vier bis fünff Zoll nicht lang: mit gantz kurtzen Haaren bedecket; daran stehen die Füsse, deren er sich gebrauchet seinen Raub damit zu halten: dieselben sind etwan auf dritte halben Zoll lang, und sehen wie die Füsse eines Dachsen. Seine Nägel sind wie schief zerschnitten und inwendig hol, gleichwie die Schreibefedern. Die Hinterfüsse sehen gar nicht wie die Vorderfüsse, dann sie sind platt, und fischartig, den Entenpfoten nicht ungleich, oder wie an den Schwanen, und andern Gevögel, so um das Wasser sich aufhält; daher kan der Biber auf dem Lande fortgehen, und auch im Wasser schwimmen, doch ziehet er gar langsam fort. Alle seine Musculen sind dick und über alle massen starck. Die Brust ist oben schmal, unten ein gut Theil breiter. Die Lungen haben sechs Lappen oder Stücken, die Leber aber sieben, die bedecken den Magen auf allen Seiten. Die Miltz ist klein, rund, und vester Substantz. Die Geilen sind klein und liegen in den Dünnen; haben die Gestalt eines coni und Kegels, und sehen den Hundegeilen vollkommen gleich, wann sie abgezogen sind.

Die Biber-Sie hat vier Zitzen: sie soll, der Sage nach, vier Monat tragen, und allemahl vier junge bringen.

Dieses Thier, es sey ein Männlein oder Weiblein, hat unten bey dem Schloßbeine vier grosse Beutel, von denen die zwey obersten, welche viel höher liegen als die beyden andern, die Figur einer Birne haben, und gehen beyde in einander. Gemeiniglich sind sie drey Zoll lang, und unten an dem Grunde anderthalben breit: sie enthalten eine hartzigte und stinckende Materie, Castoreum, das Bibergeil genannt, von welchen ich in einem besonderen Articul reden werde. Die beyden übrigen und untern Beutel haben ihre Residentz in den untersten Hölen, sind am Grunde rund, wann man das Häutlein weggenommen, darein sie mit einander verwickelt gewesen. Zuweilen werden ihrer drey gefunden, die sind wie Päcklein hingestellt, voll ölicht- und gelblichter Materie, die heßlich übel reucht. Ein jeder Beutel ist insgemein ein Paar Zoll und einen halben lang, und hält im Durchschnitt vierzehn bis funffzehn Zoll.

[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] so eine Stadt in der Landschafft Magnesia gewesen, daher vor diesem die Kastanien gebracht sind worden.

Castor.

Castor,

Fiber,

frantzösisch, Biévre.

teutsch, der Biber.

Ist ein vierfüßiges Thier, das auf dem Lande und in dem Wasser leben mag, und so dicke ist als ein halbjähriges Ferckel: oder besser, zu Folge des Berichts, den der Herr Sarrazin, ein königlicher Medicus in Canada an den Herren Tournefort übersendet hat, welcher auch im Jahr 1704. den Memoires der königlichen Academie des Sciences unverleibet worden: die allerstärcksten Castors oder Biber sind drey oder vier Fuß lang, und zwölff bis funffzehen Zoll breit, mitten über die Brust, wie auch von einer Hüffte bis zur andern. Gemeiniglich wiegen sie von viertzig bis zu sechzig Pfund. Der Kopf sieht wie an einer Bergratte, die Schnautze ist lang, die Kieffel sind bey nahe einander gleich, und überaus starck; ein jeder ist mit zehen Zähnen besetzet, die groß und schneidend sind; darunter die zwey incisores, Schneidezähne, die übrigen achte molares, Backenzähne. Die ersten stehen gantz vorne an der Schnautze; die obersten sind ohngefehr acht Linien lang, die untersten etwan einen Zoll. Die Wurtzeln an den obersten haben zwey und einen halben Zoll in der Länge, die untersten sind wol länger als drey Zoll, und sind nach der Krumme der Kieffel gerichtet, welches ihnen eine gantz entsetzliche Stärcke giebet, so daß der Biber mit diesen seinen Zähnen die gröst- und stärcksten Bäume abbeissen, oder, wie der Jäger spricht, ab- und umhauen kan. Wobey zu mercken ist, däß diese Zähne einander nicht entgegen stehen, sondern die einen treffen und gehen über die andern weg, und sind auf solche Weise geordnet, daß er sie kan wie eine Scheere brauchen. Seine Augen sind sehr klein, die Ohren kurtz und rund, auswendig rauch, inwendig ohne Haar. Sein Leib ist kurtz und dick, mit zweyerley Haaren bedecket, die insgemeine braun sind und gleissend, jedoch bisweilen schwartz, sehr selten weiß. Die obersten sind anderthalben bis zwey Zoll lang, und werden immer kürtzer, je näher sie zum Kopf und zu dem Schwantze kommen; daselbst sind sie nicht so gelinde, allein am meisten gleissend: im übrigen sind sie so zarte wie das Haar auf eines Menschen Kopfe. Die untersten Haare sind wie gantz zarte Pflaumenfedern, oder auch weisse Wolle, und gantz dichte, etwan eines Zolles lang, die beschirmen das Thier vor der Kälte, und dienen zu Verfertigung der Hüte und andern dergleichen Sachen: die Handwercksleute nennen sie gantz ungeschicklich Moscovische Wolle. Sein Schwantz sieht gantz und gar nicht aus, als wie an einem andern Thiere, das auf dem Lande lebt, er kommt vielmehr mit der Natur [Spaltenumbruch] der Fische überein, und schmeckt auch eben so, desgleichen auch die Hinterpfoten. Er ist etwan eine halbe Elle lang, einen Zoll dick, ohne Haar, von Gestalt oval, an der Wurtzel ohngefehr vier Zoll breit, und fünffe in der Mitten, mit einer schupichten Haut überzogen: darunter ein hartes, vestes Fett befindlich, so nicht viel anders sieht, als wie das Fleisch vom Meerschwein. Die Schupen sind ungleich, sechs eckigt, so dicke wie ein Pergament, und drey oder vier Linien lang, liegen eine über der andern, und sind vermittelst eines zarten Häutleins zusammen gehencket.

Dem Biber dient sein Schwantz nicht nur, zu samt den Hinterpfoten, zu dem schwimmen, sondern er gebraucht ihn auch für eine Stampfe, Kelle und Kalckfaß, darinne er seinen Kalck zurichtet und denselbigen zuträgt, wann er sein Lager, das zuweilen zwey und drey Stockwercke hat, aufführen und ausbauen will. Diesen seinen Schwantz hält er beständig in dem Wasser, dessen er immerfort einen Vorrath hat, damit es ihm nie daran fehle. Seine Schenckel sind kurtz, insonderheit die vordern, und über vier bis fünff Zoll nicht lang: mit gantz kurtzen Haaren bedecket; daran stehen die Füsse, deren er sich gebrauchet seinen Raub damit zu halten: dieselben sind etwan auf dritte halben Zoll lang, und sehen wie die Füsse eines Dachsen. Seine Nägel sind wie schief zerschnitten und inwendig hol, gleichwie die Schreibefedern. Die Hinterfüsse sehen gar nicht wie die Vorderfüsse, dann sie sind platt, und fischartig, den Entenpfoten nicht ungleich, oder wie an den Schwanen, und andern Gevögel, so um das Wasser sich aufhält; daher kan der Biber auf dem Lande fortgehen, und auch im Wasser schwimmen, doch ziehet er gar langsam fort. Alle seine Musculen sind dick und über alle massen starck. Die Brust ist oben schmal, unten ein gut Theil breiter. Die Lungen haben sechs Lappen oder Stücken, die Leber aber sieben, die bedecken den Magen auf allen Seiten. Die Miltz ist klein, rund, und vester Substantz. Die Geilen sind klein und liegen in den Dünnen; haben die Gestalt eines coni und Kegels, und sehen den Hundegeilen vollkommen gleich, wann sie abgezogen sind.

Die Biber-Sie hat vier Zitzen: sie soll, der Sage nach, vier Monat tragen, und allemahl vier junge bringen.

Dieses Thier, es sey ein Männlein oder Weiblein, hat unten bey dem Schloßbeine vier grosse Beutel, von denen die zwey obersten, welche viel höher liegen als die beyden andern, die Figur einer Birne haben, und gehen beyde in einander. Gemeiniglich sind sie drey Zoll lang, und unten an dem Grunde anderthalben breit: sie enthalten eine hartzigte und stinckende Materie, Castoreum, das Bibergeil genannt, von welchen ich in einem besonderen Articul reden werde. Die beyden übrigen und untern Beutel haben ihre Residentz in den untersten Hölen, sind am Grunde rund, wann man das Häutlein weggenommen, darein sie mit einander verwickelt gewesen. Zuweilen werden ihrer drey gefunden, die sind wie Päcklein hingestellt, voll ölicht- und gelblichter Materie, die heßlich übel reucht. Ein jeder Beutel ist insgemein ein Paar Zoll und einen halben lang, und hält im Durchschnitt vierzehn bis funffzehn Zoll.

[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div type="lexiconEntry">
          <p><pb facs="#f0148"/><cb type="start"/>
so eine Stadt in der Landschafft Magnesia gewesen, daher vor diesem die Kastanien gebracht sind worden.</p>
        </div><lb/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Castor.</head><lb/>
          <p> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#i">Castor,</hi> </hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#i">Fiber,</hi> </hi> </p><lb/>
          <p>frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Biévre.</hi></hi></p><lb/>
          <p>teutsch, <hi rendition="#fr">der Biber.</hi></p><lb/>
          <p>Ist ein vierfüßiges Thier, das auf dem Lande und in dem Wasser leben mag, und so dicke ist als ein halbjähriges Ferckel: oder besser, zu Folge des Berichts, den der Herr Sarrazin, ein königlicher <hi rendition="#i">Medicus</hi> in Canada an den Herren Tournefort übersendet hat, welcher auch im Jahr 1704. den <hi rendition="#i">Memoires</hi> der königlichen <hi rendition="#i">Academie des Sciences</hi> unverleibet worden: die allerstärcksten <hi rendition="#i">Castors</hi> oder Biber sind drey oder vier Fuß lang, und zwölff bis funffzehen Zoll breit, mitten über die Brust, wie auch von einer Hüffte bis zur andern. Gemeiniglich wiegen sie von viertzig bis zu sechzig Pfund. Der Kopf sieht wie an einer Bergratte, die Schnautze ist lang, die Kieffel sind bey nahe einander gleich, und überaus starck; ein jeder ist mit zehen Zähnen besetzet, die groß und schneidend sind; darunter die zwey <hi rendition="#i">incisores,</hi> Schneidezähne, die übrigen achte <hi rendition="#i">molares,</hi> Backenzähne. Die ersten stehen gantz vorne an der Schnautze; die obersten sind ohngefehr acht Linien lang, die untersten etwan einen Zoll. Die Wurtzeln an den obersten haben zwey und einen halben Zoll in der Länge, die untersten sind wol länger als drey Zoll, und sind nach der Krumme der Kieffel gerichtet, welches ihnen eine gantz entsetzliche Stärcke giebet, so daß der Biber mit diesen seinen Zähnen die gröst- und stärcksten Bäume abbeissen, oder, wie der Jäger spricht, ab- und umhauen kan. Wobey zu mercken ist, däß diese Zähne einander nicht entgegen stehen, sondern die einen treffen und gehen über die andern weg, und sind auf solche Weise geordnet, daß er sie kan wie eine Scheere brauchen. Seine Augen sind sehr klein, die Ohren kurtz und rund, auswendig rauch, inwendig ohne Haar. Sein Leib ist kurtz und dick, mit zweyerley Haaren bedecket, die insgemeine braun sind und gleissend, jedoch bisweilen schwartz, sehr selten weiß. Die obersten sind anderthalben bis zwey Zoll lang, und werden immer kürtzer, je näher sie zum Kopf und zu dem Schwantze kommen; daselbst sind sie nicht so gelinde, allein am meisten gleissend: im übrigen sind sie so zarte wie das Haar auf eines Menschen Kopfe. Die untersten Haare sind wie gantz zarte Pflaumenfedern, oder auch weisse Wolle, und gantz dichte, etwan eines Zolles lang, die beschirmen das Thier vor der Kälte, und dienen zu Verfertigung der Hüte und andern dergleichen Sachen: die Handwercksleute nennen sie gantz ungeschicklich Moscovische Wolle. Sein Schwantz sieht gantz und gar nicht aus, als wie an einem andern Thiere, das auf dem Lande lebt, er kommt vielmehr mit der Natur <cb/>
der Fische überein, und schmeckt auch eben so, desgleichen auch die Hinterpfoten. Er ist etwan eine halbe Elle lang, einen Zoll dick, ohne Haar, von Gestalt oval, an der Wurtzel ohngefehr vier Zoll breit, und fünffe in der Mitten, mit einer schupichten Haut überzogen: darunter ein hartes, vestes Fett befindlich, so nicht viel anders sieht, als wie das Fleisch vom Meerschwein. Die Schupen sind ungleich, sechs eckigt, so dicke wie ein Pergament, und drey oder vier Linien lang, liegen eine über der andern, und sind vermittelst eines zarten Häutleins zusammen gehencket.</p><lb/>
          <p>Dem Biber dient sein Schwantz nicht nur, zu samt den Hinterpfoten, zu dem schwimmen, sondern er gebraucht ihn auch für eine Stampfe, Kelle und Kalckfaß, darinne er seinen Kalck zurichtet und denselbigen zuträgt, wann er sein Lager, das zuweilen zwey und drey Stockwercke hat, aufführen und ausbauen will. Diesen seinen Schwantz hält er beständig in dem Wasser, dessen er immerfort einen Vorrath hat, damit es ihm nie daran fehle. Seine Schenckel sind kurtz, insonderheit die vordern, und über vier bis fünff Zoll nicht lang: mit gantz kurtzen Haaren bedecket; daran stehen die Füsse, deren er sich gebrauchet seinen Raub damit zu halten: dieselben sind etwan auf dritte halben Zoll lang, und sehen wie die Füsse eines Dachsen. Seine Nägel sind wie schief zerschnitten und inwendig hol, gleichwie die Schreibefedern. Die Hinterfüsse sehen gar nicht wie die Vorderfüsse, dann sie sind platt, und fischartig, den Entenpfoten nicht ungleich, oder wie an den Schwanen, und andern Gevögel, so um das Wasser sich aufhält; daher kan der Biber auf dem Lande fortgehen, und auch im Wasser schwimmen, doch ziehet er gar langsam fort. Alle seine Musculen sind dick und über alle massen starck. Die Brust ist oben schmal, unten ein gut Theil breiter. Die Lungen haben sechs Lappen oder Stücken, die Leber aber sieben, die bedecken den Magen auf allen Seiten. Die Miltz ist klein, rund, und vester Substantz. Die Geilen sind klein und liegen in den Dünnen; haben die Gestalt eines <hi rendition="#i">coni</hi> und Kegels, und sehen den Hundegeilen vollkommen gleich, wann sie abgezogen sind.</p><lb/>
          <p>Die Biber-Sie hat vier Zitzen: sie soll, der Sage nach, vier Monat tragen, und allemahl vier junge bringen.</p><lb/>
          <p>Dieses Thier, es sey ein Männlein oder Weiblein, hat unten bey dem Schloßbeine vier grosse Beutel, von denen die zwey obersten, welche viel höher liegen als die beyden andern, die Figur einer Birne haben, und gehen beyde in einander. Gemeiniglich sind sie drey Zoll lang, und unten an dem Grunde anderthalben breit: sie enthalten eine hartzigte und stinckende Materie, <hi rendition="#i">Castoreum,</hi> das Bibergeil genannt, von welchen ich in einem besonderen Articul reden werde. Die beyden übrigen und untern Beutel haben ihre Residentz in den untersten Hölen, sind am Grunde rund, wann man das Häutlein weggenommen, darein sie mit einander verwickelt gewesen. Zuweilen werden ihrer drey gefunden, die sind wie Päcklein hingestellt, voll ölicht- und gelblichter Materie, die heßlich übel reucht. Ein jeder Beutel ist insgemein ein Paar Zoll und einen halben lang, und hält im Durchschnitt vierzehn bis funffzehn Zoll.</p>
          <cb type="end"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0148] so eine Stadt in der Landschafft Magnesia gewesen, daher vor diesem die Kastanien gebracht sind worden. Castor. Castor, Fiber, frantzösisch, Biévre. teutsch, der Biber. Ist ein vierfüßiges Thier, das auf dem Lande und in dem Wasser leben mag, und so dicke ist als ein halbjähriges Ferckel: oder besser, zu Folge des Berichts, den der Herr Sarrazin, ein königlicher Medicus in Canada an den Herren Tournefort übersendet hat, welcher auch im Jahr 1704. den Memoires der königlichen Academie des Sciences unverleibet worden: die allerstärcksten Castors oder Biber sind drey oder vier Fuß lang, und zwölff bis funffzehen Zoll breit, mitten über die Brust, wie auch von einer Hüffte bis zur andern. Gemeiniglich wiegen sie von viertzig bis zu sechzig Pfund. Der Kopf sieht wie an einer Bergratte, die Schnautze ist lang, die Kieffel sind bey nahe einander gleich, und überaus starck; ein jeder ist mit zehen Zähnen besetzet, die groß und schneidend sind; darunter die zwey incisores, Schneidezähne, die übrigen achte molares, Backenzähne. Die ersten stehen gantz vorne an der Schnautze; die obersten sind ohngefehr acht Linien lang, die untersten etwan einen Zoll. Die Wurtzeln an den obersten haben zwey und einen halben Zoll in der Länge, die untersten sind wol länger als drey Zoll, und sind nach der Krumme der Kieffel gerichtet, welches ihnen eine gantz entsetzliche Stärcke giebet, so daß der Biber mit diesen seinen Zähnen die gröst- und stärcksten Bäume abbeissen, oder, wie der Jäger spricht, ab- und umhauen kan. Wobey zu mercken ist, däß diese Zähne einander nicht entgegen stehen, sondern die einen treffen und gehen über die andern weg, und sind auf solche Weise geordnet, daß er sie kan wie eine Scheere brauchen. Seine Augen sind sehr klein, die Ohren kurtz und rund, auswendig rauch, inwendig ohne Haar. Sein Leib ist kurtz und dick, mit zweyerley Haaren bedecket, die insgemeine braun sind und gleissend, jedoch bisweilen schwartz, sehr selten weiß. Die obersten sind anderthalben bis zwey Zoll lang, und werden immer kürtzer, je näher sie zum Kopf und zu dem Schwantze kommen; daselbst sind sie nicht so gelinde, allein am meisten gleissend: im übrigen sind sie so zarte wie das Haar auf eines Menschen Kopfe. Die untersten Haare sind wie gantz zarte Pflaumenfedern, oder auch weisse Wolle, und gantz dichte, etwan eines Zolles lang, die beschirmen das Thier vor der Kälte, und dienen zu Verfertigung der Hüte und andern dergleichen Sachen: die Handwercksleute nennen sie gantz ungeschicklich Moscovische Wolle. Sein Schwantz sieht gantz und gar nicht aus, als wie an einem andern Thiere, das auf dem Lande lebt, er kommt vielmehr mit der Natur der Fische überein, und schmeckt auch eben so, desgleichen auch die Hinterpfoten. Er ist etwan eine halbe Elle lang, einen Zoll dick, ohne Haar, von Gestalt oval, an der Wurtzel ohngefehr vier Zoll breit, und fünffe in der Mitten, mit einer schupichten Haut überzogen: darunter ein hartes, vestes Fett befindlich, so nicht viel anders sieht, als wie das Fleisch vom Meerschwein. Die Schupen sind ungleich, sechs eckigt, so dicke wie ein Pergament, und drey oder vier Linien lang, liegen eine über der andern, und sind vermittelst eines zarten Häutleins zusammen gehencket. Dem Biber dient sein Schwantz nicht nur, zu samt den Hinterpfoten, zu dem schwimmen, sondern er gebraucht ihn auch für eine Stampfe, Kelle und Kalckfaß, darinne er seinen Kalck zurichtet und denselbigen zuträgt, wann er sein Lager, das zuweilen zwey und drey Stockwercke hat, aufführen und ausbauen will. Diesen seinen Schwantz hält er beständig in dem Wasser, dessen er immerfort einen Vorrath hat, damit es ihm nie daran fehle. Seine Schenckel sind kurtz, insonderheit die vordern, und über vier bis fünff Zoll nicht lang: mit gantz kurtzen Haaren bedecket; daran stehen die Füsse, deren er sich gebrauchet seinen Raub damit zu halten: dieselben sind etwan auf dritte halben Zoll lang, und sehen wie die Füsse eines Dachsen. Seine Nägel sind wie schief zerschnitten und inwendig hol, gleichwie die Schreibefedern. Die Hinterfüsse sehen gar nicht wie die Vorderfüsse, dann sie sind platt, und fischartig, den Entenpfoten nicht ungleich, oder wie an den Schwanen, und andern Gevögel, so um das Wasser sich aufhält; daher kan der Biber auf dem Lande fortgehen, und auch im Wasser schwimmen, doch ziehet er gar langsam fort. Alle seine Musculen sind dick und über alle massen starck. Die Brust ist oben schmal, unten ein gut Theil breiter. Die Lungen haben sechs Lappen oder Stücken, die Leber aber sieben, die bedecken den Magen auf allen Seiten. Die Miltz ist klein, rund, und vester Substantz. Die Geilen sind klein und liegen in den Dünnen; haben die Gestalt eines coni und Kegels, und sehen den Hundegeilen vollkommen gleich, wann sie abgezogen sind. Die Biber-Sie hat vier Zitzen: sie soll, der Sage nach, vier Monat tragen, und allemahl vier junge bringen. Dieses Thier, es sey ein Männlein oder Weiblein, hat unten bey dem Schloßbeine vier grosse Beutel, von denen die zwey obersten, welche viel höher liegen als die beyden andern, die Figur einer Birne haben, und gehen beyde in einander. Gemeiniglich sind sie drey Zoll lang, und unten an dem Grunde anderthalben breit: sie enthalten eine hartzigte und stinckende Materie, Castoreum, das Bibergeil genannt, von welchen ich in einem besonderen Articul reden werde. Die beyden übrigen und untern Beutel haben ihre Residentz in den untersten Hölen, sind am Grunde rund, wann man das Häutlein weggenommen, darein sie mit einander verwickelt gewesen. Zuweilen werden ihrer drey gefunden, die sind wie Päcklein hingestellt, voll ölicht- und gelblichter Materie, die heßlich übel reucht. Ein jeder Beutel ist insgemein ein Paar Zoll und einen halben lang, und hält im Durchschnitt vierzehn bis funffzehn Zoll.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-02-19T20:05:58Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-02-19T20:05:58Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: nein;

Abbildungen innerhalb des Textteils wurden nicht markiert. Die Stichwörter der einzelnen Einträge innerhalb des Textteils sind, abweichend von der Vorlage, nicht in Versalien gesetzt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/148
Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/148>, abgerufen am 03.12.2024.