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Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776.

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Kälte. Allein ein schwaches Bild ist doch noch
immer ein Bild -- O Blanka denk' an unsre
Zusammenkünfte im Citronenwalde, -- an die
Thränen bey der Ankunft, -- an die Thränen
beym Abschiede!
Blanka, (in tiefen Gedanken) Wunderbar!
Auch Jhnen hat das geträumt? -- mir träumte
dasselbe.
Julius. Und ich schwöre Dir, diese Tage
sollen wieder kommen -- entweder unter unsern
Citronenbäumen, oder den Palmen Asiens, oder
den nordischen Tannen -- wo, das weis ich nicht,
und es ist mir eins! -- Aber ich will zu Dir, und
wenn der Weg zu deiner Zelle rauher wäre als
der Weg zum Ruhme, und in Gebüschen zur
Seite hagere Tiger für Hunger und Durst win-
selten! -- Nur mein Tod kann diese Unterneh-
mung verhindern -- aber ich kann nicht sterben,
izt fühl' ich meine ganze Stärke, in meinen Ge-
beinen ist Mark für Jahrhunderte.
Blanka. Jch bitte Sie, lassen Sie mich!
Julius. Es soll eine Zeit kommen, in der
Dir von Deinen izigen Leiden nichts mehr übrig
seyn soll, als ein wehmüthiges Andenken --
nichts mehr als hinreicht, um ein Abendgespräch
über vergangene Zeiten interessant zu machen.
Auf diesen meinen Armen will ich Dich aus diesem


Kaͤlte. Allein ein ſchwaches Bild iſt doch noch
immer ein Bild — O Blanka denk’ an unſre
Zuſammenkuͤnfte im Citronenwalde, — an die
Thraͤnen bey der Ankunft, — an die Thraͤnen
beym Abſchiede!
Blanka, (in tiefen Gedanken) Wunderbar!
Auch Jhnen hat das getraͤumt? — mir traͤumte
daſſelbe.
Julius. Und ich ſchwoͤre Dir, dieſe Tage
ſollen wieder kommen — entweder unter unſern
Citronenbaͤumen, oder den Palmen Aſiens, oder
den nordiſchen Tannen — wo, das weis ich nicht,
und es iſt mir eins! — Aber ich will zu Dir, und
wenn der Weg zu deiner Zelle rauher waͤre als
der Weg zum Ruhme, und in Gebuͤſchen zur
Seite hagere Tiger fuͤr Hunger und Durſt win-
ſelten! — Nur mein Tod kann dieſe Unterneh-
mung verhindern — aber ich kann nicht ſterben,
izt fuͤhl’ ich meine ganze Staͤrke, in meinen Ge-
beinen iſt Mark fuͤr Jahrhunderte.
Blanka. Jch bitte Sie, laſſen Sie mich!
Julius. Es ſoll eine Zeit kommen, in der
Dir von Deinen izigen Leiden nichts mehr uͤbrig
ſeyn ſoll, als ein wehmuͤthiges Andenken —
nichts mehr als hinreicht, um ein Abendgeſpraͤch
uͤber vergangene Zeiten intereſſant zu machen.
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[37/0041] Kaͤlte. Allein ein ſchwaches Bild iſt doch noch immer ein Bild — O Blanka denk’ an unſre Zuſammenkuͤnfte im Citronenwalde, — an die Thraͤnen bey der Ankunft, — an die Thraͤnen beym Abſchiede! Blanka, (in tiefen Gedanken) Wunderbar! Auch Jhnen hat das getraͤumt? — mir traͤumte daſſelbe. Julius. Und ich ſchwoͤre Dir, dieſe Tage ſollen wieder kommen — entweder unter unſern Citronenbaͤumen, oder den Palmen Aſiens, oder den nordiſchen Tannen — wo, das weis ich nicht, und es iſt mir eins! — Aber ich will zu Dir, und wenn der Weg zu deiner Zelle rauher waͤre als der Weg zum Ruhme, und in Gebuͤſchen zur Seite hagere Tiger fuͤr Hunger und Durſt win- ſelten! — Nur mein Tod kann dieſe Unterneh- mung verhindern — aber ich kann nicht ſterben, izt fuͤhl’ ich meine ganze Staͤrke, in meinen Ge- beinen iſt Mark fuͤr Jahrhunderte. Blanka. Jch bitte Sie, laſſen Sie mich! Julius. Es ſoll eine Zeit kommen, in der Dir von Deinen izigen Leiden nichts mehr uͤbrig ſeyn ſoll, als ein wehmuͤthiges Andenken — nichts mehr als hinreicht, um ein Abendgeſpraͤch uͤber vergangene Zeiten intereſſant zu machen. Auf dieſen meinen Armen will ich Dich aus dieſem

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Zitationshilfe: Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776/41>, abgerufen am 21.11.2024.