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Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776.

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Erzbischoff. Siehe, da kommt Caecilia --
ich werd euch allein lassen. Sie wird schon ohne
mich roth werden. (geht ab)
Siebender Auftritt.
Fürst. Caecilia.
Fürst. Guten Morgen, Caecilia -- sez Dich
zu mir.
Caecilia. Erlauben Sie, lieber Vater und
Oheim, daß ich Jhnen erst zu Jhrem Fest Glück
wünsche. (küsst ihm die Hand.)
Fürst. Jch danke Dir, liebe Tochter --
Seze Dich -- Aber bedenkst Du es, daß Du
mir zu einem neuen Grade meiner Schwachheit
Glück wünschest? Jch fühl' es, Caecilia, ich fühl'
es, daß ich alt werde. Der rosenfarbne Glanz, in
dem Du noch alle Dinge siehst, ist für mich ver-
bleicht.

Jch lebe nicht mehr, ich athme nur, und das
blosse Daseyn, ohne die Reize des Lebens, ist das
einzige Band zwischen mir und der Welt.
Caecilia. Sie halten sich auch für schwächer,
als Sie sind.
Fürst. Jch fühle mich -- Unmittelbar em-
pfind' ich nichts mehr. Nur Ein Kanal ist noch
übrig, durch den sich Süsses und Bitters in mein


Erzbiſchoff. Siehe, da kommt Caecilia —
ich werd euch allein laſſen. Sie wird ſchon ohne
mich roth werden. (geht ab)
Siebender Auftritt.
Fuͤrſt. Caecilia.
Fuͤrſt. Guten Morgen, Caecilia — ſez Dich
zu mir.
Caecilia. Erlauben Sie, lieber Vater und
Oheim, daß ich Jhnen erſt zu Jhrem Feſt Gluͤck
wuͤnſche. (kuͤſſt ihm die Hand.)
Fuͤrſt. Jch danke Dir, liebe Tochter —
Seze Dich — Aber bedenkſt Du es, daß Du
mir zu einem neuen Grade meiner Schwachheit
Gluͤck wuͤnſcheſt? Jch fuͤhl’ es, Caecilia, ich fuͤhl’
es, daß ich alt werde. Der roſenfarbne Glanz, in
dem Du noch alle Dinge ſiehſt, iſt fuͤr mich ver-
bleicht.

Jch lebe nicht mehr, ich athme nur, und das
bloſſe Daſeyn, ohne die Reize des Lebens, iſt das
einzige Band zwiſchen mir und der Welt.
Caecilia. Sie halten ſich auch fuͤr ſchwaͤcher,
als Sie ſind.
Fuͤrſt. Jch fuͤhle mich — Unmittelbar em-
pfind’ ich nichts mehr. Nur Ein Kanal iſt noch
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[27/0031] Erzbiſchoff. Siehe, da kommt Caecilia — ich werd euch allein laſſen. Sie wird ſchon ohne mich roth werden. (geht ab) Siebender Auftritt. Fuͤrſt. Caecilia. Fuͤrſt. Guten Morgen, Caecilia — ſez Dich zu mir. Caecilia. Erlauben Sie, lieber Vater und Oheim, daß ich Jhnen erſt zu Jhrem Feſt Gluͤck wuͤnſche. (kuͤſſt ihm die Hand.) Fuͤrſt. Jch danke Dir, liebe Tochter — Seze Dich — Aber bedenkſt Du es, daß Du mir zu einem neuen Grade meiner Schwachheit Gluͤck wuͤnſcheſt? Jch fuͤhl’ es, Caecilia, ich fuͤhl’ es, daß ich alt werde. Der roſenfarbne Glanz, in dem Du noch alle Dinge ſiehſt, iſt fuͤr mich ver- bleicht. Jch lebe nicht mehr, ich athme nur, und das bloſſe Daſeyn, ohne die Reize des Lebens, iſt das einzige Band zwiſchen mir und der Welt. Caecilia. Sie halten ſich auch fuͤr ſchwaͤcher, als Sie ſind. Fuͤrſt. Jch fuͤhle mich — Unmittelbar em- pfind’ ich nichts mehr. Nur Ein Kanal iſt noch uͤbrig, durch den ſich Suͤſſes und Bitters in mein

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Zitationshilfe: Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776/31>, abgerufen am 19.04.2024.