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Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776.

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Liebe ist keine wahre Liebe, blos ein Kind seines
Ehrgeizes, und sie hat keinen Zug, der nicht ihren
Vater verriethe.
Fürst. Richtig -- aber das macht die Sache
nicht besser. Jch weis, er verachtet die Weiber,
und seine Liebe an sich mag ein sehr unbedeuten-
des Ding seyn, und wenn blos sie auf Julius Liebe
träfe, dann Bruder könnten wir sicher schlafen; das
hiesse ein Kind gegen einen Riesen gestellt, und
die werden nicht kämpfen.

Aber darin liegt das Schlimme, daß Guidos
Ehrgeiz mit Julius Liebe zusammenstösst, Riese
gegen Riese, von denen keiner ein Quentin Kraft
mehr oder weniger hat, als der andere; und das
giebt hartnäckige, gefährliche Gefechte.
Erzbischoff. Was meynst Du denn, was
bey der Sache zu thun sey?
Fürst. Mein Plan ist dieser -- Guido
liebt Blankan blos aus ehrgeiziger Eifersucht,
weil sie Julius liebt.

Es käme also nur darauf an, diesen auf
einen andern Gegenstand zu lenken -- Guido
hörte alsdenn von selbst auf.
Erzbischoff. Und wer soll dieser andre Ge-
genstand seyn?
Fürst. Caecilia -- ich habe sie deswegen
eben zu mir rufen lassen, und wie mich deucht,


Liebe iſt keine wahre Liebe, blos ein Kind ſeines
Ehrgeizes, und ſie hat keinen Zug, der nicht ihren
Vater verriethe.
Fuͤrſt. Richtig — aber das macht die Sache
nicht beſſer. Jch weis, er verachtet die Weiber,
und ſeine Liebe an ſich mag ein ſehr unbedeuten-
des Ding ſeyn, und wenn blos ſie auf Julius Liebe
traͤfe, dann Bruder koͤnnten wir ſicher ſchlafen; das
hieſſe ein Kind gegen einen Rieſen geſtellt, und
die werden nicht kaͤmpfen.

Aber darin liegt das Schlimme, daß Guidos
Ehrgeiz mit Julius Liebe zuſammenſtoͤſſt, Rieſe
gegen Rieſe, von denen keiner ein Quentin Kraft
mehr oder weniger hat, als der andere; und das
giebt hartnaͤckige, gefaͤhrliche Gefechte.
Erzbiſchoff. Was meynſt Du denn, was
bey der Sache zu thun ſey?
Fuͤrſt. Mein Plan iſt dieſer — Guido
liebt Blankan blos aus ehrgeiziger Eiferſucht,
weil ſie Julius liebt.

Es kaͤme alſo nur darauf an, dieſen auf
einen andern Gegenſtand zu lenken — Guido
hoͤrte alsdenn von ſelbſt auf.
Erzbiſchoff. Und wer ſoll dieſer andre Ge-
genſtand ſeyn?
Fuͤrſt. Caecilia — ich habe ſie deswegen
eben zu mir rufen laſſen, und wie mich deucht,
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[25/0029] Liebe iſt keine wahre Liebe, blos ein Kind ſeines Ehrgeizes, und ſie hat keinen Zug, der nicht ihren Vater verriethe. Fuͤrſt. Richtig — aber das macht die Sache nicht beſſer. Jch weis, er verachtet die Weiber, und ſeine Liebe an ſich mag ein ſehr unbedeuten- des Ding ſeyn, und wenn blos ſie auf Julius Liebe traͤfe, dann Bruder koͤnnten wir ſicher ſchlafen; das hieſſe ein Kind gegen einen Rieſen geſtellt, und die werden nicht kaͤmpfen. Aber darin liegt das Schlimme, daß Guidos Ehrgeiz mit Julius Liebe zuſammenſtoͤſſt, Rieſe gegen Rieſe, von denen keiner ein Quentin Kraft mehr oder weniger hat, als der andere; und das giebt hartnaͤckige, gefaͤhrliche Gefechte. Erzbiſchoff. Was meynſt Du denn, was bey der Sache zu thun ſey? Fuͤrſt. Mein Plan iſt dieſer — Guido liebt Blankan blos aus ehrgeiziger Eiferſucht, weil ſie Julius liebt. Es kaͤme alſo nur darauf an, dieſen auf einen andern Gegenſtand zu lenken — Guido hoͤrte alsdenn von ſelbſt auf. Erzbiſchoff. Und wer ſoll dieſer andre Ge- genſtand ſeyn? Fuͤrſt. Caecilia — ich habe ſie deswegen eben zu mir rufen laſſen, und wie mich deucht,

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Zitationshilfe: Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776/29>, abgerufen am 25.04.2024.