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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Die australischen Gewässer.
in dieser Täuschung befangen, wenn er auch jene Landschaften genau
kennt."

Die ganze Küste von Neuseeland weist eine Menge natür-
licher guter Häfen auf und hat einen wahren Ueberfluss von Ge-
wässern, die überall einmünden. Auch das Klima des Landes ist
ein angenehmes, gemässigtes und im Ganzen ein gleichmässiges,
welches wenig grelle Abstände zeigt. Es weist zum Theil eine ge-
wisse Aehnlichkeit mit den einschlägigen Verhältnissen von Italien
auf, wenn auch da und dort Schneefälle nicht gerade zu den Selten-
heiten gehören. Die Gesundheitszustände sind daher sehr befriedigende
und hat namentlich der Einwanderer seinen Aufenthalt mit keinerlei
hygienischen Opfern der Acclimatisation zu erkaufen.

Neuseeland wurde in demselben Jahre wie Tasmanien entdeckt. Der schon
früher genannte holländische Seefahrer Tasman bekam es 1642 auf jener Reise
zu Gesicht, auf welcher er Vandiemensland berührt hatte. Es scheint jedoch,
dass er damals das Land, das er Staatenland benannte, selbst nicht betrat. Jeden-
falls entschwand die Kunde von demselben fast ganz dem Gedächtnisse. Von hollän-
dischen Geographen des XVII. Jahrhunderts stammt der Name "Nova Zelandia".

Cook, der berühmte Erforscher der Südsee, kam im October 1769 auf seiner
Rückfahrt von Tahiti nach Neuseeland, welches er dann auf seinen späteren Reisen
wiederholt besuchte. Er fand dort einen ziemlich kräftigen Schlag von Einge-
bornen, die sogenannten Maori, welche in zahlreiche Stämme getheilt waren,
vielfach in Krieg unter einander lebten, sich gegenseitig schweren Schaden zu-
fügten und -- Menschenfresser waren!

Aber auch Cook's Reisen vermochten Neuseeland nicht aus seiner weltfernen
Abgeschlossenheit zu reissen. 1814, 1822 und 1838 unternahmen mehrere Missio-
näre einen Versuch zur Colonisirung in der Hoffnung, die Eingebornen für das
Christenthum zu gewinnen, aber ohne Erfolg. Die Maori verhielten sich sehr
ablehnend und feindlich. Erst als 1839 in ähnlicher Weise, wie es in Bezug auf
Südaustralien der Fall war, sich eine Gesellschaft energischer Männer in England
unter Leitung des Lord Durham (die "New Zealand Company") zusammenthat,
bekam die Idee der Colonisirung eine festere Gestaltung. Auch hier wollte die
königliche Regierung von dem Plane anfänglich nichts wissen, und erst 1840
konnte man ernstlich an die Realisirung des Planes schreiten. Man fing die
Sache zunächst damit an, dass man wegen Landkaufes mit den Eingebornen in
Verhandlung trat. Die Eingebornen zeigten wohl viel Misstrauen, weil sie
fürchteten, schliesslich doch benachtheiligt zu werden, aber endlich kam es zu
einer Art von Uebereinkommen (Vertrag von Waitangi) mit den verschiedenen
Häuptlingen, die hier die Oberhoheit der britischen Krone anerkannten während
diese den Eingebornen ihren Besitz garantirte und die Modalitäten des Land-
verkaufes an die neuen Ansiedler regelte.

Hierauf wurde noch im Jahre 1840 die Colonie förmlich constituirt.
Leider ging die Durchführung der Ansiedlungen nicht so ruhig und friedlich
vor sich, als man gehofft hatte. Die Maori überfielen wiederholt die ihnen ver-
hassten Einwanderer, es kam mehrmals zu blutigem Gemetzel, und die Engländer

Die australischen Gewässer.
in dieser Täuschung befangen, wenn er auch jene Landschaften genau
kennt.“

Die ganze Küste von Neuseeland weist eine Menge natür-
licher guter Häfen auf und hat einen wahren Ueberfluss von Ge-
wässern, die überall einmünden. Auch das Klima des Landes ist
ein angenehmes, gemässigtes und im Ganzen ein gleichmässiges,
welches wenig grelle Abstände zeigt. Es weist zum Theil eine ge-
wisse Aehnlichkeit mit den einschlägigen Verhältnissen von Italien
auf, wenn auch da und dort Schneefälle nicht gerade zu den Selten-
heiten gehören. Die Gesundheitszustände sind daher sehr befriedigende
und hat namentlich der Einwanderer seinen Aufenthalt mit keinerlei
hygienischen Opfern der Acclimatisation zu erkaufen.

Neuseeland wurde in demselben Jahre wie Tasmanien entdeckt. Der schon
früher genannte holländische Seefahrer Tasman bekam es 1642 auf jener Reise
zu Gesicht, auf welcher er Vandiemensland berührt hatte. Es scheint jedoch,
dass er damals das Land, das er Staatenland benannte, selbst nicht betrat. Jeden-
falls entschwand die Kunde von demselben fast ganz dem Gedächtnisse. Von hollän-
dischen Geographen des XVII. Jahrhunderts stammt der Name „Nova Zelandia“.

Cook, der berühmte Erforscher der Südsee, kam im October 1769 auf seiner
Rückfahrt von Tahiti nach Neuseeland, welches er dann auf seinen späteren Reisen
wiederholt besuchte. Er fand dort einen ziemlich kräftigen Schlag von Einge-
bornen, die sogenannten Maori, welche in zahlreiche Stämme getheilt waren,
vielfach in Krieg unter einander lebten, sich gegenseitig schweren Schaden zu-
fügten und — Menschenfresser waren!

Aber auch Cook’s Reisen vermochten Neuseeland nicht aus seiner weltfernen
Abgeschlossenheit zu reissen. 1814, 1822 und 1838 unternahmen mehrere Missio-
näre einen Versuch zur Colonisirung in der Hoffnung, die Eingebornen für das
Christenthum zu gewinnen, aber ohne Erfolg. Die Maori verhielten sich sehr
ablehnend und feindlich. Erst als 1839 in ähnlicher Weise, wie es in Bezug auf
Südaustralien der Fall war, sich eine Gesellschaft energischer Männer in England
unter Leitung des Lord Durham (die „New Zealand Company“) zusammenthat,
bekam die Idee der Colonisirung eine festere Gestaltung. Auch hier wollte die
königliche Regierung von dem Plane anfänglich nichts wissen, und erst 1840
konnte man ernstlich an die Realisirung des Planes schreiten. Man fing die
Sache zunächst damit an, dass man wegen Landkaufes mit den Eingebornen in
Verhandlung trat. Die Eingebornen zeigten wohl viel Misstrauen, weil sie
fürchteten, schliesslich doch benachtheiligt zu werden, aber endlich kam es zu
einer Art von Uebereinkommen (Vertrag von Waitangi) mit den verschiedenen
Häuptlingen, die hier die Oberhoheit der britischen Krone anerkannten während
diese den Eingebornen ihren Besitz garantirte und die Modalitäten des Land-
verkaufes an die neuen Ansiedler regelte.

Hierauf wurde noch im Jahre 1840 die Colonie förmlich constituirt.
Leider ging die Durchführung der Ansiedlungen nicht so ruhig und friedlich
vor sich, als man gehofft hatte. Die Maori überfielen wiederholt die ihnen ver-
hassten Einwanderer, es kam mehrmals zu blutigem Gemetzel, und die Engländer

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[818/0834] Die australischen Gewässer. in dieser Täuschung befangen, wenn er auch jene Landschaften genau kennt.“ Die ganze Küste von Neuseeland weist eine Menge natür- licher guter Häfen auf und hat einen wahren Ueberfluss von Ge- wässern, die überall einmünden. Auch das Klima des Landes ist ein angenehmes, gemässigtes und im Ganzen ein gleichmässiges, welches wenig grelle Abstände zeigt. Es weist zum Theil eine ge- wisse Aehnlichkeit mit den einschlägigen Verhältnissen von Italien auf, wenn auch da und dort Schneefälle nicht gerade zu den Selten- heiten gehören. Die Gesundheitszustände sind daher sehr befriedigende und hat namentlich der Einwanderer seinen Aufenthalt mit keinerlei hygienischen Opfern der Acclimatisation zu erkaufen. Neuseeland wurde in demselben Jahre wie Tasmanien entdeckt. Der schon früher genannte holländische Seefahrer Tasman bekam es 1642 auf jener Reise zu Gesicht, auf welcher er Vandiemensland berührt hatte. Es scheint jedoch, dass er damals das Land, das er Staatenland benannte, selbst nicht betrat. Jeden- falls entschwand die Kunde von demselben fast ganz dem Gedächtnisse. Von hollän- dischen Geographen des XVII. Jahrhunderts stammt der Name „Nova Zelandia“. Cook, der berühmte Erforscher der Südsee, kam im October 1769 auf seiner Rückfahrt von Tahiti nach Neuseeland, welches er dann auf seinen späteren Reisen wiederholt besuchte. Er fand dort einen ziemlich kräftigen Schlag von Einge- bornen, die sogenannten Maori, welche in zahlreiche Stämme getheilt waren, vielfach in Krieg unter einander lebten, sich gegenseitig schweren Schaden zu- fügten und — Menschenfresser waren! Aber auch Cook’s Reisen vermochten Neuseeland nicht aus seiner weltfernen Abgeschlossenheit zu reissen. 1814, 1822 und 1838 unternahmen mehrere Missio- näre einen Versuch zur Colonisirung in der Hoffnung, die Eingebornen für das Christenthum zu gewinnen, aber ohne Erfolg. Die Maori verhielten sich sehr ablehnend und feindlich. Erst als 1839 in ähnlicher Weise, wie es in Bezug auf Südaustralien der Fall war, sich eine Gesellschaft energischer Männer in England unter Leitung des Lord Durham (die „New Zealand Company“) zusammenthat, bekam die Idee der Colonisirung eine festere Gestaltung. Auch hier wollte die königliche Regierung von dem Plane anfänglich nichts wissen, und erst 1840 konnte man ernstlich an die Realisirung des Planes schreiten. Man fing die Sache zunächst damit an, dass man wegen Landkaufes mit den Eingebornen in Verhandlung trat. Die Eingebornen zeigten wohl viel Misstrauen, weil sie fürchteten, schliesslich doch benachtheiligt zu werden, aber endlich kam es zu einer Art von Uebereinkommen (Vertrag von Waitangi) mit den verschiedenen Häuptlingen, die hier die Oberhoheit der britischen Krone anerkannten während diese den Eingebornen ihren Besitz garantirte und die Modalitäten des Land- verkaufes an die neuen Ansiedler regelte. Hierauf wurde noch im Jahre 1840 die Colonie förmlich constituirt. Leider ging die Durchführung der Ansiedlungen nicht so ruhig und friedlich vor sich, als man gehofft hatte. Die Maori überfielen wiederholt die ihnen ver- hassten Einwanderer, es kam mehrmals zu blutigem Gemetzel, und die Engländer

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 818. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/834>, abgerufen am 27.04.2024.