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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Die australischen Gewässer.

Forschungen im Innern des Landes wurden erst seit 1813 begonnen, haben
sich jedoch bis heutzutage noch lange nicht über den ganzen Continent erstreckt.
Besonders in dessen westlichem Theile gibt es noch grosse, nicht erforschte
Strecken.

Im Jänner 1788 wurde die Besiedlung von Botany-Bay durch Deportirte
begonnen. Unter Leitung des Capitäns Phillip trafen 757 Sträflinge auf elf
Schiffen unter Escorte hier ein. Von nun an begann die systematische Zusendung
von Sträflingen, denen man Landstücke zur Bebauung überwies. Selbstverständlich
war die Sache mit mancherlei Schwierigkeiten verbunden, und das System zeigte
sich für eine gesunde Entwicklung nicht allzu förderlich. Die günstigen Ver-
hältnisse des Landes zogen aber auch freie Einwanderer an. Da deren Zahl
immer mehr zunahm, entschloss man sich endlich 1840, von der Absendung von
Sträflingen fernerhin ganz Umgang zu nehmen. Von da an war der Zuwachs
an Bevölkerung dem freien Zuzuge überlassen.

Die an der Ostküste eingerichtete Colonie wurde Neusüdwales genannt.
Hier entstand an der nördlich von der Botany-Bay gelegenen Bucht Port Jackson
die seither ungemein emporgewachsene Stadt Sydney. Die allmälig erfolgende
Besitzergreifung weiterer Strecken längs der australischen Küsten hatte nur die
Erweiterung des Gebietes von Neusüdwales zur Folge. Allgemach ergab sich
jedoch die Nothwendigkeit einer Ausscheidung der neuen Gebiete aus dem Ver-
bande der alten Colonie, deren Umfang zu ausgedehnt und deren Verwaltung
dadurch zu verwickelt wurde. Nachdem schon Tasmania 1825 und Westaustralien
1829 selbständig geworden waren, erlangten Südaustralien 1834, Victoria 1851
und Queensland 1859 ihre coloniale Autonomie. Somit zerfällt der australische
Continent heute in fünf britische Colonieen, zu denen noch Tasmania und Neu-
seeland als weitere zwei gleichartige Gruppen hinzutreten. Diese sieben Colonieen
bilden zusammen die neue australische Conföderation.

Unter den Städten dieser Colonieen nehmen unstreitig den ersten
Rang Sydney, die Hauptstadt von Neusüdwales und der alte Vorort
von ganz Australien, dann das jugendliche Melbourne, die schöne
Capitale der Colonie Victoria, ein. Daran reihen sich Adelaide, der
südaustralische Centralpunkt, Brisbane als Hauptort von Queensland,
Hobart auf Tasmanien und endlich Auckland, der neuseeländische
Haupthafen. In allen diesen Punkten pulsirt ein reiches, vielgestaltiges
Leben, in allen diesen Punkten steht man einer Entwicklung gegenüber,
deren Verlauf sich noch gar nicht absehen lässt. Australien ist ein noch
junges Land, es hat noch viel ausnutzbaren Raum, viel Feld der Arbeit und
des Gewinnes. Seine wirthschaftliche Geschichte beginnt eigentlich
erst in unserem Jahrhunderte, kam durch die Goldentdeckung (1851)
plötzlich zur allgemeinen Geltung, und doch nimmt Australien heute
schon einen sehr hervorragenden Platz ein.

Die australischen Colonieen verfügen bereits über ein sehr ausge-
dehntes Schienennetz, und es mag darum von Interesse sein, an dieser
Stelle einen Ueberblick über dasselbe in seiner Gesammtheit zu geben,

Die australischen Gewässer.

Forschungen im Innern des Landes wurden erst seit 1813 begonnen, haben
sich jedoch bis heutzutage noch lange nicht über den ganzen Continent erstreckt.
Besonders in dessen westlichem Theile gibt es noch grosse, nicht erforschte
Strecken.

Im Jänner 1788 wurde die Besiedlung von Botany-Bay durch Deportirte
begonnen. Unter Leitung des Capitäns Phillip trafen 757 Sträflinge auf elf
Schiffen unter Escorte hier ein. Von nun an begann die systematische Zusendung
von Sträflingen, denen man Landstücke zur Bebauung überwies. Selbstverständlich
war die Sache mit mancherlei Schwierigkeiten verbunden, und das System zeigte
sich für eine gesunde Entwicklung nicht allzu förderlich. Die günstigen Ver-
hältnisse des Landes zogen aber auch freie Einwanderer an. Da deren Zahl
immer mehr zunahm, entschloss man sich endlich 1840, von der Absendung von
Sträflingen fernerhin ganz Umgang zu nehmen. Von da an war der Zuwachs
an Bevölkerung dem freien Zuzuge überlassen.

Die an der Ostküste eingerichtete Colonie wurde Neusüdwales genannt.
Hier entstand an der nördlich von der Botany-Bay gelegenen Bucht Port Jackson
die seither ungemein emporgewachsene Stadt Sydney. Die allmälig erfolgende
Besitzergreifung weiterer Strecken längs der australischen Küsten hatte nur die
Erweiterung des Gebietes von Neusüdwales zur Folge. Allgemach ergab sich
jedoch die Nothwendigkeit einer Ausscheidung der neuen Gebiete aus dem Ver-
bande der alten Colonie, deren Umfang zu ausgedehnt und deren Verwaltung
dadurch zu verwickelt wurde. Nachdem schon Tasmania 1825 und Westaustralien
1829 selbständig geworden waren, erlangten Südaustralien 1834, Victoria 1851
und Queensland 1859 ihre coloniale Autonomie. Somit zerfällt der australische
Continent heute in fünf britische Colonieen, zu denen noch Tasmania und Neu-
seeland als weitere zwei gleichartige Gruppen hinzutreten. Diese sieben Colonieen
bilden zusammen die neue australische Conföderation.

Unter den Städten dieser Colonieen nehmen unstreitig den ersten
Rang Sydney, die Hauptstadt von Neusüdwales und der alte Vorort
von ganz Australien, dann das jugendliche Melbourne, die schöne
Capitale der Colonie Victoria, ein. Daran reihen sich Adelaide, der
südaustralische Centralpunkt, Brisbane als Hauptort von Queensland,
Hobart auf Tasmanien und endlich Auckland, der neuseeländische
Haupthafen. In allen diesen Punkten pulsirt ein reiches, vielgestaltiges
Leben, in allen diesen Punkten steht man einer Entwicklung gegenüber,
deren Verlauf sich noch gar nicht absehen lässt. Australien ist ein noch
junges Land, es hat noch viel ausnutzbaren Raum, viel Feld der Arbeit und
des Gewinnes. Seine wirthschaftliche Geschichte beginnt eigentlich
erst in unserem Jahrhunderte, kam durch die Goldentdeckung (1851)
plötzlich zur allgemeinen Geltung, und doch nimmt Australien heute
schon einen sehr hervorragenden Platz ein.

Die australischen Colonieen verfügen bereits über ein sehr ausge-
dehntes Schienennetz, und es mag darum von Interesse sein, an dieser
Stelle einen Ueberblick über dasselbe in seiner Gesammtheit zu geben,

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[751/0767] Die australischen Gewässer. Forschungen im Innern des Landes wurden erst seit 1813 begonnen, haben sich jedoch bis heutzutage noch lange nicht über den ganzen Continent erstreckt. Besonders in dessen westlichem Theile gibt es noch grosse, nicht erforschte Strecken. Im Jänner 1788 wurde die Besiedlung von Botany-Bay durch Deportirte begonnen. Unter Leitung des Capitäns Phillip trafen 757 Sträflinge auf elf Schiffen unter Escorte hier ein. Von nun an begann die systematische Zusendung von Sträflingen, denen man Landstücke zur Bebauung überwies. Selbstverständlich war die Sache mit mancherlei Schwierigkeiten verbunden, und das System zeigte sich für eine gesunde Entwicklung nicht allzu förderlich. Die günstigen Ver- hältnisse des Landes zogen aber auch freie Einwanderer an. Da deren Zahl immer mehr zunahm, entschloss man sich endlich 1840, von der Absendung von Sträflingen fernerhin ganz Umgang zu nehmen. Von da an war der Zuwachs an Bevölkerung dem freien Zuzuge überlassen. Die an der Ostküste eingerichtete Colonie wurde Neusüdwales genannt. Hier entstand an der nördlich von der Botany-Bay gelegenen Bucht Port Jackson die seither ungemein emporgewachsene Stadt Sydney. Die allmälig erfolgende Besitzergreifung weiterer Strecken längs der australischen Küsten hatte nur die Erweiterung des Gebietes von Neusüdwales zur Folge. Allgemach ergab sich jedoch die Nothwendigkeit einer Ausscheidung der neuen Gebiete aus dem Ver- bande der alten Colonie, deren Umfang zu ausgedehnt und deren Verwaltung dadurch zu verwickelt wurde. Nachdem schon Tasmania 1825 und Westaustralien 1829 selbständig geworden waren, erlangten Südaustralien 1834, Victoria 1851 und Queensland 1859 ihre coloniale Autonomie. Somit zerfällt der australische Continent heute in fünf britische Colonieen, zu denen noch Tasmania und Neu- seeland als weitere zwei gleichartige Gruppen hinzutreten. Diese sieben Colonieen bilden zusammen die neue australische Conföderation. Unter den Städten dieser Colonieen nehmen unstreitig den ersten Rang Sydney, die Hauptstadt von Neusüdwales und der alte Vorort von ganz Australien, dann das jugendliche Melbourne, die schöne Capitale der Colonie Victoria, ein. Daran reihen sich Adelaide, der südaustralische Centralpunkt, Brisbane als Hauptort von Queensland, Hobart auf Tasmanien und endlich Auckland, der neuseeländische Haupthafen. In allen diesen Punkten pulsirt ein reiches, vielgestaltiges Leben, in allen diesen Punkten steht man einer Entwicklung gegenüber, deren Verlauf sich noch gar nicht absehen lässt. Australien ist ein noch junges Land, es hat noch viel ausnutzbaren Raum, viel Feld der Arbeit und des Gewinnes. Seine wirthschaftliche Geschichte beginnt eigentlich erst in unserem Jahrhunderte, kam durch die Goldentdeckung (1851) plötzlich zur allgemeinen Geltung, und doch nimmt Australien heute schon einen sehr hervorragenden Platz ein. Die australischen Colonieen verfügen bereits über ein sehr ausge- dehntes Schienennetz, und es mag darum von Interesse sein, an dieser Stelle einen Ueberblick über dasselbe in seiner Gesammtheit zu geben,

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 751. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/767>, abgerufen am 09.05.2024.