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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Die atlantische Küste von Afrika.

Eine aus Stein erbaute, zum südlichen Thore der Stadt führende
Rampe dient bei Fluth als Anlegeplatz für Boote; bei Ebbe ein weiter
östlich gelegener, jedoch nur für leichtere Boote genügend tiefer
Canal, von dem ein schmaler Fusssteig über Klippen zu den Stadt-
mauern führt.

Was das Klima von Mogador anbelangt, so kann dasselbe als
ein günstiges bezeichnet werden, namentlich ist es sehr gleichmässig.
Auch verfügt man über reichliches Wasser von einer Wasserleitung aus
dem benachbarten Flusse Wad al Ghored. In der Stadt befinden sich
drei grosse Wasserreservoirs, und zwar eines in der Kasbah und zwei
in der Medina. Im Ghetto gibt es eine solche Vorkehrung nicht.
Für den Bedarf der Schiffe ist durch einen Wasser-Auslauf in der
Nähe des Landungsplatzes gesorgt. Eine Seemeile südlich von Mo-
gador befinden sich an der Wasserleitung ziemlich grosse Gärten.

Die Bevölkerung von Mogador wird auf 18.000 bis 20.000 Seelen
veranschlagt. Sie besteht, wie wir bereits andeuteten, wesentlich aus
Mauren, Arabern und Juden. Europäer sind hier in nicht grosser
Anzahl (kaum 200) vorhanden. Die Unsicherheit der Verhältnisse in
Marokko trägt hiezu nicht wenig bei und gestattet überhaupt nur mit
einiger Verlässlichkeit den Aufenthalt an der Küste, wo man sich
jederzeit wenigstens des consularischen Schutzes erfreuen kann.
Mogador könnte übrigens, wenn die Verbindungen nach dem Innern
und insbesondere die Verhältnisse daselbst günstigere wären, eine ganz
ansehnliche commercielle Bedeutung erlangen, denn seine Lage macht es
zu dem natürlichen Hafenplatz eines grösseren Hinterlandes. Heute aber
spielt Mogador eine nur sehr bescheidene Rolle, und wenn auch dort
öfters Markt gehalten wird, so sind doch die Schwierigkeiten, unter
denen die binnenländischen Producte dahin gebracht werden, sehr
grosse. Mogador ist übrigens wichtig für den sudanesischen Strauss-
federnhandel. Die Industrie beschränkt sich auf Maroquingärberei
und Erzeugung von Waaren aus getriebenem Messing und Kupfer.
Der Verkehr wird immer noch, wie in vergangenen Zeiten, durch
Karawanen auf schlechten Pfaden vermittelt. Als Beispiel, wie langsam
überhaupt der ganze Landverkehr sich vollzieht, mag dienen, dass
die Post von Mogador nach Tanger sich volle vierzehn Tage unter-
wegs befindet.

Mogador steht in Bezug auf den Umfang seines Handelsverkehres unter
den marokkanischen Häfen erst an dritter Stelle. Es wird nicht allein von dem
Haupthafen Tanger, sondern auch von Casablanca nicht unwesentlich über-
troffen.


Die atlantische Küste von Afrika.

Eine aus Stein erbaute, zum südlichen Thore der Stadt führende
Rampe dient bei Fluth als Anlegeplatz für Boote; bei Ebbe ein weiter
östlich gelegener, jedoch nur für leichtere Boote genügend tiefer
Canal, von dem ein schmaler Fusssteig über Klippen zu den Stadt-
mauern führt.

Was das Klima von Mogador anbelangt, so kann dasselbe als
ein günstiges bezeichnet werden, namentlich ist es sehr gleichmässig.
Auch verfügt man über reichliches Wasser von einer Wasserleitung aus
dem benachbarten Flusse Wad al Ghored. In der Stadt befinden sich
drei grosse Wasserreservoirs, und zwar eines in der Kasbah und zwei
in der Medina. Im Ghetto gibt es eine solche Vorkehrung nicht.
Für den Bedarf der Schiffe ist durch einen Wasser-Auslauf in der
Nähe des Landungsplatzes gesorgt. Eine Seemeile südlich von Mo-
gador befinden sich an der Wasserleitung ziemlich grosse Gärten.

Die Bevölkerung von Mogador wird auf 18.000 bis 20.000 Seelen
veranschlagt. Sie besteht, wie wir bereits andeuteten, wesentlich aus
Mauren, Arabern und Juden. Europäer sind hier in nicht grosser
Anzahl (kaum 200) vorhanden. Die Unsicherheit der Verhältnisse in
Marokko trägt hiezu nicht wenig bei und gestattet überhaupt nur mit
einiger Verlässlichkeit den Aufenthalt an der Küste, wo man sich
jederzeit wenigstens des consularischen Schutzes erfreuen kann.
Mogador könnte übrigens, wenn die Verbindungen nach dem Innern
und insbesondere die Verhältnisse daselbst günstigere wären, eine ganz
ansehnliche commercielle Bedeutung erlangen, denn seine Lage macht es
zu dem natürlichen Hafenplatz eines grösseren Hinterlandes. Heute aber
spielt Mogador eine nur sehr bescheidene Rolle, und wenn auch dort
öfters Markt gehalten wird, so sind doch die Schwierigkeiten, unter
denen die binnenländischen Producte dahin gebracht werden, sehr
grosse. Mogador ist übrigens wichtig für den sudanesischen Strauss-
federnhandel. Die Industrie beschränkt sich auf Maroquingärberei
und Erzeugung von Waaren aus getriebenem Messing und Kupfer.
Der Verkehr wird immer noch, wie in vergangenen Zeiten, durch
Karawanen auf schlechten Pfaden vermittelt. Als Beispiel, wie langsam
überhaupt der ganze Landverkehr sich vollzieht, mag dienen, dass
die Post von Mogador nach Tanger sich volle vierzehn Tage unter-
wegs befindet.

Mogador steht in Bezug auf den Umfang seines Handelsverkehres unter
den marokkanischen Häfen erst an dritter Stelle. Es wird nicht allein von dem
Haupthafen Tanger, sondern auch von Casablanca nicht unwesentlich über-
troffen.


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[734/0750] Die atlantische Küste von Afrika. Eine aus Stein erbaute, zum südlichen Thore der Stadt führende Rampe dient bei Fluth als Anlegeplatz für Boote; bei Ebbe ein weiter östlich gelegener, jedoch nur für leichtere Boote genügend tiefer Canal, von dem ein schmaler Fusssteig über Klippen zu den Stadt- mauern führt. Was das Klima von Mogador anbelangt, so kann dasselbe als ein günstiges bezeichnet werden, namentlich ist es sehr gleichmässig. Auch verfügt man über reichliches Wasser von einer Wasserleitung aus dem benachbarten Flusse Wad al Ghored. In der Stadt befinden sich drei grosse Wasserreservoirs, und zwar eines in der Kasbah und zwei in der Medina. Im Ghetto gibt es eine solche Vorkehrung nicht. Für den Bedarf der Schiffe ist durch einen Wasser-Auslauf in der Nähe des Landungsplatzes gesorgt. Eine Seemeile südlich von Mo- gador befinden sich an der Wasserleitung ziemlich grosse Gärten. Die Bevölkerung von Mogador wird auf 18.000 bis 20.000 Seelen veranschlagt. Sie besteht, wie wir bereits andeuteten, wesentlich aus Mauren, Arabern und Juden. Europäer sind hier in nicht grosser Anzahl (kaum 200) vorhanden. Die Unsicherheit der Verhältnisse in Marokko trägt hiezu nicht wenig bei und gestattet überhaupt nur mit einiger Verlässlichkeit den Aufenthalt an der Küste, wo man sich jederzeit wenigstens des consularischen Schutzes erfreuen kann. Mogador könnte übrigens, wenn die Verbindungen nach dem Innern und insbesondere die Verhältnisse daselbst günstigere wären, eine ganz ansehnliche commercielle Bedeutung erlangen, denn seine Lage macht es zu dem natürlichen Hafenplatz eines grösseren Hinterlandes. Heute aber spielt Mogador eine nur sehr bescheidene Rolle, und wenn auch dort öfters Markt gehalten wird, so sind doch die Schwierigkeiten, unter denen die binnenländischen Producte dahin gebracht werden, sehr grosse. Mogador ist übrigens wichtig für den sudanesischen Strauss- federnhandel. Die Industrie beschränkt sich auf Maroquingärberei und Erzeugung von Waaren aus getriebenem Messing und Kupfer. Der Verkehr wird immer noch, wie in vergangenen Zeiten, durch Karawanen auf schlechten Pfaden vermittelt. Als Beispiel, wie langsam überhaupt der ganze Landverkehr sich vollzieht, mag dienen, dass die Post von Mogador nach Tanger sich volle vierzehn Tage unter- wegs befindet. Mogador steht in Bezug auf den Umfang seines Handelsverkehres unter den marokkanischen Häfen erst an dritter Stelle. Es wird nicht allein von dem Haupthafen Tanger, sondern auch von Casablanca nicht unwesentlich über- troffen.

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 734. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/750>, abgerufen am 25.11.2024.