York ist das Ziel ihrer Fahrt. Ebenso streben ganze Flotten von beladenen Schiffen der Atlantis zu.
Die Thatsache, dass in New-York jährlich beiläufig 30.000 Schiffe, worunter über 5000 Dampfer, ein- und auslaufen, beleuchtet am besten die Lebhaftigkeit des Verkehres.
Die Zufahrt in die Bai von New-York ist infolge zahlreicher Untiefen, wie auch wegen der Ablagerungen des Hudson, die dort Sandbarren bildeten, von vielerlei Fährlichkeiten begleitet. Durch das Barrenlabyrinth winden sich nur zwei für die grössten Schiffe passir- bare Canäle.
Das bei Sandy-Hook vier Seemeilen weit in See verankerte Leuchtschiff mit rothem Doppelfeuer markirt die Nähe der Einfahrt. Von hier aus ist New-York noch 18 Seemeilen entfernt.
Da nun sowohl Dampf- als Segelschiffe an die Aufnahme von Lootsen gebunden sind, so findet man die Fahrzeuge der letzteren nicht nur bei Sandy-Hook, sondern oft schon im Umkreise von 100, ja sogar von 300 Meilen weit auf hoher See. Nach Passirung der Barre steuern die Schiffe nun gegen die Engen (narrows) zwischen Staten und Long-Island, welche den Schlüssel für die Einfahrt in die obere Bucht von New-York bilden. Die hier auf eine Seemeile an- einanderrückenden Hügel der genannten Inseln tragen deshalb auch bedeutende Fortificationen.
Zahlreiche Villeggiaturen in der Umgebung einer reichen Vege- tation geben den Narrows viel landschaftlichen Reiz, aber beim Vordringen in die obere Bai von New-York tritt an die Stelle der lieblichen Ufer das überraschende Bild des enormen Lebensapparates von New-York, das in seiner Grossartigkeit wohl einzig dasteht.
Der Schiffsverkehr scheint sich hier zu verdoppeln, rastlos eilen Dampfer, Segler und Boote einher, und am Horizonte streben tausende von qualmenden Schloten empor. Aus Dunst und Rauch entwickeln sich allmälig die Umrisse kolossaler Baulichkeiten, bis die endlos er- scheinende Stadt, über der an allen Punkten weisse Dampfwolken aufsteigen, sichtbar wird. In seiner Grossartigkeit ist das Bild fast unheimlich, an einzelnen Stellen wieder bis zur Rauheit un- freundlich.
Das Wahrzeichen von New-York ist die ostwärts gewendete Kolossal-Statue der Freiheit. Der Zufall fügte es, dass die Göttin des Lichtes den Fuss auf die Fundamente eines düsteren Forts gesetzt, welches den flachen Rücken des nahe der Stadt liegenden Bedloes- Eilandes gekrönt hatte. Die 46 m hohe, erst im Jahre 1886 vollendete
Die atlantische Küste von Amerika.
York ist das Ziel ihrer Fahrt. Ebenso streben ganze Flotten von beladenen Schiffen der Atlantis zu.
Die Thatsache, dass in New-York jährlich beiläufig 30.000 Schiffe, worunter über 5000 Dampfer, ein- und auslaufen, beleuchtet am besten die Lebhaftigkeit des Verkehres.
Die Zufahrt in die Bai von New-York ist infolge zahlreicher Untiefen, wie auch wegen der Ablagerungen des Hudson, die dort Sandbarren bildeten, von vielerlei Fährlichkeiten begleitet. Durch das Barrenlabyrinth winden sich nur zwei für die grössten Schiffe passir- bare Canäle.
Das bei Sandy-Hook vier Seemeilen weit in See verankerte Leuchtschiff mit rothem Doppelfeuer markirt die Nähe der Einfahrt. Von hier aus ist New-York noch 18 Seemeilen entfernt.
Da nun sowohl Dampf- als Segelschiffe an die Aufnahme von Lootsen gebunden sind, so findet man die Fahrzeuge der letzteren nicht nur bei Sandy-Hook, sondern oft schon im Umkreise von 100, ja sogar von 300 Meilen weit auf hoher See. Nach Passirung der Barre steuern die Schiffe nun gegen die Engen (narrows) zwischen Staten und Long-Island, welche den Schlüssel für die Einfahrt in die obere Bucht von New-York bilden. Die hier auf eine Seemeile an- einanderrückenden Hügel der genannten Inseln tragen deshalb auch bedeutende Fortificationen.
Zahlreiche Villeggiaturen in der Umgebung einer reichen Vege- tation geben den Narrows viel landschaftlichen Reiz, aber beim Vordringen in die obere Bai von New-York tritt an die Stelle der lieblichen Ufer das überraschende Bild des enormen Lebensapparates von New-York, das in seiner Grossartigkeit wohl einzig dasteht.
Der Schiffsverkehr scheint sich hier zu verdoppeln, rastlos eilen Dampfer, Segler und Boote einher, und am Horizonte streben tausende von qualmenden Schloten empor. Aus Dunst und Rauch entwickeln sich allmälig die Umrisse kolossaler Baulichkeiten, bis die endlos er- scheinende Stadt, über der an allen Punkten weisse Dampfwolken aufsteigen, sichtbar wird. In seiner Grossartigkeit ist das Bild fast unheimlich, an einzelnen Stellen wieder bis zur Rauheit un- freundlich.
Das Wahrzeichen von New-York ist die ostwärts gewendete Kolossal-Statue der Freiheit. Der Zufall fügte es, dass die Göttin des Lichtes den Fuss auf die Fundamente eines düsteren Forts gesetzt, welches den flachen Rücken des nahe der Stadt liegenden Bedloes- Eilandes gekrönt hatte. Die 46 m hohe, erst im Jahre 1886 vollendete
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Die atlantische Küste von Amerika.
York ist das Ziel ihrer Fahrt. Ebenso streben ganze Flotten von
beladenen Schiffen der Atlantis zu.
Die Thatsache, dass in New-York jährlich beiläufig 30.000
Schiffe, worunter über 5000 Dampfer, ein- und auslaufen, beleuchtet
am besten die Lebhaftigkeit des Verkehres.
Die Zufahrt in die Bai von New-York ist infolge zahlreicher
Untiefen, wie auch wegen der Ablagerungen des Hudson, die dort
Sandbarren bildeten, von vielerlei Fährlichkeiten begleitet. Durch das
Barrenlabyrinth winden sich nur zwei für die grössten Schiffe passir-
bare Canäle.
Das bei Sandy-Hook vier Seemeilen weit in See verankerte
Leuchtschiff mit rothem Doppelfeuer markirt die Nähe der Einfahrt.
Von hier aus ist New-York noch 18 Seemeilen entfernt.
Da nun sowohl Dampf- als Segelschiffe an die Aufnahme von
Lootsen gebunden sind, so findet man die Fahrzeuge der letzteren
nicht nur bei Sandy-Hook, sondern oft schon im Umkreise von 100,
ja sogar von 300 Meilen weit auf hoher See. Nach Passirung der
Barre steuern die Schiffe nun gegen die Engen (narrows) zwischen
Staten und Long-Island, welche den Schlüssel für die Einfahrt in die
obere Bucht von New-York bilden. Die hier auf eine Seemeile an-
einanderrückenden Hügel der genannten Inseln tragen deshalb auch
bedeutende Fortificationen.
Zahlreiche Villeggiaturen in der Umgebung einer reichen Vege-
tation geben den Narrows viel landschaftlichen Reiz, aber beim
Vordringen in die obere Bai von New-York tritt an die Stelle der
lieblichen Ufer das überraschende Bild des enormen Lebensapparates
von New-York, das in seiner Grossartigkeit wohl einzig dasteht.
Der Schiffsverkehr scheint sich hier zu verdoppeln, rastlos eilen
Dampfer, Segler und Boote einher, und am Horizonte streben tausende
von qualmenden Schloten empor. Aus Dunst und Rauch entwickeln
sich allmälig die Umrisse kolossaler Baulichkeiten, bis die endlos er-
scheinende Stadt, über der an allen Punkten weisse Dampfwolken
aufsteigen, sichtbar wird. In seiner Grossartigkeit ist das Bild
fast unheimlich, an einzelnen Stellen wieder bis zur Rauheit un-
freundlich.
Das Wahrzeichen von New-York ist die ostwärts gewendete
Kolossal-Statue der Freiheit. Der Zufall fügte es, dass die Göttin des
Lichtes den Fuss auf die Fundamente eines düsteren Forts gesetzt,
welches den flachen Rücken des nahe der Stadt liegenden Bedloes-
Eilandes gekrönt hatte. Die 46 m hohe, erst im Jahre 1886 vollendete
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/64>, abgerufen am 24.11.2024.
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