Valparaiso hatte nach dem Census von 1885 bereits 104.952 Einwohner. Das Gros derselben ist spanischer Herkunft, bei den unteren Classen des Volkes finden sich noch Spuren der Ureinwohner des Landes, der indianischen Araukaner. Der Handel der Stadt liegt zumeist in den Händen englischer und deutscher Kaufleute. Die deutsche Colonie, welche in Valparaiso eine sehr geachtete und her- vorragende Stelle einnimmt, besitzt einen Turnverein mit eigenem Clubhaus. Oesterreich-Ungarn, von dessen Unterthanen in ganz Chile nur 674 ansässig sind, findet sich in Valparaiso nur spärlich vertreten.
Unter den Wohlthätigkeitsanstalten sind hervorzuheben: das städtische Hospital, ein eigenes Blatternspital, ein Armen- und ein Waisenhaus. An wissenschaftlichen Instituten bestehen in Valparaiso ein theologisches Seminar, eine Marine-Akademie mit 70 Schülern und einer maritimen Bibliothek, ein Lyceum mit 500 Schülern und ein Museum. Das letztere wurde im Jahre 1878 durch die Initiative des Rectors des Lyceums, Eduard de la Barra, gegründet und ist in fünf grossen Sälen des Lyceums installirt. Es zerfällt in drei Sectionen: Zoologie und Paläontologie, Mineralogie und Ethnologie. Mit dem Museum ist auch eine bakteriologische Untersuchungsanstalt verbunden.
In Valparaiso erscheinen vier grosse Tagesblätter mit einer Total- auflage von 20.000 Exemplaren. Eines dieser Blätter, "El Mercurio", hat bereits mehr als ein halbes Jahrhundert hinter sich. Ueberdies besteht seit mehreren Jahren eine Vereinigung der Seeofficiere, der Circulo Naval, der eine vortreffliche, fachwissenschaftliche Zeitschrift, die "Revista de la Marina", veröffentlicht.
Am nordöstlichen Ende der Bai von Valparaiso, mit der Eisen- bahn leicht zu erreichen, liegt der reizende Badeort Vinna del Mar, welcher zahlreiche Villen mit schönen Gärten und einige elegante Hotels be- sitzt. Im Jahre 1586 wurde das Eigenthumsrecht von Vinna del Mar, das nur aus einem Weinberg bestand, um 150 Pesos angekauft, der- zeit kostet der Quadratmeter 10 Pesos. Vinna del Mar ist als Badeort sehr beliebt, und daselbst werden auch jährlich Wettrennen abgehalten.
Das Anlaufen des Hafens von Valparaiso ist mit keinerlei Schwierigkeiten verbunden; auf Punta Angeles befindet sich ein weithin sichtbares Leuchtfeuer, eine rothe selbstthätige Signalboje kenn- zeichnet die auf 280 m von der genannten Spitze liegende Untiefe Buoy Rock. Bei heftigen Nordwinden ist es räthlich, in See zu bleiben, weil diese das Land mit Nebel verdecken und im Hafen einen heftigen Seegang erzeugen, der die Schiffe gefährdet. Das bevorstehende Ein- treten von Nordwetter, das sich durch das Sinken des Barometer-
Der grosse Ocean.
Valparaiso hatte nach dem Census von 1885 bereits 104.952 Einwohner. Das Gros derselben ist spanischer Herkunft, bei den unteren Classen des Volkes finden sich noch Spuren der Ureinwohner des Landes, der indianischen Araukaner. Der Handel der Stadt liegt zumeist in den Händen englischer und deutscher Kaufleute. Die deutsche Colonie, welche in Valparaiso eine sehr geachtete und her- vorragende Stelle einnimmt, besitzt einen Turnverein mit eigenem Clubhaus. Oesterreich-Ungarn, von dessen Unterthanen in ganz Chile nur 674 ansässig sind, findet sich in Valparaiso nur spärlich vertreten.
Unter den Wohlthätigkeitsanstalten sind hervorzuheben: das städtische Hospital, ein eigenes Blatternspital, ein Armen- und ein Waisenhaus. An wissenschaftlichen Instituten bestehen in Valparaiso ein theologisches Seminar, eine Marine-Akademie mit 70 Schülern und einer maritimen Bibliothek, ein Lyceum mit 500 Schülern und ein Museum. Das letztere wurde im Jahre 1878 durch die Initiative des Rectors des Lyceums, Eduard de la Barra, gegründet und ist in fünf grossen Sälen des Lyceums installirt. Es zerfällt in drei Sectionen: Zoologie und Paläontologie, Mineralogie und Ethnologie. Mit dem Museum ist auch eine bakteriologische Untersuchungsanstalt verbunden.
In Valparaiso erscheinen vier grosse Tagesblätter mit einer Total- auflage von 20.000 Exemplaren. Eines dieser Blätter, „El Mercurio“, hat bereits mehr als ein halbes Jahrhundert hinter sich. Ueberdies besteht seit mehreren Jahren eine Vereinigung der Seeofficiere, der Circulo Naval, der eine vortreffliche, fachwissenschaftliche Zeitschrift, die „Revista de la Marina“, veröffentlicht.
Am nordöstlichen Ende der Bai von Valparaiso, mit der Eisen- bahn leicht zu erreichen, liegt der reizende Badeort Viña del Mar, welcher zahlreiche Villen mit schönen Gärten und einige elegante Hôtels be- sitzt. Im Jahre 1586 wurde das Eigenthumsrecht von Viña del Mar, das nur aus einem Weinberg bestand, um 150 Pesos angekauft, der- zeit kostet der Quadratmeter 10 Pesos. Viña del Mar ist als Badeort sehr beliebt, und daselbst werden auch jährlich Wettrennen abgehalten.
Das Anlaufen des Hafens von Valparaiso ist mit keinerlei Schwierigkeiten verbunden; auf Punta Angeles befindet sich ein weithin sichtbares Leuchtfeuer, eine rothe selbstthätige Signalboje kenn- zeichnet die auf 280 m von der genannten Spitze liegende Untiefe Buoy Rock. Bei heftigen Nordwinden ist es räthlich, in See zu bleiben, weil diese das Land mit Nebel verdecken und im Hafen einen heftigen Seegang erzeugen, der die Schiffe gefährdet. Das bevorstehende Ein- treten von Nordwetter, das sich durch das Sinken des Barometer-
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Der grosse Ocean.
Valparaiso hatte nach dem Census von 1885 bereits 104.952
Einwohner. Das Gros derselben ist spanischer Herkunft, bei den
unteren Classen des Volkes finden sich noch Spuren der Ureinwohner
des Landes, der indianischen Araukaner. Der Handel der Stadt liegt
zumeist in den Händen englischer und deutscher Kaufleute. Die
deutsche Colonie, welche in Valparaiso eine sehr geachtete und her-
vorragende Stelle einnimmt, besitzt einen Turnverein mit eigenem
Clubhaus. Oesterreich-Ungarn, von dessen Unterthanen in ganz Chile
nur 674 ansässig sind, findet sich in Valparaiso nur spärlich vertreten.
Unter den Wohlthätigkeitsanstalten sind hervorzuheben: das
städtische Hospital, ein eigenes Blatternspital, ein Armen- und ein
Waisenhaus. An wissenschaftlichen Instituten bestehen in Valparaiso
ein theologisches Seminar, eine Marine-Akademie mit 70 Schülern
und einer maritimen Bibliothek, ein Lyceum mit 500 Schülern und
ein Museum. Das letztere wurde im Jahre 1878 durch die Initiative
des Rectors des Lyceums, Eduard de la Barra, gegründet und ist in
fünf grossen Sälen des Lyceums installirt. Es zerfällt in drei Sectionen:
Zoologie und Paläontologie, Mineralogie und Ethnologie. Mit dem
Museum ist auch eine bakteriologische Untersuchungsanstalt verbunden.
In Valparaiso erscheinen vier grosse Tagesblätter mit einer Total-
auflage von 20.000 Exemplaren. Eines dieser Blätter, „El Mercurio“,
hat bereits mehr als ein halbes Jahrhundert hinter sich. Ueberdies
besteht seit mehreren Jahren eine Vereinigung der Seeofficiere, der
Circulo Naval, der eine vortreffliche, fachwissenschaftliche Zeitschrift,
die „Revista de la Marina“, veröffentlicht.
Am nordöstlichen Ende der Bai von Valparaiso, mit der Eisen-
bahn leicht zu erreichen, liegt der reizende Badeort Viña del Mar, welcher
zahlreiche Villen mit schönen Gärten und einige elegante Hôtels be-
sitzt. Im Jahre 1586 wurde das Eigenthumsrecht von Viña del Mar,
das nur aus einem Weinberg bestand, um 150 Pesos angekauft, der-
zeit kostet der Quadratmeter 10 Pesos. Viña del Mar ist als Badeort
sehr beliebt, und daselbst werden auch jährlich Wettrennen abgehalten.
Das Anlaufen des Hafens von Valparaiso ist mit keinerlei
Schwierigkeiten verbunden; auf Punta Angeles befindet sich ein weithin
sichtbares Leuchtfeuer, eine rothe selbstthätige Signalboje kenn-
zeichnet die auf 280 m von der genannten Spitze liegende Untiefe
Buoy Rock. Bei heftigen Nordwinden ist es räthlich, in See zu bleiben,
weil diese das Land mit Nebel verdecken und im Hafen einen heftigen
Seegang erzeugen, der die Schiffe gefährdet. Das bevorstehende Ein-
treten von Nordwetter, das sich durch das Sinken des Barometer-
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/328>, abgerufen am 24.11.2024.
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